Impfen beim Hausarzt - eine erste Bilanz

Kirschau. Daniela Schoch ist keine, die ein Blatt vor den Mund nimmt: Die zurückliegende Woche sei anstrengend gewesen, sagt die Allgemeinmedizinerin als Erstes, nachdem sie am Freitag kurz nach dem Mittag auf dem Hocker hinter dem Schreibtisch ihrer Kirschauer Arztpraxis Platz genommen hat. Es gäbe zur Zeit viele Kranke, sagt sie; außerdem einige technische Probleme - und dann sei da noch die Organisation der Termine für Impfungen gegen Covid-19 zu bewältigen. "Drei Mitarbeiter sind damit beauftragt, die Impfungen in meiner Praxis zu organisieren und durchzuführen", sagt sie - und das zusätzlich zu deren herkömmlichen Aufgaben.
Daniela Schoch gehört zu jenen Hausärzten, die sich schon zeitig dafür ausgesprochen haben, Hausarztpraxen in der Impfstrategie des Freistaates zu berücksichtigen. Weil ein Besuch beim ortsansässigen Arzt besonders für ältere Leute leichter zu bewerkstelligen sei. Weil auch das Vertrauen in den Hausarzt größer sei. Und weil Daniela Schoch ihre Patienten vor dem Virus schützen will. Sie sagt: "So ein Termin im Impfzentrum kann für Ältere eine Herausforderung sein."
Allgemeine Übersicht: Fehlanzeige
Die grundsätzliche Entscheidung, die Hausarztpraxen in die Impfstrategie des Freistaates einzubeziehen, stellt Schoch also nicht in Frage. Wohl aber die Informationspolitik der Landesregierung - und zwar sowohl die gegenüber den niedergelassenen Ärzten, als auch die gegenüber der Öffentlichkeit.
Der Hintergrund ist folgender: Seit 7. April dürfen Hausärzte in Sachsen gegen Corona impfen. Davon erfahren hat Daniela Schoch rechtzeitig von Sachsens Kassenärztlicher Vereinigung (KVS) und dem sächsischen Sozialministerium (SMS), sagt sie. Danach wurde es schwieriger: Mit wie vielen Impfdosen die Hausärzte zu rechnen hätten, erfuhr sie aus allgemeinen Veröffentlichungen. Die jeweils genannte Zahl auslieferbarer Impfdosen pro Praxis und Woche? - "Eine willkürliche Festlegung", schätzt Schochs Praxis-Manager Manfred Dunkelmann ein.
Daniela Schoch erklärt seinen Gedanken: "Jeder Arzt hat erfahren, welche Impfmodalitäten gelten, und hat sich dann selbstständig entschieden, ob er Impfstoff bestellt oder nicht", sagt sie. Die Impfdosen beziehen die Mediziner von Großanbietern und Apotheken. Wer welche Menge an Impfstoff erhält, wird offiziell scheinbar nicht erfasst: Auf Nachfrage können weder das Sächsische Sozialministerium, noch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsens, noch das Bautzener Gesundheitsamt eine Liste von Ärzten vorlegen, die in ihren Praxen im Landkreis Bautzen gegen Covid-19 impfen. Daniela Schoch und Manfred Dunkelmann schätzen: Die Zulieferer sammeln die Rezepte und verteilen die Menge an Impfdosen, die ihnen zugeteilt wird, an die impfenden Hausärzte.
Organistationstalent der Ärzte ist gefragt
Aber zurück zu Schochs Praxisalltag: Daniela Schoch gehörte seit jeher zu jenen Ärzten, die gegen Corona impfen wollen - und es inzwischen auch tun. Auf den Impfstart war sie vorbereitet und hat nach der ersten Impfwoche in Hausarztpraxen einen Plan im Kopf. Der ist gleichermaßen konkret wie vage: An jedem Dienstag, erklärt sie, schreibe sie ein Rezept an die Apotheke, die sie mit den verfügbaren Corona-Impfstoffen beliefere. Am darauffolgenden Freitag bekäme sie von dort Bescheid, mit wie vielen Impfdosen sie zu rechnen habe.
Ab diesem Moment beginnt die Vereinbarung von Impfterminen mit Personen, die dafür berechtigt sind. Gibt es bei der Lieferung am Montag oder Dienstag weniger Impfstoff als angekündigt, muss die Praxis zusätzlich telefonieren. Wenn es mehr gibt, ebenfalls. Außerdem muss jeder zu Impfende vorab ausführlich informiert werden. Das alles kostet Zeit. Geimpft werden bei Daniela Schoch deshalb derzeit nur jene ihrer Patienten, die impfpriorisiert sind und selbstständig in die die Praxis kommen können.
Dr. Schoch: Astrazeneca öffentlich kaputtgeredet
Diese Regel gilt aber nur noch für die kommende Woche. Danach, kündigt das SMS an, soll vor allem der Impfstoff von Astrazeneca an die Hausärzte verteilt werden. "Meine Impfliste wird danach schrumpfen", schätzt Daniela Schoch und erklärt: "Wie dieser Impfstoff öffentlich kaputtgeredet wurde, ist völlig neben der Spur."
Vor diesem Hintergrund stellt sie in Aussicht, Astrazeneca aufgrund es kühlungsbedingten Verfalls und nach ausführlichem Informationsgepräch auch an jene zu verimpfen, die nicht bezugsberechtig sind. Eine Einschränkung macht sie aber doch: "Ich werde den Impfstoff nicht an Frauen verimpfen, die unter 60 Jahre alt und Raucherinnen sind oder die Pille nehmen. Diese Diskussion ist noch nicht beendet. Dafür übernehme ich keine Verantwortung."
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