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Politik in Sachsen - die Morgenlage

Michael Kretschmer verteidigt Corona-Politik +++ Kommt der harte Lockdown? +++ 20 Intensiv-Patienten verlegt +++ Das sind die Ampel-Pläne für den Osten

Von Maximilian Helm
 6 Min.
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer steht unter Druck - die Zahlen in seinem Bundesland steigen unaufhörlich und langsam geraten die Krankenhäuser an ihre Grenzen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer steht unter Druck - die Zahlen in seinem Bundesland steigen unaufhörlich und langsam geraten die Krankenhäuser an ihre Grenzen. © dpa-Zentralbild

Guten Morgen,

die Anspannung und Dünnhäutigkeit ist ihm anzumerken. Der Eindruck zieht sich durch das ganze, fast einstündige Gespräch, das mein Kollege Fabian Deicke und ich am Dienstagabend mit dem sächsischen Ministerpräsidenten in der Staatskanzlei geführt haben. Sie können es quasi miterleben in der neuen Folge meines Podcasts „Politik in Sachsen“.

Michael Kretschmer steht unter Druck wie noch nie. Wie noch nie in seiner ganzen Amtszeit, wie noch nie in der Corona-Pandemie. Die späten, hektisch erlassenen Anti-Corona-Maßnahmen haben Sachsen in den vergangenen zwei Wochen zutiefst erschüttert. Spätestens die plötzliche Absage aller Weihnachtsmärkte hat auch dem Letzten klar gemacht, dass die Lage ziemlich ernst sein muss. Und trotzdem: Die Unterstützung für Michael Kretschmer schwindet derzeit rasant. Auch in den eigenen Partei-Reihen, bei Kommunal- und Regionalvertretern. Alle machen sich Luft in Richtung Dresden – versuchen den Druck aus der Kommune weiterzureichen, weil es immer schwieriger wird, ihm vor Ort standzuhalten.

Dabei ist längst absehbar, dass auch die jetzigen Corona-Maßnahmen nicht ausreichen werden, um die vierte, bisher härteste Welle in Sachsen auch nur zu verlangsamen. Ein umfassender Lockdown, auch für Gaststätten, den Einzelhandel und vermutlich auch zuletzt für Schulen und Kindertagesstätten rückt offenbar unausweichlich näher.

Michael Kretschmer weiß, dass er die Menschen darauf einstimmen, sie in dieser sensiblen Phase „mitnehmen“ muss. Denn eine Pandemie lässt sich nur bekämpfen, wenn möglichst viele sich noch einmal extrem disziplinieren. Die kommende Woche könnte bereits voll sein mit Entscheidungen. Die Zeit drängt. Wie noch nie. Es ist eine extrem angespannte Zeit für alle. Für alle, die in dieser Zeit politische Verantwortung tragen. Aber verantwortlich sind in dieser Phase der Corona-Bekämpfung ohnehin alle.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen

+++ Michael Kretschmer verteidigt Corona-Politik +++

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat im Interview mit Sächsische.de größere Handlungsspielräume für die Länder bei der Pandemie-Bekämpfung gefordert. Er gehe davon aus, so der Regierungschef, dass es in den nächsten Wochen eine bundesweite Diskussion geben werde, die auch "eine Korrektur der Vorstellungen in der Ampel-Koalition" bringen wird. "Wir haben in Sachsen als Zahl, die uns leitet, circa 3.000 Betten mit Corona-Patienten. Das ist die Zahl, die wir am 24. Dezember an der Spitze der damaligen Coronawelle hatten", sagt Kretschmer. Dies sei eine enorme Überlastung für die Krankenhäuser gewesen. "Unsere Prognose zeigt, dass wir in Sachsen diese 3.000 Betten in den nächsten 14 Tagen erreichen."

