Kamenz. Ab Montag geht der harte Lockdown in Sachsen in die zweite Runde. Neben der bereits geschlossenen Gastronomie trifft es nun auch viele Händler. Auch in Kamenz müssen alle Geschäfte schließen, die nicht systemrelevant genug sind, um am Start bleiben zu dürfen. Nur Lebensmittelläden und Geschäfte für den Grundbedarf wie die Post, Apotheken, Drogerien, Tierbedarfshandel, Auto- und Fahrradwerkstätten sowie Friseure dürfen öffnen. Sächsische.de hörte sich bei Ladenbesitzern um.
In der Kamenzer City betreffen die neuen Corona-Regeln mehr als zwei Drittel der Geschäfte. Während der Rossmann-Drogeriemarkt weiterhin verkaufen darf, muss die Parfümerie Tina schließen. Dabei ist in der Kosmetik- und Duftbranche jetzt eigentlich absolute Hoch-Zeit. Inhaberin Leontine Michel ist an diesem Mittwoch in der Filiale an der Kirchstraße zu Gange und instruiert die Mitarbeiterinnen. Nur zwei Personen passen in den Laden. Heute war schon viel los.
"Wir müssen ab Montag schließen, auch unsere Filiale in Bischofwerda. Selbst wenn wir es ahnten, trifft uns die Entscheidung der Politik hart", sagt Leontine Michel. "Das Weihnachtsgeschäft ist nicht zu ersetzen. Wir haben bereits neue Ware bestellt, dabei ist die letzte Lieferung für Weihnachten noch nicht rein." So sei eine große Lieferung Joop-Handtücher unterwegs. Wer wird die im Januar noch kaufen?

"Vor Weihnachten müssen wir Umsatz machen, den Rest der Monate geht man dafür oft ins Minus", sagt die Geschäftsfrau. Von Januar bis März herrsche ohnehin Flaute in der Branche. "Wir können nur hoffen, dass die Kundschaft in den nächsten Tagen fleißig einkauft. Und nicht nur in die großen Center fährt!" Ihr Unverständnis darüber, dass eine Drogerie öffnen darf und sie nicht, ist groß.
Erfreulich sei, dass ihre Kunden in der Krise bisher vorbildlich waren. Es habe bei ihr nie Gemurre wegen der Masken gegeben. "Umso schlimmer ist es, dass wir alle abgestraft werden für ein paar wenige Unvernünftige", sagt Leontine Michel. Wenn es nötig sei, würde sie auch Waren zum Abholen anbieten, sagt sie. "Ich hänge die Telefonnummer an die Tür und dann kann man mich für konkrete Wünsche kontaktieren", so ihre Hoffnung.
Kamenzer Geschäfte öffnen Sonnabend bis 18 Uhr
Die Parfümerie-Inhaberin setzt wie andere Geschäftstreibende in der City noch einmal auf den Sonnabend. Auf kurzem Weg haben sich die Ladeninhaber auf eine verlängerte Öffnungszeit am 12. Dezember bis 18 Uhr verständigt. Die meisten fänden es gut, wenn alle mitziehen würden, um den Kunden ein Gesamt-Einkaufserlebnis zu bieten.
Auch Jacqueline Zinke vom Geschäft "RoomOutfit" an der Zwingerstraße wird mit am Start sein. Ihr Laden hängt voller Weihnachtsdeko, Geschenkideen und Adventszubehör. "Das muss alles raus. Wir werden es aber nicht in den nächsten drei Tagen schaffen, auch wenn heute schon viel los war", sagt sie. Was nicht über die Ladentheke geht, muss bis 2021 ins Lager. "Die neue Saison bringt dann aber wieder neue Trends mit sich, die ich auch nicht ignorieren kann", gibt die Fachfrau für Inneneinrichtung zu bedenken. Alles, was nicht haltbar ist, wie kleine Schokoladen, werde sie an gute Kunden verschenken.
Doch die werden nun nervös, dabei brauche man in ihrer Branche Muße und Zeit, um das richtige Geschenk zu finden und verpacken zu lassen. "Ich werde deshalb - wie während des Lockdowns im Frühjahr - täglich Online-Angebote auf Facebook posten, die man bestellen und abholen kann", erklärt Jacqueline Zinke. Dass das alles aber mit enormem Zusatzaufwand verbunden sei, würden die meisten nicht sehen.
Auch bei "Hügelmoden" herrscht getrübte Stimmung. Das Geschäft muss beide Filialen schließen. Schon in den letzten Wochen sei es nicht so wie zu Normalzeiten gelaufen. Vor Weihnachten würden sonst vor allem Frauen oft etwas Festliches oder ein Party-Outfit für Silvester kaufen. Und Geschenke für die Lieben. "Es wäre toll, wenn die Kundschaft noch einmal Solidarität zeigt und nicht nur nach Dresden zum Einkaufen fährt", sagt Mitarbeiterin Anke Eisold. Die Hoffnung liege auf dem langen Sonnabend.

Bei Spielzeug-Lehmann am Markt ist zeitweise kein Durchkommen mehr. "Das ging Dienstagnachmittag los, als die Neuerungen verkündet wurden", erzählt Klaus Lehmann. Erfreulich für ihn, doch auch er darf nur eine begrenzte Anzahl Kunden hereinlassen. Das könnte zu Wartezeiten führen. "Ich bin der Meinung, dass dieser harte Lockdown doch schon im November hätte laufen können. Warum jetzt eine Woche vor Weihnachten? Das trifft uns hart", sagt der Händler. Auch bei ihm komme in den nächsten Tagen erst eine heiß ersehnte Sendung Herrnhuter Sterne an. Die Firma hatte Lieferschwierigkeiten. "Ich werde auf Abholservice setzen und es so probieren. Durch den Paketshop haben wir eh weiter 13 bis 18 Uhr geöffnet."

Im Obi-Baumarkt an der Windmühle sind gegen Mittag fast alle Einkaufswagen im Einsatz. "Die Leute überrennen uns sicher die nächsten Tage", erwartet Marktleiterin Maren Haase. "Weihnachts-Pflanzware haben wir gesenkt, damit sie abverkauft wird. Auch die Weihnachtsbäume gehen weg wie warme Semmeln. Was davon übrigbleibt, wird auf dem Parkplatz verkauft." Aber auch der Baumarkt setzt auf Abholservice. "Die Kundschaft kann sich mit Wünschen an uns wenden. Der Markt wird besetzt sein", erklärt Maren Haase.
Auf Silvesterknaller verzichtet Obi in diesem Jahr gänzlich - das Unternehmen habe sich aber unabhängig von Corona dafür entschieden.

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