"Wir Friseure sind keine Maschinen"

Dresden. Wer Anfang kommender Woche zufällig an der Großenhainer Straße in Pieschen entlang schlendert und dabei feststellt, dass er einen neuen Haarschnitt nötig hat, der braucht nicht bei den "Haareszeiten" von Simone Wehnert zu klopfen.
Zum einen dürfen Friseure ihre Termine vorerst sowieso nur online oder telefonisch vergeben. Zum anderen sieht sich die Friseurmeisterin zum Neustart nach dem zweiten Lockdown gar nicht in der Lage, so einfach mal neue Kunden zwischenzuschieben.
"Wir hatten schon vor Corona Wartezeiten von fünf bis sechs Wochen", sagt die 47-Jährige, die sich vor 21 Jahren als Friseurmeisterin selbständig gemacht hat. "Jetzt werden wir erst einmal zu tun haben, unsere Stammkunden abzuarbeiten, deren Termine ausgefallen sind."
Jetzt kommen Kunden aus dem Dezember dran
Sie habe da eine faire Regelung gefunden: Zunächst sind die Kunden aus dem Dezember an der Reihe, dann kommen die mit Terminen im Januar dran.
Wie alle andere Friseure in Sachsen musste Simone Wehnert ihren Salon zuletzt seit 16. Dezember geschlossen halten. Vor zwei Wochen hätten nun die Vorbereitungen auf die Wiedereröffnung begonnen.
Dazu teilte sie sich mit ihren drei Mitarbeiterinnen in den Telefondienst hinein, um die Termine passgenau ineinander schachteln zu können. Am Donnerstag folgte ein großer Putzeinsatz, bei dem alle Spinnweben beseitigt wurden.

Neben der Maskenpflicht für Personal und Kunden gilt es wie im vergangenen Jahr, die Abstandsregeln einzuhalten. Statt bis zu vier Kunden gleichzeitig, können daher bis auf Weiteres nur zwei bis maximal drei bedient werden.
Hände und Werkzeuge werden ständig neu desinfiziert. "Wir haben uns da letztes Jahr als Team schon gut eingespielt und auch die Kunden wissen Bescheid."
Bei den Haareszeiten geht es vorerst nur über die Hintertür rein und frisch frisiert vorne wieder raus. Laufkundschaft ist daher ausgeschlossen. "Wir finden das sogar ganz angenehm so", gesteht Simone Wehnert.
Neue Friseur-Regel: Hinten rein und vorne raus
"Man ist dadurch nicht so ablenkt und muss nicht sofort die Schere fallen lassen, sobald die Tür aufgeht." Wer weiß, vielleicht werde sie das auch nach der Pandemie so beibehalten.
Viele Friseure reagieren auf die Einschränkungen, in dem sie ihre Arbeitszeiten nach vorn und hinten verlängern. Einige wollen am Montag Punkt Mitternacht starten und planen in den ersten 24 Stunden keine großen Pausen. Für Simone Wehnert kommen diese Extreme nicht infrage.
"Um Gottes Willen, wir Friseure sind keine Maschinen", sagt sie. "Auch für uns muss ein bisschen Lebensqualität übrig bleiben." Daher plane sie, ihren Kunden ab Montag wieder zu den regulären Öffnungszeiten von 8 bis 20.30 Uhr zur Verfügung zu stehen. In Schichten, wohlgemerkt.
Die Chefin des Friseursalons testet künftig selbst: "Nicht nachvollziehbar"
"In dieser Hinsicht haben wir aus der Zeit nach dem ersten Lockdown gelernt", sagt die Meisterin. Da haben wir sehr viel gearbeitet und viele Stunden drangehängt. Aber wir wollen ja gesund bleiben."
Apropos gesund. Um ab Montag wieder öffnen zu dürfen, müssen sich alle Friseure in Sachsen einmal wöchentlich auf Corona testen lassen. Auf den Kosten für die Schnelltests bleiben sie selbst sitzen.
"Das ist für mich nicht nachvollziehbar", sagt die Chefin, die auch an die dadurch fehlende Arbeitszeit denkt. Würde sie mit ihren Mitarbeiterinnen ab sofort jede Woche einmal ins Test-Center in die Südvorstadt fahren, würde das jedes Mal mehrere Stunden dauern.
Deshalb darf sie Schnelltests durchführen
Genau aus diesem Grund hat Simone Wehnert in dieser Woche auf eigene Initiative einen anderthalbstündigen DRK-Kurse absolviert, der sie dazu befähigt, die nötigen Schnelltests nun selbst im Salon durchzuführen. Nur zum Start am Donnerstag habe sie das Test-Center in Anspruch genommen.
"Ich lasse mich nicht so schnell runterziehen und bin grundsätzlich ein optimistischer Mensch", sagt sie. Nun hoffe sie für ihre Berufskollegen aus anderen Branchen, dass auch die möglichst rasch wieder arbeiten dürften.
"Die haben doch alle super Hygienekonzepte und mussten zum Teil schon deutlich früher schließen. Die tun mir wirklich leid."
Was sie sich für dieses Jahr wünscht? "Ein Stückchen Normalität wäre schön. Ich bin mir bewusst, dass uns Corona sicher noch eine Weile begleiten wird, aber ein bisschen mehr Leichtigkeit würde uns allen gut tun."
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