Dresden. Eine Dresdner Ärztin steht im Verdacht, am Sonntagvormittag mehrere Dosen eines Corona-Impfstoffs beim Einsatz eines mobilen Impfteams gestohlen zu haben. Das bestätigte ein Polizeisprecher am Montag auf SZ-Nachfrage.
Demnach sollen nach jetziger Kenntnis fünf Impfstoff-Päckchen mit jeweils sechs Impfdosen entwendet worden sein. Diese hätten einen Marktwert von knapp 500 Euro, auf dem Schwarzmarkt vermutlich mehr. Nach SZ-Informationen handelt es sich um den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer.
Laut Aussage der Polizei habe die Frau sich nach der Tat selbst dem Leiter des Impfzentrums offenbart, der schließlich Anzeige erstattet habe. Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens teilt die Polizei keine weiteren Details mit, beispielsweise ob der Einsatz des mobilen Impfteams in einem Pflegeheim stattfand.
Das Deutsche Rote Kreuz, das in Sachsen den Betrieb der Impfzentren organisiert, hat am Nachmittag bestätigt, dass eine Anzeige gestellt wurde, um den Sachverhalt aufzuklären. Diese Anzeige sei aber nicht als Bewertung der Anschuldigung zu verstehen, sondern vielmehr als ein übliches Prozedere, sobald man von möglichen Unregelmäßigkeiten erfahre, so ein Sprecher.
Ärzte-Chef versteht Motivation nicht
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KVS), Dr. Klaus Heckemann, hat auch erst am Montagnachmittag Kenntnis von dem Fall erlangt. Er bezeichnete das Vergehen, sollte es sich bestätigen, als "blöd". Denn so etwas müsse herauskommen. "Die Impfdosen fehlen ja bei der Abrechnung." Alles werde dokumentiert. So etwas könne nicht gutgehen.
Heckmann verstehe auch die Motivation eines Impfstoff-Diebstahls nicht. "Am Anfang gab es unter den Ärzten etwas Hysterie, weil es an Masken und Schutzausrüstung fehlte." Das sei vor ziemlich genau einem Jahr gewesen. "Aber das war eine ganz andere Situation. Heute eine solche dramatische Angst zu haben, dass man dazu verleitet wird, Impfstoff zu stehlen, halte ich für absurd."
Heckemann geht davon aus, dass die beschuldigte Medizinerin nicht mehr als Impfärztin im Einsatz ist. Praktizieren dürfe sie aber weiterhin. Zumindest spreche nichts dagegen. Er rechnet nicht damit, dass sie ihre Approbation verlieren wird, selbst wenn es zu einer Verurteilung kommen sollte.
Die Frau sei nicht von der KVS, sondern vom Roten Kreuz als Impfärztin akquiriert worden, so der Kassenärzte-Vorstand weiter. Ihre Bezahlung sei aber über die KVS gelaufen. (SZ/dob/sr)
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