Eine Impfpflicht hält der Ministerpräsident für den falschen Ansatz. "Wir müssen nach dieser Krise auch weiter gemeinsam leben." Dafür sei es besser, wenn sich die Menschen aus eigener Überzeugung impfen ließen statt es im Zweifel gegen ihren Willen tun zu müssen. Doch auch: "Die, die sich partout nicht impfen lassen wollen, müssen für sich akzeptieren, dass sie sich zumindest in diesen Wintermonaten deutlich zurücknehmen müssen."

Das ganze Interview finden Sie:

+++ Plant Sachsen den harten Lockdown? +++

Reichen die Corona-Maßnahmen angesichts immer weiter steigender Infektionszahlen im Freistaat aus? Sachsens Staatsregierung könnte einen strikten Lockdown planen, der so bald wie möglich in Kraft tritt. Das berichten zumindest die Bild und die Leipziger Volkszeitung übereinstimmend. Laut Bild-Bericht ist "die komplette Schließung von Handel, Gastronomie, Kultur, Kunst, Veranstaltungen sowie Schulen und Kitas bis mindestens zum 9. Dezembervorgesehen." Die LVZ berichtet von den gleichen Plänen und zitiert zum Zeitpunkt ein Regierungsmitglied: "Eigentlich bräuchte man den umfassenden Lockdown 'eher heute als morgen'." In der sächsischen Koalition sei der Lockdown noch umstritten, vor allem die CDU habe sich zuletzt mit schärferen Regeln schwer getan.

+++ Mehr als 12.000 Neuinfektionen in Sachsen +++

Binnen 24 Stunden haben sich in Sachsen 12.431 weitere Menschen mit Corona infiziert - so viele Menschen wie noch nie seit Beginn der Pandemie im März 2020. Zum Vergleich: Der höchste vor November 2021 gemessene Wert stammt vom 23. Dezember 2020 mit 3.872 Neuinfektionen. Zudem wurden am Mittwoch 27 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung registriert. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 haben sich in Sachsen nachweislich 447.726 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 10.742 starben.

Innerhalb Sachsens lagen am Mittwoch insgesamt acht Landkreise über einem Inzidenzwert von 1.000. Den bundesweit höchsten Wert meldete der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 1.618,2. Die landesweit niedrigste Inzidenz registrierte das RKI für den Landkreis Görlitz (393,1) und die Landeshauptstadt Dresden (471,6). Doch wegen der überlasteten Gesundheitsämter und nicht gemeldeten Fällen gibt es berechtigte Zweifel an diesen Zahlen.

Alle Entwicklungen in der Corona-Pandemie lesen Sie in unserem Newsblog.

+++ 20 Corona-Intensivpatienten werden verlegt +++

Erstmals in der vierten Corona-Welle könnten in den kommenden Tagen Intensivpatienten aus Sachsen in andere Bundesländer verlegt werden. Der Freistaat hat die Verlegung von 20 Corona-Intensivpatienten beantragt, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die meisten von ihnen wurden bisher in Kliniken im Raum Chemnitz/Südwestsachsen behandelt. Wohin die sächsischen Patienten verlegt werden, ist aktuell noch unklar. Bundesweit wurden 80 Patienten zur Verlegung angemeldet.

+++ Das will die neue Bundesregierung für den Osten +++

Im heute vorgestellten Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sind einige Punkte vereinbart, die besonders den Osten betreffen. Dazu zählen Neuansiedlungen von Behörden und Wissenschaftszentren "bevorzugt in den ostdeutschen Bundesländern und strukturschwachen Regionen". Ein Konzept soll bis 2022 folgen. Im Kanzleramt arbeitet zudem künftig ein Staatsminister für die neuen Bundesländer. Der Posten geht an die SPD.

Weiterhin soll das "Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation" endlich entstehen. Und: Städte und Gemeinden will die Ampel von Altschulden entlasten. Im Vertrag heißt es, "dass es eine Berücksichtigung der Situation der ostdeutschen Kommunen gibt, die ebenfalls durch unverschuldete Altlasten herausgefordert sind."

Überblick: Das steht im Koalitionsvertrag.

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