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CoronaCast: Sind Schulen Hotspots?

In der Debatte um die Rolle der Schulen in der Corona-Pandemie leistet eine Studie aus Dresden einen bedeutenden Beitrag. Im Podcast sprechen wir mit ihrem Macher.

Von Fabian Deicke
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Professor Reinhard Berner, Leiter der sächsischen Schulstudie, und Dr. Hagen Schölzel, Kommunikationswissenschaftler, diskutieren im CoronaCast.
Professor Reinhard Berner, Leiter der sächsischen Schulstudie, und Dr. Hagen Schölzel, Kommunikationswissenschaftler, diskutieren im CoronaCast. © [M] Sven Ellger/Studioline/Sächsische.de

Dresden. Die Schulstudie der TU Dresden wird vom sächsischen Kultusministerium gern zitiert, um Schulen in der Pandemie als überwiegend sichere Orte zu bezeichnen. Denn die wissenschaftliche Untersuchung ist vergangenes Jahr zu dem Ergebnis gekommen, dass Kinder nicht erheblich zur Verbreitung des Coronavirus beitragen würden.

"Aus unserer Stichprobe aus rund 1.500 Schülern und 500 Lehrern an 13 Schulen in Sachsen konnten wir das damals entsprechend ableiten", betont Professor Reinhard Berner im CoronaCast von Sächsische.de.

Berner ist Kinderarzt und Leiter der Studie. Zudem führt er die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Dresdner Universitätsklinikum. Im Podcast stellt er sich inhaltlicher Kritik an der Studie und einem Vorwurf, den der zweite Gast der Gesprächsrunde, Dr. Hagen Schölzel, so formuliert: "Das Kultusministerium nutzt die Studie, um ein Narrativ zu konstruieren, das nach wie vor glaubhaft machen soll, dass Schulen vergleichsweise sicher sind."

Schölzel ist Politik- und Kommunikationswissenschaftler der Universität Jena und befasst sich momentan insbesondere mit der sächsischen Schulpolitik.

Die beiden Wissenschaftler unterschiedlicher Fachbereiche diskutieren im Podcast über die Frage, inwiefern die Staatsregierung, die die Studie finanziert, diese beeinflusst oder zumindest in der Kommunikation mit der Bevölkerung für politische Ziele benutzt. Einen Beleg dafür sieht Schölzel etwa in den Veröffentlichungsterminen der Studienergebnisse und auf welche Weise das passierte. "Nämlich immer jeweils kurz vor wichtigen Ministerrunden oder Entscheidungen zur Schulpolitik." Zudem merkt Schölzel an, dass etwa im Juli, als die Ergebnisse der ersten Phase der Studie präsentiert wurden, erst einige Tage nach einer öffentlichkeitswirksamen Pressekonferenz der wissenschaftliche Bericht vorgestellt worden ist.

Schölzel wirft der Regierung vor, eine wissenschaftliche Diskussion über die Studie behindert zu haben. Denn mit der Pressekonferenz sei "die Erzählung, dass Kinder Corona bremsen würden", schon in der Welt gewesen.

Wie geht die Corona-Studie weiter?

In der Diskussion verteidigt Berner die Studie der TU Dresden und auch die Ergebnisse. "Allerdings ist das, was wir da gemacht haben, auch nur ein Blick in die Vergangenheit gewesen. Das ist bei Antikörpertests immer so", betont er. Zudem wurden die Tests mit den teilnehmenden Schülern und Lehrern bisher jeweils nach Phasen niedrigen Infektionsgeschehens in Sachsen durchgeführt. Das gewonnene Bild der Studie könnte sich in der dritten Phase nun ändern. "Ich bin mir sicher, dass wir jetzt bei mehr Kindern und Lehrern durchgemachte Infektionen feststellen können." Sachsen war im November und Dezember schließlich lange Zeit das am stärksten von Corona betroffene Bundesland.

Für die dritte Phase der Studie sollten eigentlich schon vor Weihnachten alle Proben genommen werden. "Wegen des Lockdowns hat sich das jetzt allerdings verzögert", erklärt Berner. "Unmittelbar nach Wiederöffnung der Schulen soll das fortgesetzt werden". Inwiefern die weiteren Ergebnisse die Entscheidungen der sächsischen Regierung beeinflussen, vermag Berner nicht abzuschätzen.

Dass die Studie im vergangenen Sommer weltweite Beachtung gefunden hat, ist für Berner rückblickend nicht immer angenehm gewesen. Denn sogar der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte sich darauf bezogen, um Kinder als grundimmun gegen Corona zu bezeichnen. "Vor diesem Hintergrund würde ich heute Kinder nicht mehr als Bremsklötze für Corona-Infektionen bezeichnen", so Berner.

Die gesamte Diskussion zwischen den Wissenschaftlern Reinhard Berner und Hagen Schölzel können Sie sich in dieser Folge CoronaCast anhören.

Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

Hier sind ergänzende Links zu Themen, auf die in der Folge Bezug genommen wird:

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