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"Eltern leiden unter der Mehrbelastung"

Immer mehr Klienten kommen durch die Pandemie in die Caritas-Beratungsstelle in Pirna. Sie suchen Hilfe für die Beantragung einer Mütter/Väter-Kind-Kur.

Von Mareike Huisinga
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Caritas-Beraterin Kathrin Gautsch (li.) ist im Gespräch mit einer Klientin, die eine Mütter-Kur beantragen möchte.
Caritas-Beraterin Kathrin Gautsch (li.) ist im Gespräch mit einer Klientin, die eine Mütter-Kur beantragen möchte. © Daniel Schäfer

In der Caritas-Beratungsstelle in Pirna, die zum Caritasverband für Dresden e.V. gehört, gibt es vielseitige Hilfe und zahlreiche Gesprächsangebote für Menschen, die sich in einer schwierigen Lage befinden. Der Caritasverband in Pirna hält auch eine spezielle Beratung für Eltern vor, die eine Mütter/Väter-Kind-Kur oder eine Mütter-Kur planen. Derzeit hat die Mitarbeiterin Kathrin Gautsch besonders viele Anfragen, was vor allem auf die Mehrbelastung der Eltern in Pandemiezeiten zurückzuführen ist. Darüber sprach sächsische.de mit der Kur-Beraterin.

Frau Gautsch, wie viele Menschen suchen Sie aktuell wöchentlich auf?

In der Präsenzberatung sind es zwei bis drei Mütter. Aber besonders die telefonischen Anfragen und die Online-Anfragen sind in den vergangenen anderthalb Monaten stark angestiegen. Das merke ich sehr deutlich.

Worauf führen Sie diese verstärkte Nachfrage nach Kuren zurück?

In der Pandemie wird generell vieles auf das Telefon verlegt beziehungsweise über das Netz nachgefragt. Die Unsicherheit bei den Ratsuchenden ist groß, ob sie und wenn, unter welchen Umständen in die Beratungsstelle kommen dürfen. Aber der Hauptgrund ist die deutlich höhere Belastung der Mütter und auch der Väter in der Pandemiezeit. Die Eltern leiden extrem unter der Mehrbelastung, die sie derzeit meistern müssen. Sie sind erschöpft und brauchen eine Erholungsphase.

Was sind das für konkrete Probleme?

Schon in normalen Zeiten haben besonders die Mütter oft ein Problem damit, Beruf und Kinder miteinander zu vereinbaren. Das ist in den Monaten von Home-Schooling und Home-Office einmal mehr eine enorme Herausforderung. Die Eltern müssen sich mit ihren Kindern hinsetzen, Mathematik üben, Chemie erklären und Englisch-Vokabeln abfragen. Dabei sind sie selber oft im Homeoffice. Das ist nicht immer ganz leicht zu koordinieren. Manche haben mehrere Kinder in unterschiedlichem Alter, die eine individuelle Betreuung brauchen. Auch die Technik ist oft eine Herausforderung. Nicht jede Familie besitzt mehrere Computer. Wenn jetzt Mutter und Tochter zeitgleich eine Videokonferenz haben, sind Probleme und Stress vorprogrammiert.

Und manche Familien sitzen eng aufeinander...

Das kommt hinzu. In einer Zwei-Zimmer-Wohnung kann es schnell zu Spannungen kommen, sowohl in der Partnerschaft wie auch zwischen den Eltern und Kindern. Das stresst zusätzlich.

Wer kommt zu Ihnen in die Beratungsstelle?

Hauptsächlich sind es Mütter aus dem gesamten Landkreis, aber auch aus Dresden. Immer öfter fragen auch Väter die Möglichkeiten einer Kur nach. Bei vielen Besuchern merke ich, dass sie sich schon länger mit dem Thema beschäftigt haben und jetzt handeln, um eine Kur zu beantragen. Denn die Kurzentren in Deutschland sind trotz Corona geöffnet. Allerdings wird in einigen Einrichtungen mit weniger Belegung gearbeitet, besonders um Hygienekonzepte gut einhalten zu können. Die Qualität der Kur leidet darunter nicht, wie Mütter, die in der Pandemiezeit eine Mutter-Kind-Kur absolviert haben, bestätigen. Eine Kur dauert im Regelfall drei Wochen. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse, der Eigenanteil pro Tag des erwachsenen Teilnehmers beträgt zehn Euro. Die Krankenkasse beteiligt sich außerdem an den Fahrtkosten.

Wie können Sie konkret helfen?

Erstmal lade ich die Mütter oder Väter zu einer Präsenzberatung in unsere Beratungsstelle ein. Nach Terminabsprache. Das ist jetzt wieder möglich. Die Hygienevorschriften werden dabei natürlich beachtet. Dann spreche ich mit dem Klienten über seine Lage und Probleme. Ich eruiere, was ihre Symptome sind. Die Klienten gehen daraufhin zum Hausarzt, um von ihm ein Attest für eine Kur zu erhalten. Ich habe eine Übersicht aller Kurkliniken bundesweit. Mit dem Attest kommt die Mutter oder der Vater dann wieder zu mir in die Beratungsstelle. Wir überlegen, welche Einrichtung für die jeweilige Indikation passend wäre und in welchem Zeitraum die Kur die Kur stattfinden soll. Dann frage ich in der jeweilige Klinik nach einem freien Platz nach. Gleichzeitig kann ich mit der Klientin einen Antrag für die Kur bei der Krankenkasse vorbereiten.

Wie oft wird eine Kur von der Krankenkasse abgelehnt?

In zehn Prozent der Fälle stimmt die Kasse nicht zu. Die Mütter haben aber das Recht, in Widerspruch zu gehen. Das bedeutet, dass nochmals dargelegt wird, warum eine Kur nötig sei. Auch dabei kann ich helfen, zum Beispiel, indem ich die Mutter bestärke, an ihrem Kurwunsch festzuhalten und auch bei der Fragen der Formulierung eines Widerspruches. Die Hälfte dieser Fälle werden letztlich dann doch genehmigt.

Die Beratung ist kostenlos?

Ja, und natürlich unterliege ich der Schweigepflicht. Jeder darf kommen. Auch Kinder können mitgebracht werden. Die Wartezeit für einen Termin liegt derzeit bei einer Woche. Außerdem möchte ich noch erwähnen, dass die Caritas-Beratungsstelle auch Familien mit geringem Einkommen unterstützt, die einen Urlaub geplant haben. Vom Freistaat Sachsen gibt es die Möglichkeit, einen Zuschuss zum Familienurlaub zu beantragen. Beratung dazu erhalten die Familien in der Beratungsstelle in Pirna.

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