Ein Jahr Corona - was die Krise für Dresden bedeutet

Dresden. Nicht ein Sonnenstrahl schafft es am Nachmittag des 7. März 2020 durch die dicke Wolkendecke, die über Dresden liegt. Sieben Grad zeigt das Thermometer. Halb Dresden ist auf den Beinen. Nicht um spazieren zu gehen. In den Supermärkten schieben sich die Menschen haltbare Lebensmittel in die Einkaufswagen - Riesaer Nudeln, Mehl, Konserven-Ravioli. Gern auch in Paletten. Pandemie-Panik hat die Stadt erfasst. Dabei konnten die Labore das neuartige Coronavirus bislang nicht in Dresden nachweisen. Zumindest nicht bis zu diesem 7. März. Ein Jahr ist das her. Ein Jahr, in dem sich vieles verändert hat.
Die Pandemie: Virus kostet fast 1.000 Menschenleben
Sachsens Gesundheitsministerium gibt am 7. März bekannt, dass sich ein Dresdner Rentner-Ehepaar infiziert hat. Die beiden Senioren sind aus Italien zurückgekehrt. Als sich Erkältungssymptome zeigen, suchen sie das Universitätsklinikum auf und lassen auf das Virus testen, das zu diesem Zeitpunkt bereits Hunderte Leben in Norditalien gefordert hat. Die Tests fallen positiv auf. Immerhin haben das Ehepaar seit seiner Rückkehr die Wohnung nicht verlassen und konnte niemanden anstecken.
Nur drei Tage später melden die Behörden die nächsten drei Corona-Fälle. Bei allen Personen kann das Gesundheitsamt eine Verbindung zu einem Südtirol-Aufenthalt herstellen. Trotz sofortiger Isolation erfasst eine erste Infektionswelle die Stadt. Gut 600 Menschen stecken sich nachweislich an, bei elf verläuft die Infektion so schwer, dass sie sterben. Die erste Welle ebbt ab. Dresden feiert, Dresden reist, Dresden hofft, die Pandemie bezwungen zu haben.
Doch schon während der Herbstferien kehrt die Pandemie mit Macht zurück. Sie soll die erste Welle in den Schatten stellen. Werden am 1. Oktober noch 864 Infektionen seit Pandemiebeginn gezählt, so sind es am 1. November 2.226 Ansteckungen und noch einmal einen Monat später 6.664. Der Höhepunkt der zweiten Welle soll erst nach den Weihnachtsfeiertagen erreicht werden, als am Tag mehr als 550 Neuinfektionen gemeldet werden.
Was das überhaupt heißt, kann Dresden erst im Januar realisieren. Viele Menschen, hauptsächlich Ältere, halten der Infektion nicht stand. Vom 1. Januar bis zum Jahrestag der Pandemie steigt die Zahl der Todesopfer von 275 auf 934. Alle seien an Corona verstorben, so die Stadt.
Es gibt Hoffnung, eine dritte, weniger tödliche Welle aufhalten zu können. Gestärkt wird die Hoffnung durch die Impfaktionen, Testmöglichkeiten, Selbst-Tests. Seit dem 31. Dezember wird in den Dresdner Alten- und Pflegeheimen gegen das Coronavirus immunisiert, seit Mitte Januar sind auch die über 80-Jährigen sowie Rettungskräfte, Ärzte und Pfleger dran. Doch die Aktion verläuft schleppend. Bis einschließlich 4. März konnten in den Heimen sowie im Impfzentrum in der Dresdner Messe gerade einmal rund 13.000 Menschen vollständig geimpft werden.

