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Corona-Verlegungen: "Logistische Meisterstücke"

Tobias Wolf hat die Verlegung von Corona-Patienten beobachtet. Im Podcast CoronaCast schildert der Reporter seine Erlebnisse am Rande eines Rettungsflugs.

Von Fabian Deicke
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Reporter Tobias Wolf beobachtete die Verlegung von Corona-Patienten von Dresden nach Köln aus der Nähe. Im Podcast berichtet er davon.
Reporter Tobias Wolf beobachtete die Verlegung von Corona-Patienten von Dresden nach Köln aus der Nähe. Im Podcast berichtet er davon. © [M] Matthias Rietschel/Sven Ellger/SZ

Dresden/Köln. "Szenen wie im Kriegsgebiet" schreibt SZ-Reporter Tobias Wolf vergangene Woche Mittwoch über einen Artikel bei Sächsische.de. Wolf hatte zuvor die Verlegung von sechs Corona-Intensivpatienten aus Sachsen nach Nordrhein-Westfalen beobachtet. Im Podcast "CoronaCast" schildert der Journalist seine Erlebnisse und berichtet von den enormen Aufwänden, die hinter einer solchen Mission stecken.

Als am 1. Dezember auf dem Dresdner Flughafen eine Bundeswehr-Maschine vom Typ A310 MedEvac landet, um die schwer erkrankten Covid-19-Patienten auszufliegen, seien schon mindestens zwei Tage lang Ärzte und medizinisches Personal mit der Planung beschäftigt gewesen. "Die große Herausforderung war es, die sechs Patienten zur gleichen Zeit an den Airport zu bringen. Da durfte nichts schiefgehen beim Gelingen dieses logistischen Meisterstücks", erzählt Wolf.

Die Patienten lagen auf Intensivstationen in Krankenhäusern von Dresden, Meißen und Pirna. Über das Kleeblatt-System war die Verteilung der Menschen angemeldet worden. Schließlich meldeten Häuser in Bonn, Bochum, Marl und Köln, wo das Flugzeug auch hin folg, freie Kapazitäten.

Das sogenannte Kleeblatt-Konzept wurde unter dem Eindruck der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 entwickelt. Es soll sicherstellen, dass es in einzelnen Bundesländern keine Engpässe bei der intensivmedizinischen Behandlung entstehen. Dafür sollen Patienten innerhalb eines Zusammenschlusses mehrerer Bundesländer oder teils auch nur eines Bundeslandes verlegt werden können. Das bundesweite Kleeblatt wurde aktiviert, da die Intensivstationen auch in Sachsens Nachbarländern überlastet sind.

Wer entschiedet, welcher Patient verlegt wird

Die sechs Corona-Patienten, die in dem Luftwaffenflugzeug transportiert wurden, zählen zu den 31 bisher aus Sachsen ausgeflogenen Patienten. Mit Stand vom 9. Dezember liegen in Sachsen 567 Patienten auf Intensivplätzen. Wie wird dabei entschieden, für wen ein Transport infrage kommt?

"Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Das Alter, der allgemeine Zustand und der Grad der Robustheit eines Patienten", erklärt Wolf. Man müsse immer bedenken, dass es jenen, die transportiert würden, sehr schlecht gehe. "Die Menschen sind beatmungspflichtig. Da darf in der Verlegungskette, zu der auch Transporte auf der Straße gehören, nichts dazwischenkommen."

Peter Spieth, Leiter der Corona-Intensivstation an der Uniklinik Dresden, ergänzt: "Wir transportieren ja nicht nur den Patienten, sondern auch den ganzen Intensiv-Behandlungsplan. Also alle zugehörigen Überwachungsgeräte und die Medikamente, die kontinuierlich laufen müssen."

Außerdem sagt der Mediziner, dass jeder Transport zustimmungspflichtig sei. "Diese Aufgabe müssen in der Regel die Angehörigen übernehmen." Für Ärzte und Angehörige sei das gleichermaßen schwierig. "Es ist ein großes Zugeständnis der Angehörigen. Weil der Patient selber hat ja meistens keinen direkten Vorteil davon. Aber es ist eben ein großer Nutzen für die Allgemeinheit, da durch die Verlegung dringend benötigte Intensivbetten in der Region frei werden"

Warum eigentlich Sachsen?

Wieso sich Sachsen in seiner momentanen Lage befinde, führt Wolf zum Teil auf die hohe Impfskepsis zurück. "Der Großteil der sechs verlegten Patienten war unseren Informationen nach nicht geimpft." Noch mehr sieht der Reporter, der seit vielen Jahren in Sachsen ein gesellschaftliches Auseinanderdriften wahrnimmt, aber ein anderes Problem als ursächlich an.

"Es gelingt uns einfach nicht mehr ausreichend, eine gemeinsame Wahrheit zu entwickeln." Das Misstrauen in Medien, Institutionen und die Politik gehe in einigen Kreisen so weit, dass selbst Bilder wie die von Krankentransporten infrage gestellt würden. "Solange es diese Abgrenzung gibt, wird es schwer, die Risse in der Gesellschaft wieder zu kitten."

Außerdem Themen des Gesprächs:

  • Rekonstruktion: Detaillierter Ablauf der Verlegungsmission vom 1. Dezember
  • Was ist das Besondere an dem Luftwaffenjet?
  • Wie viel kostet eine Patientenverlegung eigentlich?

Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

Hier sind ergänzende Links zu Themen, auf die in der Folge Bezug genommen wird:

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