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Ansturm auf Friseurtermine in Sachsen

Sachsen ist im harten Lockdown. Auch Friseure müssen schließen. Viele Kunden nutzen die letzte Möglichkeit. Es gibt einen Ansturm auf letzte Termine.

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Knapp 4.000 Friseurbetriebe mit rund 20.000 Beschäftigten müssen in Sachsen nun zum zweiten Mal schließen müssen.
Knapp 4.000 Friseurbetriebe mit rund 20.000 Beschäftigten müssen in Sachsen nun zum zweiten Mal schließen müssen. © Symbol: Britta Pedersen/dpa

Von Christiane Raatz

Dresden. Eigentlich hat der Friseurladen "Neue Linie" in der Nähe der Dresdner Innenstadt zu Wochenbeginn geschlossen - an diesem Montag allerdings herrscht im Salon von Linda Westerfeld Hochbetrieb. Die Filialleiterin und ihre beiden Mitarbeiterinnen schneiden, waschen, föhnen - und auch das Telefon klingelt im Minutentakt.

Seitdem bekannt wurde, dass Friseure im Freistaat anders als geplant nun doch schließen müssen, nutzen sie die letzten beiden Tage, um möglichst viele Kunden vor der Zwangspause zu bedienen. Ab Mittwoch ist dann Schluss. Sachsen schließt sich den bundesweiten Regeln zum Corona-Lockdown an und schärft dafür seine Landesverordnung nach.

"Das Telefon läuft heiß, viele melden sich bei uns", sagt Westerfeld. Viele Stammkunden hat sie auch selbst angerufen, um ihnen noch einen Termin anzubieten. Mit Blick auf den Lockdown spricht die Friseurin von einem "zwiespältigen Gefühl". Einerseits gehe ihrem Laden mit dem Weihnachtsgeschäft "wichtiger Umsatz flöten", auf der anderen Seite ist sie selbst Risikopatientin. "Wenn alles geschlossen ist, bedeutet das mehr Sicherheit."

Kundenansturm bewältigen

Wie für Westerfeld heißt es für knapp 4.000 Friseurbetriebe mit rund 20.000 Beschäftigten im Freistaat, dass sie nach dem Lockdown im Frühjahr nun zum zweiten Mal schließen müssen. Geplant ist, dass bis zum 10. Januar alles dicht bleibt. Beatrice Kade von der Friseurinnung Dresden spricht angesichts der Entscheidung von einer "großen Enttäuschung" und kritisierte die "Scheibchenpolitik". Die Läden hätten es schwer, sich einzustellen, sagt Kade. Am Freitagabend hatte Sachsen die Friseure zunächst von der Schließung ausgenommen, am Sonntag kam dann nach einer Bund-Länder-Schalte die "Hiobsbotschaft". Nun müssten die Läden innerhalb von zwei Tagen einen Kundenansturm bewältigen, kritisiert Kade.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) zeigt Verständnis für den Frust. "Wir wissen, dass die laufenden und geplanten Einschränkungen dem Handwerk, dem Handel und jedem einzelnen Bürger viel Kraft und Durchhaltevermögen abverlangen." Oberstes Gebot sei es jedoch, Menschenleben zu retten und das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten. "In weiten Teilen Sachsens ist dies inzwischen schwer."

Sachsen ist nach wie vor das Bundesland mit den meisten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Der aktuelle Inzidenz-Wert lag am Montag laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 379. Am Vortag lag er noch bei 348,7. Innerhalb von 24 Stunden kamen im Freistaat nach Angaben des RKI 2562 neu bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 50 Todesfälle hinzu. (Stand: 14. Dezember, 0.00 Uhr). Bei den bundesweit am meisten betroffenen Landkreisen rangiert der Landkreis Bautzen mit einer Inzidenz von 641 auf dem zweiten Platz, gefolgt vom Landkreis Görlitz mit 592.

Weihnachtsregelung soll nachgebessert werden

Mehrfach hatte etwa Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) in den vergangenen Tagen betont, dass angesichts der dramatischen Zahlen "die Zeit der Appelle" vorbei sei und das Land nun zur Ruhe kommen müsse. In Sachsen gilt bereits ab Montag - und damit zwei Tage früher als in ganz Deutschland - ein harter Lockdown. Zahlreiche Geschäfte im Einzelhandel haben geschlossen, Kitas und Schulen sind zu.

Anders als im Frühjahr soll es nun strengere Regeln bei der Notbetreuung geben. Es gibt eine Liste systemrelevanter Berufe, in der Regel müssen beide Eltern entsprechende Nachweise erbringen. Von den Kitaleitungen gebe es viele Fragen, berichtet Inga Blickwede von der Diakonie Sachsen. "Es ging ja alles sehr schnell." Unter dem Dach der Diakonie werden rund 270 Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft betrieben. Blickwede appellierte an die Solidarität der Eltern. Manche zeigten Unverständnis und legten Nachweise von Arbeitgebern vor, die gar nicht auf der Liste relevanter Berufe stünden.

Auch bei der Weihnachtsregelung will Sachsen nach der Absprache von Bund und Ländern nachbessern. War bisher vorgesehen, dass sich über die Feiertage zehn Menschen treffen konnten, dürfen nun lediglich vier weitere Personen aus dem engsten Familienkreis zum eigenen Haushalt hinzukommen. In Form eines Umlaufbeschlusses sowie am Dienstag im Kabinett sollen die beiden Punkte in der Landesverordnung den bundesweiten Regeln angepasst werden, hieß es am Montag aus der Staatskanzlei. (dpa)