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Corona-Exit: Wird Pirna Modellprojekt?

Im sächsischen Augustusburg dürfen Lokale und Hotels wieder öffnen. Pirna prüft derzeit, ob sich diese Variante für die Stadt adaptieren lässt.

Von Thomas Möckel
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Wiedereröffnete Außengastronomie am Pirnaer Markt im Mai 2020: Wird die Stadt Modellkommune, dürfen die Lokale möglicherweise bald wieder öffnen.
Wiedereröffnete Außengastronomie am Pirnaer Markt im Mai 2020: Wird die Stadt Modellkommune, dürfen die Lokale möglicherweise bald wieder öffnen. © Archiv: Daniel Förster

In der sächsischen Kleinstadt Augustusburg im Landkreis Mittelsachsen, 4.500 Einwohner, eine reichliche Autostunde von Pirna entfernt, ist trotz der anhaltenden Corona-Pandemie die Normalität zurückgekehrt, zumindest ein Stückchen. Seit 1. April dürfen dort Restaurants und Hotels wieder für private Gäste öffnen, inzwischen auch das bekannte Renaissanceschloss.

Möglich wird dieser erweiterte Ausstieg aus der Corona-Umklammerung durch ein Modellprojekt, an dem Augustusburg schon seit längerer Zeit gearbeitet hatte. Einen Tag vor dem Start gab das zuständige Landratsamt grünes Licht für diesen Versuch, der an gewisse Voraussetzungen geknüpft ist.

Negativer Coronatest als Eintrittskarte

Das Verfahren in Augustusburg funktioniert wie folgt: Einwohner, aber auch Gäste von auswärts, melden sich beispielsweise mit ihrem Smartphone auf einer Online-Plattform an und erhalten einen sogenannten QR-Code, mit dem sie am System teilnehmen.

Vor Ort lassen sich die Menschen dann kostenlos testen. Ist der Test negativ, wird der QR-Code ihre Eintrittskarte für Schloss, Hotels und Gaststätten. Der Code wird jeweils gescannt, wenn die Gäste kommen und gehen, um digital die Kontakte nachverfolgen zu können. In den geöffneten Lokalen und Herbergen gelten aber auch weiterhin die allgemeinen Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen.

Das Personal in den Gaststätten und Hotels wird täglich getestet. Das Prinzip dahinter ist, dass nur negativ getestete und damit nicht infektiöse Menschen aufeinandertreffen. Das Projekt wird von der Universität Mainz wissenschaftlich begleitet.

Nach Aussage des Augustusburger Bürgermeisters Dirk Neubauer (SPD) ist das Öffnungsprojekt sehr gut und sehr diszipliniert angelaufen. Rund 5.300 Menschen registrierten sich bislang in dem System, das Testzentrum zählte bisher 3.500 Tests.

Augustusburg ist bislang die erste und einzige Modellkommune in Sachsen. Doch andere könnten dem Vorbild bald folgen.

Schnelltest-Möglichkeit in Augustusburg: Ein negativer Test wird zur Eintrittskarte in Gaststätten und Hotels.
Schnelltest-Möglichkeit in Augustusburg: Ein negativer Test wird zur Eintrittskarte in Gaststätten und Hotels. © dpa-Zentralbild

Pirna kontaktiert Augustusburg

So prüft Pirna schon seit einiger Zeit, ob und in welcher Form sich das Augustusburger Modell adaptieren lässt. "Wir haben bereits erste Gespräche mit Akteuren in Augustusburg geführt", sagt Stadtsprecher Thomas Gockel. Zudem wird es in Kürze detaillierte Workshops dazu geben, wie sich dieses Konzept realisieren lässt.

Flankiert wird das Ganze von einem Antrag der Stadträte Bernd Köhler und Walter Matzke (beide Pirnaer Bürgerinitiativen) sowie Thomas Mache (Pirna kann mehr), den sie am 1. April im Rathaus einreichten. Damit wollen sie die Stadt beauftragen, umgehend zu prüfen, ob das Augustusburger Modellprojekt für Pirna übernommen werden kann.

