Update Deutschland & Welt
Merken

SPD-Fraktionschef Mützenich für Kommission zur Corona-Aufarbeitung

Hotels scheitern im Streit um Corona-Entschädigungen am BGH, Amtsärzte-Chefin warnt vor Personallücken in Gesundheitsämtern, Frau erringt einen Teilerfolg gegen Impfstoff-Hersteller Astrazeneca - unser Newsblog zu Corona.

 87 Min.
Teilen
Folgen
Muss der Umgang mit der Corona-Pandemie aufgearbeitet werden? Darüber wird seit Veröffentlichung der RKI-Protokolle vor drei Wochen diskutiert. Von  SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kommt jetzt ein konkreter Vorschlag dazu.
Muss der Umgang mit der Corona-Pandemie aufgearbeitet werden? Darüber wird seit Veröffentlichung der RKI-Protokolle vor drei Wochen diskutiert. Von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kommt jetzt ein konkreter Vorschlag dazu. © Bernd von Jutrcenka/dpa

Coronavirus in Sachsen, Deutschland und der Welt – das Wichtigste in Kürze:

Sonntag, 14. April 2024, 8.05 Uhr: SPD-Fraktionschef Mützenich für Kommission zur Corona-Aufarbeitung

Der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Einsetzung eines Bürgerrats und einer Kommission mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie vorgeschlagen. In dem Bürgerrat sollten zunächst zufällig ausgewählte Menschen aller Altersklassen und aus unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen ihre Erfahrungen mit der Pandemie schildern und daraus Empfehlungen für die Zukunft entwickeln, sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. Diese Ergebnisse sollten anschließend in die Arbeit einer neu zu schaffenden Kommission einfließen, der auch Vertreter aus Ländern und Kommunen angehören sollten.

"Die Kommission soll bewusst über die Legislaturperiode hinaus über etwa vier Jahre die Pandemieaufarbeitung mit den gesellschaftlichen Realitäten und Herausforderungen auf regionaler, bundesweiter und europäischer Ebene verknüpfen", sagte Mützenich. "Wir erhoffen uns von einem solchen Prozess, dass wir die Aufarbeitung der Pandemie nah an den Menschen organisieren, deren Erfahrungen aufgreifen, mit den Erkenntnissen aus Politik und Verwaltung zusammenführen und die richtigen politischen Schlüsse daraus ziehen. Uns geht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt."

Ende März hatte das Online-Magazin "Multipolar" die teilweise geschwärzten Protokolle des Krisenstabs des Robert Koch-Instituts (RKI) aus der Anfangszeit der Pandemie öffentlich gemacht. In der Folge wurde der Ruf nach einer Aufarbeitung der staatlichen Politik zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit Zehntausenden Toten in Deutschland lauter. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zuletzt angekündigt, dass die Dokumente entschwärzt werden sollen, um mehr Transparenz zu schaffen.

Mützenich sagte der dpa, die SPD wolle "eine umfassende und ganzheitliche Aufarbeitung der Pandemie erreichen - jenseits parteipolitischer Sichtweisen". Dabei gelte es, alle gesellschaftlichen Bereiche zu erfassen und die Erfolge und die Probleme beim Kampf gegen die Pandemie zu erfassen, um dann die Lehren daraus zu ziehen.

Im Gesundheitswesen laufe die Aufarbeitung bereits. Daraus hätten sich viele positive Entwicklungen ergeben, zum Beispiel bei der Digitalisierung und der Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die Pandemie habe aber praktisch alle Lebensbereiche betroffen - von der Kinderbetreuung in den Familien, den Schulen und Universitäten über die Kultur bis hin zur Wirtschaft und den Unternehmen.

"An vielen Stellen sind wir gut durchgekommen, aber es hat auch Entscheidungen gegeben, die Verletzungen mit zum Teil langfristigen Auswirkungen hervorgerufen haben", sagte Mützenich. Viele Betroffene wünschten sich, über das Erlebte zu berichten, damit daraus Konsequenzen gezogen würden. "Dies wollen wir ermöglichen."

16.45 Uhr: Corona-Entschädigung: Hotels scheitern am BGH

Im Streit um eine Entschädigung für Einnahmeausfälle in der Corona-Pandemie sind die Betreiber zweier Hotels vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert. Die von den Klägern angegriffenen Infektionsschutzmaßnahmen der Stadt Bremen seien rechtmäßig gewesen, urteilte das höchste deutsche Zivilgericht am Donnerstag in Karlsruhe. Zudem seien Großunternehmen bei den staatlichen Corona-Hilfen nicht gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen benachteiligt worden. Mit ihrer Klage blieben die Hotels bereits in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Ihre Revision wurde nun auch vom BGH zurückgewiesen.

Die beiden Bremer Hotels sind Teil einer bundesweiten Hotelkette. Die Hotelbetreiber forderten mit ihrer Klage von der Stadt Bremen Entschädigungen für Einnahmeausfälle, die ihnen 2020 und 2021 durch die von der Stadt erlassenen Corona-Maßnahmen entstanden seien - vor allem durch angeordnete Beherbergungsverbote und Gaststättenschließungen. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig und rechtswidrig gewesen, lautete der Vorwurf der Kläger. Die staatlichen Corona-Hilfen hätten keine ausreichende Kompensation dargestellt und zudem konzernzugehörige Unternehmen gegenüber Einzelunternehmen benachteiligt.

