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Fußballfans danken Rostocks OB

Hansa Rostock steht mal wieder im Mittelpunkt - aber nicht aus sportlichen Gründen.

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Erstmals wurden wieder Fans in ein deutsches Stadion gelassen, 777 sollten nach Schnelltests die Erlaubnis dazu erhalten.
Erstmals wurden wieder Fans in ein deutsches Stadion gelassen, 777 sollten nach Schnelltests die Erlaubnis dazu erhalten. © dpa/Bernd Wüstneck

Rostock. Und plötzlich schaut ganz Fußball-Deutschland auf das Rostocker Ostseestadion. Das bundesweit erste Profispiel mit Zuschauerbeteiligung seit fünf Monaten macht aus der Drittliga-Partie des FC Hansa gegen den Halleschen FC einen Tag der Hoffnung für die Fans. "Mir geht's top. Hansa spielt. Wir wollen aufsteigen", sagt der 29-jährige Boerge, ein treuer Hansa-Fan und Dauerkartenbesitzer, der am Samstag mit drei Mitstreitern voller Vorfreude in die Arena gekommen ist. Mit dem 1:0 erfüllt sich auch der Wunsch nach einem Heimsieg im Rennen um die Zweitliga-Rückkehr.

Dass er und seine drei Kumpels am Samstag einen zumindest in Zeiten der Corona-Pandemie besonderen Moment erleben, spielt für sie nur eine untergeordnete Rolle. Für die Branche an sich ist es deutlich anders, das Pilotprojekt soll ein Signal sein. In Absprache mit dem Gesundheitsamt und der Landesregierung wurden 777 Zuschauer zugelassen. Sie verloren sich in dem rund 29.000 Besucher fassenden Stadion. Einige Blocks blieben unbesetzt, die sonst fast ohrenbetäubende Stadionhymne fiel entsprechend leise aus.

Dass das Spiel stattfinden kann, ist der niedrigen Sieben-Tage-Inzidenz von Rostock zu verdanken. Sie liegt seit Monaten unter 50, in den vergangenen Tagen phasenweise sogar unter 20. Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen bezeichnete das erste Spiel mit Zuschauern als wegweisend für andere Sportarten und Branchen: "Es geht letztendlich um unser Leben mit Corona. Das muss jetzt irgendwann verstanden werden", meinte der 48-Jährige.

Das umtriebige Stadtoberhaupt war nur vor dem Spiel am Stadion zu sehen, um sich zu informieren und den Medienvertretern Rede und Antwort zu stehen. Er wolle keinem Hansa-Fan die Karte nehmen, begründet er seine Stadion-Abstinenz. Es ist rührend, als zwei Fans extra zu ihm laufen und sich ausdrücklich bei ihm bedanken, dass das Spiel vor Zuschauern über die Bühne gehen kann.

Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) steht vor dem Ostseestadion.
Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) steht vor dem Ostseestadion. © dpa/Jens Büttner

Jeder Besucher wurde vor Betreten des Stadions getestet. Madsen kommt auch gleich mit dem jungen Hansa-Fan Felix ins Gespräch. "Wenn selbst ein kleiner Mann bereit sei, einen Test über sich ergehen zu lassen, dann ist es ein echter Fan", meint Madsen.

Wenn die wissenschaftliche Auswertung des Hansa-Spiels mit Zuschauerbeteiligung positiv ausfällt, ist für ihn klar, dass diese Erfahrungen auf viele Bereiche des öffentlichen Lebens übertragbar sind - nicht nur auf den Fußball. Schausteller hätten Interesse gezeigt, das Volkstheater in Rostock soll wieder spielen und Hallensport auch wieder möglich sein. Allerdings zeigt sich Madsen angesichts der bundesweit steigenden Infektionszahlen eher skeptisch vom raschen Erfolg des Tests.

Trotzdem sei das Ostseestadion das ideale Testgelände. Große Flächen, viele Eingänge, viele Plätze zum Kontrollieren und Testen. Damit kontert Madsen Vorhaltungen, warum ausgerechnet Hansa das Privileg der ersten Öffnung erhält, während andere Bereiche wie Tourismus, Gastronomie oder Musikveranstaltungen dazu noch keine Chance haben. "Warum darf ich nicht als Familie oder zu zweit oder dritt in die Gastronomie gehen", sagt der Präsident des Dehoga-Verbands MV, Lars Schwarz.

Der Tropenmediziner und Berater der Landesregierung, Emil Reisinger, sieht wie Madsen in dem Spiel mit Zuschauern eine gute Möglichkeit, Erfahrungen für die weiteren Lockerungen von Kontaktbeschränkungen zu sammeln. "In Regionen mit niedrigen Inzidenzen wie in Rostock können unter strengen Auflagen und strenger Beobachtung solche Experimente durchaus möglich sein."

Die Erfahrungen, die der FC Hansa sammelt, sollen allen interessierten Profivereinen zugänglich gemacht werden. Das Geschehen im Stadion wird unter anderem von Vertretern des Deutschen Fußball-Bundes und von Vereinen anderer Sportarten beobachtet. Sie dürften wohl nicht viel Negatives bemerkt haben. Rundum das Stadion blieb es erst einmal ruhig. (dpa)