Unabhängig von diesem Antrag ist die Stadt nach eigener Aussage aber schon länger an diesem Thema dran. Dabei gilt es jedoch, zuvor noch wichtige Grundlagen zu schaffen.

Suche nach einer einheitlichen Software

Derzeit verhandelt das Rathaus mit verschiedenen Anbietern, um ein integriertes Testsystem mit Schnittstellen für die Gesundheitsämter zur Kontaktnachverfolgung zu installieren. "Wir brauchen ein einheitliches System, damit alle zuständigen Stellen unkompliziert auf die Daten zugreifen können, um die Kontakte nachzuvollziehen", sagt Gockel.

Generell will die Stadt in dieser Angelegenheit nicht allein und losgelöst agieren. Es geht schließlich nicht nur darum, Hotels und Gaststätten in Pirna zu öffnen, sondern möglichst viele Angebote in der gesamten Sächsischen Schweiz zu schaffen.

So gibt es derzeit Gespräche mit dem Tourismusverband, dem Landratsamt und anderen Kommunen in der Sächsischen Schweiz.

Gemeinsam mit dem Tourismusverband sucht Pirna zudem mit verschiedenen Software-Entwicklern nach Lösungen, um für die anstehende Saison Varianten in Form von Apps anzubieten, die es den Besuchern ermöglichen, so leicht wie möglich kulturelle und gastronomische Angebote sowie Einkaufserlebnisse wahrzunehmen.

"Wir wollen alles möglichst breit aufstellen und brauchen dafür eine einheitliche Software, mit der sich dann viele vernetzen können", sagt Gockel. So soll vermieden werden, dass sich die Gäste auf unterschiedlichen Plattformen anmelden müssen.

Pirna bereitet weitere Testzentren vor

Ob Pirna tatsächlich Modellkommune wird, hängt auch davon ab, ob Landratsamt und sächsisches Sozialministerium dem Projekt zustimmen.

Generell gestattet die sächsische Coronaschutzverordnung gemäß Paragraf 8 g eine solch spezielle Exit-Strategie. Soweit es das Infektionsgeschehen zulasse, heißt es dort, könne der zuständige Landkreis für das Gebiet oder ein Teilgebiet einer Gemeinde zeitlich befristet solche Modellprojekte genehmigen. In Augustusburg läuft der Versuch zunächst vier Wochen.

Ob solche Projekte genehmigt und verlängert werden, richtet sich in erster Linie nach der Bettenauslastung in den Krankenhäusern. Solange die Zahl von 1.300 Covid-19-Patienten auf Normalstationen in sächsischen Kliniken nicht erreicht ist, sind solche Projekte grundsätzlich möglich.

Voraussetzung für einen solchen Versuch ist darüber hinaus, dass ausreichend Möglichkeiten vorhanden sind, um sich auf das Coronavirus testen zu lassen.

Derzeit gibt es in Pirna drei Standorte, an denen kostenlose Schnelltests angeboten werden. Sie befinden sich in der alten Feuerwache an der Oberen Burgstraße, in der Lilien-Apotheke am Felsenkeller-Areal sowie im Hotel "Zur Post" im Ortsteil Zehista. Zurzeit bereitet die Stadt weitere Testzentren vor.

Gastwirte sollen finanziell entlastet werden

Ein erstes Zeichen für einen möglichen Start der Gastronomie ist in Pirna bereits sichtbar. Die Stadt hat auf dem Markt Platz geschaffen, damit die ansässigen Gaststätten und Hotels alles für die Außengastronomie vorbereiten können, Stühle und Tische stehen inzwischen bereit.

Auch werden die Betreiber möglicherweise abermals finanziell entlastet. Stellen Gastronomen ihr Mobiliar auf öffentlichem Grund auf, müssen sie dafür üblicherweise eine sogenannte Sondernutzungsgebühr an die Stadt zahlen. 2020 erließ Pirna den Gastronomen diese Gebühr. Zurzeit laufen nach Aussage der Stadt Gespräche, ob sie auch in diesem Jahr von dieser Gebühr befreit werden können.

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