Der BGH sah das anders. Die Infektionsschutzmaßnahmen in Bremen beruhten demnach auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage. Die Eingriffe seien zudem "durch großzügige staatliche Hilfsprogramme entscheidend abgemildert" worden. Die Hotelkette, zu der die beiden Kläger gehören, habe aus staatlichen Förderprogrammen insgesamt 73,6 Millionen Euro und aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds einen Kredit in Höhe von 47,5 Millionen Euro erhalten. Die Kläger könnten sich nicht "auf eine solidarische Lastenverteilung zu ihren Gunsten und auf Kosten kleiner und mittlerer Hotelbetriebe berufen".

Donnerstag, 11. April, 14.03 Uhr: Amtsärzte-Chefin warnt vor Personallücken in Gesundheitsämtern

Amtsärzte warnen vor Personallücken in den Gesundheitsämtern. In der Corona-Pandemie seien mit Bundesmitteln Tausende neue Stellen in den Ämtern geschaffen worden, doch die Förderung durch den Bund laufe 2026 aus, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Kristina Böhm, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wegen der schwierigen Haushaltslage in den meisten Kommunen drohe nun eine "riskante Rolle rückwärts". Böhm erinnerte daran, dass in vielen Städten und Gemeinden etliche der neu geschaffenen Stellen schon Ende 2026 wieder ausliefen oder von vornherein nur befristet besetzt worden seien.

"Gerade in den kleinen Gesundheitsämtern auf dem Land ist die Gefahr groß, dass hier schon bald wieder Lücken entstehen", warnte Böhm. Bund, Länder und Kommunen müssten die Gesundheitsämter langfristig stärken. Bei der Digitalisierung gebe es ebenfalls noch Probleme. Im Gegensatz zu Laboren und Kliniken laufe die Datenvermittlung an anderer Stelle oft noch per Fax. Die Ämter arbeiteten etwa immer noch mit Faxgeräten, was daran liege, dass viele Arztpraxen Patientendaten immer noch per Fax schickten, erläuterte Böhm. Es gebe nicht einmal eine einheitliche Software, um die Faxe digital weiterzuverarbeiten. "Damit wir für künftige Pandemien gerüstet sind, müssen wir deutlich mehr Material und Personal in Reserve haben", forderte die Verbandsvorsitzende. Viele Politiker scheuten jedoch die hohen Vorhaltekosten, "aber nur so kann man sich auf einen plötzlichen Krisenfall vorbereiten".

Dienstag, 9. April, 5.40 Uhr: Kritik an Vorstoß für eine Corona-Amnestie

Der Vorstoß des früheren Berliner SPD-Regierungschefs Michael Müller, Strafen für Verstöße gegen Corona-Regeln zu erlassen, stößt auch in seiner eigenen Partei auf Kritik. Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Die Verhältnismäßigkeit einzelner Corona-Maßnahmen kann nicht im Rahmen von Amnestieregelungen geklärt werden." Amnestien, also die Aufhebung von rechtskräftig verhängten Strafen oder Bußgeldern, seien in einem Rechtsstaat die absolute Ausnahme. "Regeln, auf die wir uns als Gesellschaft einigen, funktionieren nur, wenn sie auch eingehalten werden", sagte Eichwede.

Auch der rechtspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Günter Krings (CDU), meinte: "Eine Amnestieregelung – wie sie Michael Müller nun ins Spiel bringt und auch bereits von der AfD in Mecklenburg-Vorpommern gefordert wurde – lehne ich ab." Eine "nachträgliche Massen-Amnestie" durchkreuze das Gewaltenteilungsprinzip und greift die Stabilität des Rechtsstaates an. "Sie würde Richter, Staatsanwälte, Polizisten und andere Beamte in ein merkwürdiges Licht rücken. Sie haben vollkommen korrekt gearbeitet und würden jetzt so hingestellt, als hätten sie etwas falsch gemacht", sagte Krings.

Hingegen sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Helge Limburg, dem RND: "Gerade am Anfang der Pandemie gab es einige Regeln, die aus heutiger Sicht überzogen waren, etwa dass Menschen zwar im Park spazieren, aber sich nicht auf allein einer Parkbank sitzend aufhalten durften." In solchen Fällen, insbesondere bei geringfügigen Erstverstößen, sollten die Ordnungsbehörden laut Limburg ihren Spielraum nutzen und großzügig von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, noch offene Verfahren einzustellen.

Zustimmung für eine mögliche Amnestie kam auch aus der FDP. Vize-Fraktionschef Christoph Meyer sagte dem "Tagesspiegel": "Die Forderung von Michael Müller ist selbstverständlich und zeigt die Notwendigkeit der Corona-Aufarbeitung gegenüber den Bürgern." Auch Linken-Parteichef Martin Schirdewan sagte: "Eine Amnestie ist richtig. Die Verhältnismäßigkeit wurde während der Pandemie zu oft nicht gewahrt."

Müller, der heute Bundestagsabgeordneter ist, hatte dem "Tagesspiegel" gesagt: "Wir wissen aus heutiger Sicht, dass manche Maßnahmen nicht so zwingend waren, wie wir damals dachten." Deshalb könne man über eine Amnestie nachdenken. Es müsse allerdings juristisch nachvollziehbar sein, welche Verfahren warum eingestellt würden.