Landräte warnen vor Verlängerung der Impfpflicht

Eine mögliche Verlängerung der umstrittenen Impfpflicht für Gesundheitsberufe stößt bei Sachsens Landräten auf scharfen Protest. In einem Brief fordert der Landkreistag Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) auf, sich bei den Gesprächen mit dem Bund gegen eine Fortsetzung auszusprechen. Die Impfpflicht sei nicht umsetzbar und tauge in der Praxis nicht. „Im Gegenteil verschlimmert sie die personellen Notlagen der Einrichtungen noch, da Neueinstellungen derzeit nur bedingt möglich sind“, schreibt André Jacob, Geschäftsführer und Präsidiumsmitglied des Landkreistages.
Seit dem 16. März 2022 gilt in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Sie soll besonders gefährdete vulnerable Menschen, also Alte, Behinderte und Kranke, vor einer Infektion zu schützen. Die Regelung des Infektionsschutzgesetzes tritt am 1. Januar 2023 außer Kraft. So ist jedenfalls die geltende Gesetzeslage.
Doch trotz aller Kritik seitens der Kommunen, einiger Bundesländer sowie der Betreiber von Alten- und Pflegeheimen plant die Bundesregierung offenbar eine Verlängerung. Das geht aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Stand der Umsetzung und der Wirkungsweise der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hervor. Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungsmäßigkeit bestätigt. Eine Fortführung der Vorschrift werde geprüft und in Kürze mit Ländern und Verbänden abgestimmt, heißt es dort.
Personalausfälle können nicht ausgeglichen werden
Der sächsische Landkreistag fordert Ministerin Köpping auf, die bisherigen Erfahrungen und Probleme frühzeitig in die Beratungen mit dem Bund einzubringen. Wie von den Kommunen vorhergesagt, sei die Impfpflicht mit Blick auf die Versorgungssicherheit in der Praxis nicht umsetzbar. Einrichtungen des Gesundheits -und Pflegebereichs litten an Arbeitskräftemangel.
Personalausfälle, die durch die Impfpflicht verursacht würden, könnten nicht ausgeglichen werden, Neueinstellungen seien nicht möglich. Bundesweit seien bisher kaum Betretungsverbote ausgesprochen worden, auch auf Bußgeldverfahren hätten die Gesundheitsämter in der Regel verzichtet.
In Sachsen geben manche Beschäftigte lieber ihren Beruf auf, als sich impfen zu lassen. Eine Reihe von ihnen hat sich aber offenbar seit Einführung der Impfpflicht lieber doch noch impfen lassen. Die Quote ist im Laufe der vergangenen Monate von 65,7 auf 70 Prozent gestiegen. Das Gesundheitsministerium in Dresden schätzt, dass in Sachsen rund 300.000 Menschen unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen.
Die Heime und Krankenhäuser sind verpflichtet, regelmäßig Bericht zu erstatten. Anfang Juli belief sich demnach die Zahl der gemeldeten Personen, die keinen oder keinen vollständigen Nachweis vorgelegt haben, auf 39.417.Verglichen mit anderen Bundesländern ist die Zahl Ungeimpfter in der sächsischen Gesundheits- und Pflegebranche am höchsten. Das Robert-Koch-Institut meldete im April eine Quote von 18 Prozent ohne jeglichen Impfschutz. In Thüringen sind es elf Prozent, in anderen Bundesländern ist die Quote einstellig.