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So wird Sachsen digital – vier Lösungen

IT-Verbände im Freistaat haben konkrete Vorschläge, wie Firmen und Schulen aktuellen Probleme in den Griff bekommen.

Von Nora Miethke
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Für digitalen Fernunterricht braucht es geschulte Lehrer und eine funktionierende Plattform.
Für digitalen Fernunterricht braucht es geschulte Lehrer und eine funktionierende Plattform. © imago images

Man kann es positiv ausdrücken: Die Corona-Pandemie hat zu einer spürbaren Beschleunigung beim Aufbau moderner IT-Strukturen geführt. Oder negativ: Nie waren die Defizite bei der Digitalisierung in Deutschland sichtbarer als heute, wo in vielen Gesundheitsämtern Infektionsdaten noch gefaxt werden müssen und offensichtlich wird, dass viele Lehrer im Gebrauch digitaler Lernprogramme nicht geschult sind.

Die Initiative „Digital Saxony“, in der sich die sächsischen Digitalverbände zusammengeschlossen haben, betont das Positive. Die Verbände sehen eine „begonnene, vielversprechende Entwicklung“, fordern aber, dass bei Digitalisierungsvorhaben in Bildung, Wirtschaft und Verwaltung mehr Tempo gemacht werden muss.

Was konkret geschehen muss, dafür hat die Initiative konkrete Vorschläge in dem Positionspapier „Sachsens Weg zum Vorreiter bei der Digitalisierung“ ausgearbeitet. Es wurde am Mittwoch öffentlich vorgestellt. „Die Software- und Digitalwirtschaft ist für Sachsen eine Schlüsselbranche, weil sie Querschnittstechnologien darstellen, die alle Wirtschaftssektoren im Freistaat wettbewerbsfähiger machen kann“, betonte dabei Gerd Neudert, Geschäftsführer des Clusters IT Mitteldeutschland.

In der Pandemie sei die Bedeutung von Online-Handel und digitaler Kundenansprache deutlich geworden. Ein konsequent vorangetriebener digitaler Wandel könnte zum Jobmotor werden und bis zum Jahr 2030 die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche von derzeit 25.000 auf 50.000 verdoppeln, so die Einschätzung der IT-Verbände.

Lösung 1: Förderprogramme

Die Initiative schlägt unter anderem die Fortsetzung von Förderprogrammen vor, wie etwa Digitalisierungsgutscheine für kleine und mittelständische Firmen und die Sicherstellung einer landesweiten Beratung von Unternehmen durch das Kompetenzzentrum 4.0 in Chemnitz. Neudert forderte aber auch explizit dazu auf, das Wissen der Digitalverbände zu nutzen.

Lösung 2: Fachkräfte

Entscheidend ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. Eine sachsenweite Studie hätte ergeben, dass bis zum Jahr 2030 jährlich 2.000 Absolventen von Hochschulen und Universitäten benötigt werden, um die Wirtschaft mit den notwendigen Fachkräften zu versorgen. Derzeit gäbe es im Freistaat aber nur 750 bis 800 Absolventen pro Jahr, erläuterte Wolfram Hardt, Professor für Technische Informatik an der TU Chemnitz.

Er warb für eine schrittweise Verdopplung der Studienplätze und den Aufbau neuer Studiengänge wie Neurorobotik, Smart Systems, IT-Datensicherheit und IT-Forensik, um auch mehr internationale Studenten anzuziehen. Auch wenn der Zuse Campus für Informationstechnologien nicht durch Fördermittel aus dem Strukturstärkungsgesetz aufgebaut werde könnte, sollte er „mit Priorität“ verfolgt werden, denn der Campus könnte viele Studierende nach Sachsen locken, so Hardt.

Lösung 3: Online-Plattformen

Ulf Heinemann, Bitkom-Landessprecher, mahnte, Digitalisierung vor allem in der Bildung voranzutreiben. Dafür seien funktionierende und belastbare Online-Plattformen nötig. Zwar verfüge der Freistaat über Lernsax, doch zu Beginn des coronabedingten Fernunterrichts gab es Pannen mit der Lernplattform.

Laut Heinemann ist der Verband mittlerweile als Gast in die „Task Force“ des Kultusministeriums für digitales Lernen eingeladen. Allerdings erst seit Dezember, obwohl der Verband schon im vergangenen März konkrete Hilfsangebote unterbreitet hatte wie bei der Stabilisierung der Lernplattform tätig zu werden oder gemeinsam mit der TU Dresden Kurzseminare für Lehrer und Lehrerinnen in der Nutzung von Videokonferenzen und digitaler Lernprogramme zu geben. Darauf sei die Landesregierung aber bis heute nicht eingegangen, so Heinemann.

Lösung 4: Großforschungszentren

Viel verspricht sich die Digitalwirtschaft auch von der Errichtung der zwei geplanten Großforschungszentren in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier. Das Potenzial der Region liegt in der Hochtechnologie, nicht in einer einzelnen wie Mikro- oder Nanotechnologie, sondern in der Kombination der verschiedenen Technologien mit Software und Sensorik.

Dirk Röhrborn, Vorstandsmitglied des Branchenverbandes Silicon Saxony, regte an, „daraus einen komplexen Forschungsgegenstand zu entwickeln, der uns in der nächsten Generation hilft, bei digitalen Lösungen ganz vorn dabei zu sein.“ Ein stichhaltiges Konzept für den Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie müsste auf jeden Fall ein Auswahlkriterium sein. Die Mitglieder der Initiative „Digital Saxony“ stünden laut Röhrborn für einen Austausch über die Forschungsvorschläge und ihre Transferchancen in die Wirtschaft bereit.

In der Initiative vertreten sind unter anderem der Digitalverband Bitkom, das Cluster IT Mitteldeutschland, der Landesverband der Kultur- und Kreativwirtschaft Sachsen sowie das Branchennetzwerk Silicon Saxony.