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Dresdner Kultur rollt schwarzen Teppich aus

Die Kampagne "Kulturgesichter" will Hunderte vom Dauerlockdown Betroffene aus der Anonymität holen. So wie am Freitag vor dem Landtag.

Von Henry Berndt
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Schwarzer statt roter Teppich vor dem Landtag in Dresden: Die "Kulturgesichter" werben um Aufmerksamkeit.
Schwarzer statt roter Teppich vor dem Landtag in Dresden: Die "Kulturgesichter" werben um Aufmerksamkeit. © Christian Juppe

Dresden. Rote Teppiche werden in Zeiten der Corona-Krise nur noch selten ausgerollt. Neben der Unterhaltungsbranche liegen auch so gut wie alle anderen Teile des kulturellen Lebens seit Monaten brach.

Die Kampagne "Kulturgesichter" will auf die Lage der Dresdner Kulturschaffenden aufmerksam machen und setzt dabei bewusst nicht bei Firmen und Agenturen an, sondern beim einzelnen Menschen. Dem Schauspieler, dem Tontechniker, der Burlesque-Tänzerin und dem Fotografen.

"Kultur ist nichts Abstraktes, sondern etwas, das von Menschen erschaffen wird", sagt Uwe Stuhrberg, DJ, Veranstalter und Chef des Dresdner Stadtmagazins SAX. Gemeinsam mit zahlreichen Mitstreitern lässt er seit einigen Wochen die Kampagne "Kulturgesichter" wachsen, die mit dem inzwischen bekannten Slogan "Ohne uns ist's still" um Aufmerksamkeit wirbt.

Hunderte Kulturschaffende aus Dresden beteiligen sich bereits an der Kampagne.
Hunderte Kulturschaffende aus Dresden beteiligen sich bereits an der Kampagne. © Screenshot: kulturgesichterdresden.de

Nachdem seit Anfang Februar zunächst Hunderte Porträtfotos in Schwarz-Weiß entstanden waren, die in den sozialen Medien und auf Plakatwänden in der Stadt zu sehen sind, trafen sich einige Initiatoren am Freitagmittag zu einer Aktion vor dem Landtag.

Da ihnen das Versammlungsrecht keine Präsens auf dem Platz vor dem Gebäude erlaubte, wichen sie notgedrungen auf den Fußweg aus und legten dort einen schwarzen Teppich aus, der mit den Fotos aus der Kampagne bedruckt war. Dazu wurden rote Absperrbänder aufgestellt. Titel der Aktion: "Es ist 5 nach 12."

"Der Teppich steht symbolisch dafür, wie die Kulturschaffenden aller Branchen in diesen Zeiten mit Füßen getreten werden", sagt Martin Vejmelka, Geschäftsführer der Konzertagentur Landstreicher.

Zu der Aktion nahe des Landtags stießen erstmals auch die Initiatoren der "Kulturgesichter" in Chemnitz und Leipzig dazu, um die engen Verbindungen in der sächsischen Kulturlandschaft zu unterstreichen. Bei den insgesamt etwa ein Dutzend Teilnehmern war die Einhaltung der Abstandsregeln kein Problem. "Es hätten heute auch viel mehr Leute Gesicht gezeigt, aber auf eine Demo oder Kundgebung im klassischen Sinne wollten wir aus naheliegenden Gründen verzichten", sagt Uwe Stuhrberg.

Mit ihrer Aktion mussten die Initiatoren am Freitag auf einen Fußweg etwas abseits des Landtages ausweichen.
Mit ihrer Aktion mussten die Initiatoren am Freitag auf einen Fußweg etwas abseits des Landtages ausweichen. © Christian Juppe

Auf konkrete Forderungen an die Politik verzichten die Initiatoren bewusst. "Die sind doch inzwischen jedem bekannt und müssen nicht ständig wiederholt werden", sagt Stuhrberg. "Uns geht es darum, zu zeigen, dass hier Frauen und Männer am Rande ihrer Existenz stehen, ein Jahr lang finanziell und psychisch gebeutelt, mit einer kurzen Atempause im Sommer." Die Zeit des Lächelns und der lustigen kostenlosen Streaming-Konzerte sei längst vorbei.

Was alle diese Menschen nun dringend bräuchten, wäre eine Perspektive. "Man wartet, verschiebt um ein weiteres Jahr, bangt, hofft und zermürbt sich den Kopf. Wie lange soll das noch so weitergehen?"

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