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Wie geht es Sachsens erstem Corona-Fall?

Ein Rentner aus Dippoldiswalde gilt als erster Corona-Infizierter im Freistaat. Ernsthaft krank war er nie – doch die Infektion löste vieles aus.

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Der Rentner aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge war damals mit dem Reisebus in Südtirol unterwegs gewesen.
Der Rentner aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge war damals mit dem Reisebus in Südtirol unterwegs gewesen. © Daniel Schäfer

An diesem Montag ist nichts mehr wie immer. Der Landrat des Landkreises Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge muss am Abend des 2. März den ersten Corona-Fall in Sachsen melden. Ein 69-jähriger Mann aus Dippoldiswalde hat sich mit dem Virus infiziert.

Landrat Michael Geißler berichtet dem Journalisten Franz Herz von der SZ-Lokalredaktion in Dippoldiswalde, dass er selber mit dem Betroffenen telefoniert habe. Geißler sagt: „Der Mann befindet sich jetzt in häuslicher Isolation zusammen mit seiner Ehefrau. Ihm geht es den Umständen entsprechend gut. Die Ehefrau wurde negativ getestet.“ Der CDU-Politiker meint an diesem 2. März auch: „Wir alle sind gemeinsam aufgerufen, mit Ruhe die ganze Angelegenheit zu bearbeiten. Im Moment habe ich den Eindruck, wir kriegen das zusammen hin.“

Die Geschichte über den ersten Covid-19-Fall in Sachsen steht in dem neuen Buch „Corona – Sachsen im Ausnahmezustand“. Eine dort erstmals veröffentlichte Chronologie der Ereignisse vom Ausbruch der Pandemie im Dezember 2019 in China und den Folgen in Sachsen bis Ende Mai 2020 zeigt, dass die Meldung über die erste Infektion im Freistaat extreme Folgen hatte. Noch wenige Wochen vorher, am 22. Januar 2020, erklärt das Robert Koch-Institut (RKI), „dass nur wenige Menschen von anderen Menschen angesteckt werden können“ und dass sich das Virus nicht sehr stark auf der Welt ausbreiten würde. Einen Monat später gilt das nicht mehr.

Der vor dreieinhalb Monaten infizierte Rentner und seine Frau aus Dippoldiswalde gehörten zu einer Reisegruppe, die Ende Februar aus Südtirol zurückgekehrt war, einer Region, die sich als Corona-Hotspot erweisen sollte. 

Nicht nur die Menschen im Landkreis waren damals geschockt, als sich die Geschichte von der Reisegruppe verbreitet. Insgesamt 35 Osterzgebirgler müssen sich in Quarantäne begeben. Plötzlich reagiert auf die drohende Gefahr auch Michael Kretschmer. 

Der Ministerpräsident lässt am 4. März die erste Großveranstaltung in Sachsen absagen. Die Leipziger Buchmesse kann nicht stattfinden. Dann folgen bisher nie da gewesene Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens.

Michael Geißler (CDU), Landrat des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, verbot größere Veranstaltungen bereits, als sie in anderen Kreisen noch erlaubt waren.
Michael Geißler (CDU), Landrat des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, verbot größere Veranstaltungen bereits, als sie in anderen Kreisen noch erlaubt waren. © Daniel Schäfer

Der Landrat richtet am 3. März in seinem Amt einen Krisenstab ein und veranlasst, dass in wenigen Tagen Testzentren in Pirna, Sebnitz, Dippoldiswalde und Freital aufgebaut werden. Michael Geißler ist auch der erste, der schon am 11. März Veranstaltungen über 100 Personen untersagt. Da gelten in Dresden noch viel höhere Grenzwerte.

Vor einer Woche löst Michael Geißler seinen Krisenstab auf. Die Zahlen machen ihn nicht mehr notwendig. Im Landkreis Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge infizierten sich seit dem ersten sächsischen Corona-Fall am 2. März 386 Personen, 379 von ihnen gelten als geheilt, verstorben sind vier. Zurzeit gibt es keine Neuinfektionen. In ganz Sachsen stieg die Zahl der positiv auf SARS CoV-2 getesteten Personen bis zum 15. Juni auf 5.343, insgesamt 217 Todesfälle stehen damit in Verbindung.

Journalist Franz Herz sagt, dass der erste Corona-Fall in Sachsen viel Unruhe verursachte. Obwohl er nie den Namen des infizierten Rentners veröffentlicht habe, erlebte der dennoch einen gewaltigen Trubel um seine Person. „Er war auch nie ernsthaft krank und heute geht es ihm bestens, genau wie der gesamten Reisegruppe. Wahrscheinlich werden sie kommendes Jahr wieder nach Südtirol reisen“, sagt Herz.

Sachsens erstes Corona-Buch

Das Buch „Corona – Sachsen im Ausnahmezustand“ ist in allen DDV-Lokalen/SZ-Treffpunkten erhältlich.
Das Buch „Corona – Sachsen im Ausnahmezustand“ ist in allen DDV-Lokalen/SZ-Treffpunkten erhältlich. © SZ

Heinrich M. Löbbers, Peter Ufer (Hrsg.): Corona – Sachsen im Ausnahmezustand. DDV edition, 112 S., 20 €; ab Mittwoch in allen DDV-Lokalen/SZ-Treffpunkten und schon jetzt in unserem Online-Shop erhältlich