Dresden. Wer in diesen Tagen das fast vergangene Jahr vor seinem inneren Auge Revue passieren lässt, kann leicht in Schwermut verfallen, angesichts all der Dinge, die wegen mehrerer Corona-Lockdowns nicht möglich waren. Vor allem das kulturelle Leben kam in Dresden ab dem Frühjahr fast völlig zum Stillstand oder wurde bestenfalls von manchem Veranstalter (vorübergehend) ins Internet verlegt. Nur der Sommer bot eine kurze Verschnaufpause und etwas Ablenkung von der Pandemie.
So konnten nicht nur die Veranstaltungen des Palais-Sommers dank eines Hygienekonzepts und Einlassbeschränkungen trotzdem stattfinden, sondern auch die Filmnächte am Elbufer, wenn auch ohne die Konzerte, die sonst von Tausenden besucht worden wären.
Besonders positiv im Gedächtnis bleiben dürfte vielen aber etwas anderes, das es so vorher in Dresden noch nicht gegeben hatte: Mitten in der Corona-Pandemie wurde das Autokino wiedergeboren. Und das längst nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern zum Beispiel auch in Döbeln, Zittau, Görlitz oder Bautzen - überall mit ähnlich großem Erfolg.

In Dresden begann der Autokino-Zauber Ende April am Flughafen. In kürzester Zeit hatte der Veranstalter, die GBG GmbH aus Niesky, aus einem Parkplatz ein Open-air-Kino mit mehreren kleineren Leinwänden gemacht, die parallel denselben Film zeigten - mehrmals am Abend beziehungsweise Tag, da die LED-Leinwände selbst dann ein gut sichtbares Bild produzierten, wenn es draußen noch ziemlich hell war.
Los ging es mit Go Trabi go, was vor allem viele Fans der Kultpappe anzog, die gleich stolz mit ihren eigenen Schätzen vorfuhren. Kinosound über das eigene Autoradio, mit dem Warnblinker Snack-Nachschub bestellen - die Besonderheiten des Autokinos zu entdecken, machte so viel Spaß, dass es wohl so manchen vergessen ließ, dass diese Form des Sommerkinos vor allem eine Ansteckung mit dem Coronavirus verhindern sollte.
Deshalb sollten zum Beispiel die Fenster möglichst geschlossen bleiben - oder an allen Autos nur auf der gleichen Seite geöffnet werden, um eine Art Virendurchzug zwischen den Fahrzeugen zu vermeiden.

Kino- und Autofans zusammenzubringen, verstand Dresdens zweites Autokino, das gut zwei Wochen später als das am Flughafen an den Start ging, sogar noch besser. Kein Wunder, steckten hinter "Cars and Stars" in der Flutrinne doch unter anderem die Macher der US Car Convention.
So zeigte dieses Kino zum Start nicht nur den Rennfilm "Le Mans 66", was man durchaus als eine Kampfansage ans Flughafen-Kino mit seinem Trabi "Schorsch" verstehen konnte, vor der Leinwand parkten auch mehrere amerikanische Rennwagen, die für viele ein beliebtes Fotomotiv waren. Auf dem riesigen Gelände fiel das Abstandhalten dabei trotzdem leicht.

Ein Superlativ war auch die Leinwand von "Cars and Stars": Acht Tonnen wog sie, war 15 Meter hoch und 33,5 Meter breit, was sie laut den Veranstaltern zur größten Pop-up-Leinwand in Deutschland machte. Ein verstellter Blick auf den Film? Unmöglich.
Das Bild wurde wie im richtigen Kino auf die Leinwand projiziert, wodurch es besser wurde, je dunkler es draußen wurde. Die Corona-Schutzvorkehrungen waren sogar noch strenger als am Flughafen: Tickets wurden durch die geschlossene Autoscheibe gescannt, Snacks mussten vorbestellt werden und wurden bei Einfahrt auf das Gelände in einer Art Drive-through ausgegeben.

Ende Juni ging in der Flutrinne dann der Projektor aus, das Autokino am Flughafen hatte da bereits wieder abgebaut. So schnell wie dieses besondere Filmerlebnis nach Dresden gekommen war, war es wieder verschwunden. Eine Rückkehr: noch unklar.
Dabei hat das Autokino coronabedingt noch nicht einmal sein ganzes Potenzial ausschöpfen können. Den Film im offenen Cabrio oder auf der Ladefläche eines Pickups genießen oder sogar ein kleines Picknick aufbauen - das war in diesem Jahr nicht möglich. Auch Konzerte und Comedy-Veranstaltungen fanden bisher nur vereinzelt in den Autokinos statt. Schon allein deshalb ruft das Format dringend nach einer Wiederholung im nächsten Jahr. Dann gerne ohne Pandemie.
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