Von Andreas Körner
Grünkohl ist aus! Der Ton des Filialleiters ist leicht süffisant, überrascht von Realitäten, die er seit ein paar Tagen in seinem Supermarkt erlebt. „Grünkohl aus der Dose macht kein Mensch mehr! Zwei Jahre hatten wir den schon hinten, hält sich ja ewig. Hatten den mal aus Versehen für Weihnachten bestellt. Jetzt ist er weg.“
März 2020, irgendwo in Deutschland. Die Hamster sind los. Anderswo wird Desinfektionsmittel geklaut, verschenkt die Bevölkerung rare Masken an Krankenhauspersonal oder hortet Klopapier. Könnte ja sein, dass man mal mehr davon braucht – nach dem Grünkohlessen zum Beispiel. Es sind alles andere als neue Bilder und Töne, die man im Dokumentarfilm „Schockwellen“ zu sehen und zu hören bekommt. Im Gegenteil: Es sind die oft und zu oft gesehenen und gehörten. Die millionenfach versendeten Bilder und Töne, die verstört machten, satt und aggressiv, die berührten und bewegten, denen man glaubte und die man hinterfragte, die man vielleicht auch hochrechnete zu jenen, um die man sich selbst kümmern wollte.