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Über 700 Dresdner Grundschüler lernen zu Hause

Warum manche Eltern ihren Nachwuchs weiter ohne Lehrer lernen lassen, wie sich Homeschooling verändert hat und ob die Kinder trotzdem Tests schreiben müssen.

Von Nora Domschke & Julia Vollmer
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Einige Familien lassen ihre Kinder trotz geöffneter Grundschule weiterhin daheim lernen. Zwei Dresdner Mütter berichten, wie sehr sich die häusliche Lernzeit nun verändert hat.
Einige Familien lassen ihre Kinder trotz geöffneter Grundschule weiterhin daheim lernen. Zwei Dresdner Mütter berichten, wie sehr sich die häusliche Lernzeit nun verändert hat. © Sven Ellger

Dresden. Seit gut drei Wochen dürfen die Dresdner Grundschüler wieder gemeinsam mit ihren Freunden und dem Lehrer lernen. Der tägliche Arbeitsplatz ist nicht mehr der heimische Küchentisch mit Mama und Papa, sondern die Schulbank im Klassenzimmer.

Allerdings nutzen einige Dresdner Familien die aktuelle Regelung, dass in Sachsen die Pflicht zum Schulbesuch ausgesetzt ist. Zwar müssen auch diese Kinder den Unterrichtsstoff erarbeiten, können das aber weiterhin zu Hause tun. Die Eltern entscheiden, ob ihr Kind wieder in der Schule am Präsenzunterricht teilnimmt oder in der häuslichen Lernzeit arbeitet.

Wie viele Dresdner Schüler lernen weiterhin daheim?

Von den 19.424 Dresdner Grundschülern bleiben derzeit 774 zu Hause und erarbeiten sich dort den Schulstoff selbständig und mithilfe von Eltern oder Großeltern. Von den insgesamt 821 Förderschülern sind 49 weiterhin in der häuslichen Lernzeit. Das teilt das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) auf SZ-Anfrage mit.

Allerdings lernen mittlerweile einige der Kinder, die in der ersten Woche noch daheim geblieben sind, nun wieder ganz normal in der Schule. Das ist etwa an der 95. Grundschule in Laubegast und an der 102. Grundschule in der Johannstadt der Fall. Oft war zunächst die Angst der Eltern vor einer möglichen Ansteckung zu groß, und auch die Maskenpflicht im Schulhaus sei für einige Familien abschreckend gewesen.

Wie bekommen diese Kinder Schulnoten?

Um die Leistungen zu bewerten, müssten die Kinder aus der häuslichen Lernzeit an die Schule kommen, um Tests zu schreiben, sagt Lasub-Sprecherin Petra Nikolov. Das ist im Schulalltag allerdings gar nicht so einfach umzusetzen.

Ines Frömmel ist Leiterin der 102. Grundschule und hat für Schüler, die in einem gesonderten Raum allein ihre Tests schreiben, schlichtweg keinen Platz im Schulgebäude. "Vormittags ist normaler Unterricht und am Nachmittag benötigen wir die Klassenzimmer für die Hortbetreuung."

Derzeit werden die Leistungen der Kinder in der häuslichen Lernzeit dort also nicht benotet, das passiere erst, wenn die Schüler wieder am Unterricht teilnehmen. Wann das sein wird und wie die Tests dann nachgeholt werden, sei derzeit noch offen.

Gibt es für Schulen Vorgaben zur häuslichen Lernzeit?

Für die Unterrichtsfächer - in der Grundschule sind das derzeit Mathematik, Deutsch und Sachunterricht - sollen Aufgaben und Arbeitsaufträge für die häusliche Lernzeit bereitgestellt werden, so die Anforderung aus dem Kultusministerium an die Schulen.

Dafür hat das sächsische Kultusministerium Standards für die häusliche Lernzeit erarbeitet, eine Art Leitfaden, welche Vorgaben es dazu gibt. Die Aufgaben sollen demnach regelmäßig und in festen Zeitabständen an die Schüler übermittelt werden. Für das häusliche Lernen sollen Schwerpunkte gesetzt werden. Es sei wichtig, das Lernen anzuleiten und zu strukturieren. Nach Möglichkeit sollen Videokonferenzen und andere Online-Formate möglichst regelmäßig angeboten werden, so die Forderung.

