Leipzig. Auch Christian Dahms ist hin- und hergerissen. Selbst in Leipzig, Sitz des Landessportbundes und lange Zeit die sächsische Großstadt mit dem kleinsten Corona-Problem, steigen die Zahlen in ungeahnte Höhen. Am Mittwoch lag die Sieben-Tage-Inzidenz dort bei 595 – und in Sachsen insgesamt bei 936.
„Zum einen ist es für uns nachvollziehbar, dass angesichts der aktuellen Infektionslage im Freistaat härtere Regeln vonnöten sind“, meint Dahms, Generalsekretär des Landessportbundes Sachsen (LSB) und damit oberster Sportfunktionär im Freistaat.
„Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass selbst die besten Hygienemaßnahmen und -konzepte auch im Sport eine Ausbreitung des Virus leider nicht gänzlich verhindern können“, sagt Dahms und betont, dass „eine Ansteckungsgefahr allemal gegeben“ ist. Er appelliere daher jetzt umso mehr an die Vernunft aller, in sämtlichen Lebensbereichen „pro Gesundheitsschutz“ zu agieren.

Wirklich anfreunden kann aber auch er sich nicht mit den verschärften Maßnahmen, die von der Landesregierung insbesondere für den Sport beschlossen wurden und seit 22. November gelten. „Neben seinem gesundheitsstiftenden Aspekt fördert der Sport auch das soziale Gepräge. Viele fühlen sich nun allerdings benachteiligt und sind frustriert“, erklärt Dahms.
Derzeit ist Vereinssport in Sachsen ab 16 Jahre verboten (Ausnahme mit 3G-Regel für Profis und Kaderathleten), Sportstätten müssen zudem für den Publikumsverkehr geschlossen bleiben. Der Amateursport befindet sich damit bis auf Weiteres im Lockdown, Profiwettkämpfe finden unter Ausschluss von Zuschauern statt – nach der mit Abstand niedrigsten Impfquote und den höchsten Inzidenzzahlen ein weiteres sächsisches Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Pandemie-Bekämpfung.
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„Die erneute Vollbremsung und damit verbunden der Stillstand des organisierten Sports in Sachsen“, so sagt es Dahms, „ist ein herber Schlag für das gesamte System und führt es aus unserer Sicht an seine Grenzen.“
Bereits im Sommer hatte der LSB vor einem neuerlichen Lockdown gewarnt und verwies auf existenzielle Probleme des zumeist ehrenamtlich organisierten Sportbetriebs. Neben finanziellen Einbußen bei Vereinen befürchtet Dahms nun einen weiteren Mitgliederschwund und nicht zuletzt auch die Abkehr von Übungsleitern und Betreuern. Anfang 2021 verzeichnete der LSB elf Vereine und 20.000 Mitglieder weniger als im Vorjahr, davon 13.000 in der Altersgruppe der 0- bis 14-Jährigen.
Perspektivischer Plan für Sport im Winter notwendig
Dass Kinder und Jugendliche weiter im Verein trainieren dürfen, zumindest die unter 16-Jährigen, ist eine Lehre daraus. Und doch erscheint die Altersgrenze nicht nur Dahms willkürlich gewählt. Wie Karsten Günther, Sprecher der Initiative Teamsport Sachsen, bezeichnet er dies als einen schwer nachvollziehbaren Schritt, „dem auch keine wissenschaftlichen Erklärungen zugrunde liegen“.
Dahms kritisiert zudem den kategorischen Lockdown im Gesundheitssport, der sich unter anderem in der Schließung von Fitnessstudios und Schwimmhallen ausdrückt. Ausnahmen gibt es hier nur mit ärztlichem Attest. Damit würden Krankheitsbilder manifestiert.
Von der Landesregierung fordert er deshalb einen perspektivischen Plan, „wie das Sporttreiben im Winter auch unter Pandemiebedingungen fortlaufend zu gewährleisten ist“. Einen über den Dezember hinaus andauernden Sport-Lockdown werde der LSB nicht akzeptieren.