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Wenn der 16. Geburtstag die Trainingsgruppe spaltet

Die Corona-Regeln treffen die DSC-Läuferin Merle Wolf hart. Mit ihrer Freundin darf sie ins Restaurant, aber nicht trainieren.

Von Michaela Widder
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Erst Geburtstag, dann Trainingsverbot: Merle Wolf und Matilda Wiegand.
Erst Geburtstag, dann Trainingsverbot: Merle Wolf und Matilda Wiegand. © DSC/Max Julius Löwe

Dresden. Im Normalfall ist der 16. Geburtstag etwas Besonderes; man darf den Moped-Führerschein machen, sich tätowieren lassen und Party machen ohne Mutti. Was man aber plötzlich nicht mehr darf von einem auf den anderen Tag: mit seiner Trainingsgruppe trainieren. Zumindest in diesen Corona-verrückten Zeiten.

Merle Wolf, Nachwuchsläuferin beim Dresdner SC, hat das Pech, dass sie am Dienstag 16 Jahre alt geworden ist. Am Montag durfte sie vorerst ein letztes Mal zum Training in die DSC-Halle. Denn die neuen Regeln in der Corona-Notfallverordnung, die Anfang der Woche in Kraft getreten ist, verbieten bis mindestens 12. Dezember jeglichen Vereinssport ab 16.

„Das ist verrückt, ich bin geimpft und habe alles dafür getan, um mich in eine gute Position zu bringen. Jetzt darf ich trotzdem nicht mehr in der Halle und auf den Sportplätzen mit unserer Gruppe trainieren“, sagte die Mittelstreckenläuferin. Merle Wolf ist beim DSC Leistungssportlerin, besucht aber weder die Sportschule, noch hat sie derzeit einen Kaderstatus, weil sie mit muskulären Problemen in diesem Jahr länger ausfiel. Damit gelten für sie nicht die Ausnahmen im Sport.

Für Trainingspartnerin Matilda Wiegand, die auch am Dienstag ihren 16. Geburtstag feierte, ändert sich dagegen nichts. Als Landeskader darf sie weiter Sportstätten nutzen. „Es ist schon krass, dass durch die Regeln plötzlich meine Trainingspartnerin und Freundin ausgeschlossen wird“, erzählt die junge Dresdnerin: „Im letzten Lockdown durfte ich auch nicht in die Halle, weil ich noch kein Kader war. Diese besondere Position wird mir jetzt bewusst.“ Die beiden Läuferinnen haben während der Lockdown-Zeit viel zusammen in der Heide trainiert.

Der erfolgreichste Sommer seit Jahren

Ein wenig absurd fühlt sich die Situation für die Sportfreundinnen an, sie sind geimpft, dürfen zusammen ins Restaurant gehen, aber nicht zusammen trainieren. Merle Wolf lässt den Kopf trotzdem nicht hängen, wie sie betont. „Als Läufer kann man auch viel draußen und allein machen. Wir kennen die Situation schon aus dem letzten Jahr“, sagt sie. Dass Merle Wolf trotz der Ungewissheit optimistisch bleibt und sich nicht ausgeschlossen fühlt, hat sie auch ihrem Trainer zu verdanken.

Erik Haß hatte seine Läufergruppe schon erfolgreich durch die beiden Lockdowns geführt. „Man muss kreativ sein und die Jugendlichen mit individuellen Plänen gut betreuen.“, erklärt der 39-Jährige. Als Wettkämpfe offiziell noch verboten waren, organisierte der Trainer teaminterne Wettbewerbe im Großen Garten oder an der Plattleite, der steilsten Straße von Dresden. Trotz aller Corona-Einschränkungen erlebten die DSC-Läufer den erfolgreichsten Sommer seit Jahren.

Doch auch jetzt nimmt Haß die pandemiebedingten Verbote nur zähneknirschend hin. „Ich habe wieder das Gefühl, der Sport ist einer der größten Verlierer. Du kannst dich jeden Tag durch die Einkaufszentren drängeln, aber keinen Sport machen“, sagt er. In seiner Trainingsgruppe sind fast 90 Prozent geimpft – und ein Großteil der Athleten Landes- oder Bundeskader und Sportschüler. „Ich habe meinen Leuten nahegelegt, sich zu impfen, dass sie am Wettkampfbetrieb teilnehmen können. Das ist wieder ein Schlag ins Gesicht. Wir machen den Sport nicht, um fit zu bleiben, sondern um uns zu messen“, sagt der Landestrainer am Stützpunkt in Dresden.

Eine Handvoll Läufer wie Merle Wolf wird er nun wieder individuell betreuen. Wie lange, ist nicht absehbar. Ob es in diesem Jahr noch einen Wettkampf gibt? Sehr unwahrscheinlich, der DSC-Sprintabend an diesem Mittwoch in Dresden wurde abgesagt. Der Verein prüft, ob das traditionelle Jahresabschlusssportfest am 11. Dezember zumindest als Profiveranstaltung ausgetragen werden kann.

Doch egal, was die nächsten Wochen bringen, die Lauffreundinnen haben sich nach ihrem 16. Geburtstag für gemeinsame Runden in der Heide verabredet.