Dresden. Früher kam mehr Weihnachtspost. Nicht nur fertig gekaufte Ansichtskarten, unter denen hübsche Klappkarten fast der Gipfel der persönlichen Grüße zum Fest waren. Es kamen sogar Briefe. Einer davon war der Weihnachtsbrief, der regelmäßig kurz vor dem Fest eintraf. Erst auf der Schreibmaschine mit möglichst vielen Durchschlägen getippt, später dann am Computer geschrieben. Aber stets auch mit ein paar handschriftlichen Zeilen darunter.
Dieser Brief gehörte zu Weihnachten wie der Tannenbaum und Gänsebraten. Es war nicht einfach nur ein Brief, es waren Gedanken zum zu Ende gehenden Jahr, zu Politik, Gesellschaft und zu persönlichen Ereignissen, die das Jahr geprägt haben. Mindestens eine Seite lang und stets mit weihnachtlichem Schmuck aus Papier beklebt.
Dieser Brief wurde stets Heiligabend gelesen, in Ruhe und durchaus auch gespannter Erwartung, was wohl über das eigene Leben darin stehen würde. Denn solche Ereignisse wurden auch immer gestreift, zum Beispiel abgeschlossene Ausbildungsabschnitte, ein Umzug, überhaupt jede Art von prägenden persönlichen Veränderungen.
Dieser Brief brauchte Zeit. Es war nicht damit getan, ihn einfach schnell zu schreiben. Zwei, drei Tage Zeit waren mindestens nötig. Dann musste er noch mit den persönlichen Zeilen für jeden Empfänger versehen und eingetütet werden. Bis zu einer Woche lang waren die Absender damit durchaus beschäftigt.
Das bedeutet, jetzt wäre die ideale Zeit, einen solchen Brief zu verfassen, soll er bei allen Empfängern rechtzeitig ankommen. Der Lockdown hilft dabei. Was könnte in diesem Jahr darin eine Rolle spielen? Trumps Abwahl vielleicht und die Hoffnung, dass dies wieder zu mehr Gemeinsamkeiten zwischen Europa und den USA führt. Ein gelungener Urlaub oder ein ausgefallener, der vielleicht aufs nächste Jahr verschoben wurde und deshalb für besondere Vorfreude sorgt. Corona natürlich, die Veränderungen in unserem Leben, die Covid-19 zur Folge hatte. Davon gibt es auch gute. Mehr Besinnung auf sich selbst, die Erwartung eines Weihnachtsfestes, bei dem in diesem Jahr nicht im Vordergrund steht, wer alles zu besuchen ist und was man mitbringen sollte.
Und vielleicht auch der Gedanke, dass man sich wieder aufs Schreiben besonnen und Weihnachtspost verschickt hat. Nicht nur via Internet, sondern so richtig. Wie zum Beispiel einen Weihnachtsbrief.
An dieser Stelle schreiben Redakteure der Dresdner Stadtredaktionen aus ganz persönlicher Sicht über Gedanken, Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Alltag im Lockdown.
Nachrichten und Hintergründe zum Coronavirus bekommen Sie von uns auch per E-Mail. Hier können Sie sich für unseren Newsletter zum Coronavirus anmelden.