Von Thomas Eßer und Patrick Reichardt
Oberwiesenthal. Wenn Jens Weißflog seine Nachfolger bei der Vierschanzentournee im Fernsehen beobachtet, dann tut er das mit voller Hingabe. „Ich verfolge das schon richtig“, sagt der 56-Jährige. Der frühere Ausnahme-Skispringer, dessen vierter Tournee-Sieg sich am Mittwoch zum 25. Mal jährt, kann sich in diesen Tagen in die Flugkünstler hineinversetzen, die an der Schanze ihrem Beruf nachgehen.
Weißflog kennt auch eine andere Seite in Corona-Zeiten: Als Hotelier kann er seiner Arbeit nicht wie gewohnt nachgehen. Sein Hotel und sein Restaurant in Oberwiesenthal sind seit dem 2. November geschlossen.
Langweilig wird es Weißflog deshalb nicht. „Wenn wir zu haben heißt das nicht, dass man nichts macht“, sagt der Sachse der dpa. Der 56-Jährige regelt Dinge im Büro, klärt Personalangelegenheiten, doch die Gäste fehlen.
„Wir werden das überleben“
Anders als viele ehemalige Skispringer hat sich Weißflog gegen einen Weg als Trainer entschieden und auch seine Tätigkeit als TV-Experte schon lange beendet. „Er lebt das Skispringen in seinem Hotel“, sagte sein früherer Teamkollege Dieter Thoma. Den Winterspielen von Lillehammer 1994, bei denen Weißflog zweimal Gold gewann, hat er ein eigenes Appartement gewidmet – mit eingesticktem Fackelträger im Kissen und Infos zur Olympia-Schanze.
Dass in diesem Appartement wie auch in den anderen Zimmern derzeit niemand schlafen kann, trifft Weißflog finanziell hart. „Wir werden das überleben“, sagt er kämpferisch. Jammern will er nicht. Und die beliebte Diskussion, warum die einen ihrem Beruf quasi normal nachgehen können, während die anderen eingeschränkt werden, will er mit Bezug auf Skispringer und sich selbst und sein Hotel auch nicht führen.
Stattdessen beschreibt Weißflog, der zu seiner aktiven Zeit wegen seiner Körpergröße „Floh vom Fichtelberg“ genannt wurde, seine Wahrnehmung der Sportler im Fernsehen: „Die Springer gehen oben bis an den Balken ran mit einer Maske. Sie gehen unten aus dem Gate raus und kriegen eine Maske gereicht. Da sieht man, dass man dort willens ist, vieles so zu machen, wie es zurzeit sein muss.“ (dpa)