Weil den Klassenlehrern, die im normalen Präsenzunterricht gebunden sind, die Zeit für eine umfassende Betreuung der Homeschooling-Kinder fehlt, ist an vielen Grundschulen ein Fachlehrer dafür zuständig, sich um diese Schüler zu kümmern. Auch Ines Frömmel hat an der 102. Grundschule einen eigenen Lehrer mit dem Online-Unterricht betraut, das klappe gut.

Wie klappt das Homeschooling in den Familien?

Zwei Dresdner Mütter haben sich dafür entschieden, dass ihre Kinder trotz geöffneter Schulen weiterhin zu Hause lernen sollen. Sie erzählen, wie es mit dem Unterricht in den eigenen vier Wänden läuft und ob trotzdem Arbeiten geschrieben werden.

"Meine Kinder bleiben erst einmal weiter zu Hause, denn mir ist das Risiko bei den anhaltend recht hohen Infektionszahlen einfach zu groß", sagte Marion Zimmermann vor drei Wochen, als die SZ schon einmal mit ihr darüber sprach. Sie sei auf die Hilfe von der Oma bei der Kinderbetreuung angewiesen, und diese wolle sie nicht in Gefahr bringen, so Zimmermann. Ihren richtigen Namen sowie den der Schule will sie nicht nennen.

Ihr Grundschulkind bleibt also noch daheim, das größere Kind besucht eine weiterführende Schule und ist damit ohnehin noch bis zum 15. März im Homeschooling. Sachsen hatte zum 15. Februar zunächst nur die Grundschulen geöffnet, für alle Schüler ab Klasse 5 soll es nun ab Mitte März im Wechselunterricht weitergehen.

Als die häusliche Lernzeit für alle galt, weil die Schulen geschlossen waren, kam ihr Grundschulkind gut zurecht, es habe sich zu Hause gut konzentrieren können, berichtet die Mutter. Doch die Bedingungen haben sich inzwischen geändert, weil die Klassenlehrer im Präsenzunterricht sind. "Nun ist es so, dass wir die Aufgaben zugeschickt bekommen und per Mail Kontakt mit der Lehrerin haben", erzählt die Mutter.

Inhaltlich könne man als Eltern in der Grundschule noch gut mithalten und alles erklären. Aber Telefonate und Konferenzen wie im Lockdown gebe es nicht mehr. Das sei schade, weil so der persönliche Kontakt fehle. Ihr Kind sei das einzige aus der Klasse, das zu Hause lernt.

Marion Zimmermann selbst arbeitet teilweise im Homeoffice, sodass sie die Betreuung leisten könne. "Das ist natürlich eine privilegierte Situation, die andere Eltern, bei denen kein Homeoffice möglich ist, nicht haben", betont sie. Das Thema, wie ihr Kind an die Noten für das nächste Zeugnis kommt, stellt sich bei ihr nicht. Denn es lernt an einer freien Schule, wo es in der Grundschule ohnehin noch keine bekommt.

Anders sieht es bei Grünen-Stadträtin Susanne Krause und ihren beiden Kindern aus, die ebenfalls weiterhin zu Hause lernen. Eines der Kinder muss für Tests in die Schule. "Aber es wurde die Möglichkeit eingeräumt, diese Arbeiten in einem separaten Raum zu schreiben", sagt sie. Beim Verteilen der Aufgaben werde ihr Kind so betreut wie Kinder, die krank daheim bleiben müssen. Das heißt: Einmal pro Woche holen die Eltern die Aufgaben ab, eine Videokonferenz gibt es auch hier nicht mehr.

"Da hat sich schon einiges gewandelt und wir müssen uns um alles selbst kümmern", so Krause. "Unsere Kinder gehen auf verschiedene Grundschulen, die handhaben es verschieden", sagt sie. Die andere Schule schickt die Aufgaben per Lernsax.

Gerade mit Blick auf die sich in Deutschland ausbreitenden Corona-Mutationen und die steigenden Zahlen sollen ihre Kinder trotzdem auch weiter zu Hause bleiben. "Wir blicken auch mit Sorge auf die Berichte über schwere Krankheitsverläufe und Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen durch die Mutationen."

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