Die Finanzkrise: Millionen-Verluste für die Stadt
Das Dresdner Rathaus befindet sich seit März 2020 im Krisen-Modus. Dazu gehört auch der zweitweise Notbetrieb der Verwaltung - wer kann, arbeitet von zu Hause. Schwerwiegender als die Arbeitsbedingungen sind aber die finanziellen Verluste - vor allem durch Steuereinbrüche. Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) muss mehrfach auf die Bremse treten, verhängt eine Haushaltssperre und meldet immer wieder neue Millionen-Einbußen.
Konkret führt die Corona-Krise dazu, dass sich Dresden einige Großprojekte nicht mehr leisten kann. Das neue Verwaltungszentrum am Ferdinandplatz und der Umbau des Heinz-Steyer-Stadions zur Multifunktionsarena müssen über Kredite finanziert werden, die Dresden über eine Tochtergesellschaft aufnimmt.
Trotz alledem versucht die Stadt, die Gewerbetreibenden vor Ort nach Kräften zu unterstützen. Sie zahlt spezielle Corona-Hilfen in Millionenhöhe - die Soforthilfe für Kleinstunternehmer zum Beispiel. Auch Kita-Beiträge werden für die Zeit erstattet, in der keine Betreuung stattfinden kann.
Mit rund 13 Millionen Euro muss die Stadt ihre Töchter und Beteiligungen unterstützen, damit diese in der Krise nicht pleite gehen. Dazu kommen rund drei Millionen Euro an Corona-Prämien für die Rathaus-Mitarbeiter. Ende: offen.
Der Handel: Oster- und Weihnachtsgeschäft weggebrochen
Kein Oster- und Weihnachtsgeschäft 2020, seit Mitte Dezember erneut geschlossene Läden: Der Dresdner Einzelhandel ächzt unter den coronabedingten Einschränkungen. Die ersten Folgen sind bereits sichtbar: In der Altmarktgalerie und an anderen Standorten sind Schaufenster leer und abgeklebt. Der Sächsische Handelsverband rechnet damit, dass sechs von zehn Geschäften in der Dresdner Innenstadt schließen müssen. Damit würde sich die City auch optisch sehr verändern.

Rund 3.300 Läden aus allen Branchen und in allen Größen gibt es in Dresden, rund 40.000 Mitarbeiter sind darin beschäftigt, hat eine Untersuchung im Auftrag des Verbandes ergeben. Doch deren Zahl kann sich in den kommenden Monaten drastisch reduzieren. Die Kunden wandern verstärkt zu Internetanbietern ab und Experten prognostizieren, dass keinesfalls alle in den stationären Handel zurückkommen.
Selbst Geschäfte, die eine eigene Internetshops haben, können die Verluste nicht über diese Schiene ausgleichen. Kunden kaufen im Internet gezielter und preisbewusster als im Laden, schätzt Daniel Dorner von der Spielaxie in der Altmarktgalerie ein. Die Hoffnungen der Händler liegen nun auf einer schnellen, aber sicheren Öffnungsstrategie.
Gastronomie und Hotels: Türen bleiben zu, Betten leer
Hart war das vergangene Jahr auch für die Dresdner Gastronomen. Zweimal mussten sie komplett schließen, aus dem zweiten Lockdown sind sie längst nicht raus. Laut Gaststättenverband Dehoga haben die Restaurants und Hotels in Folge der Corona-Krise nie dagewesene Umsatzeinbrüche verzeichnet. 69 Prozent der Betriebe sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Dehoga hervor. Die Hilfen der Bundesregierung kommen nur schleppend.
Von ganz oben nach ganz unten in nur zwölf Monaten - das gilt auch für die Hotels und Pensionen in Dresden. 2019 zählte die Landeshauptstadt noch 2,3 Millionen Übernachtungsgäste sowie 4,7 Millionen Übernachtungen - ein Rekord. Durch die Pandemie kamen im vergangenen Jahr aber nur noch 1,2 Millionen Touristen (minus 49 Prozent), die zusammen rund 2,6 Millionen Übernachtungen (minus 45 Prozent) buchten. "Corona hat eine Krise historischen Ausmaßes im Tourismus ausgelöst", schätzt Marketing-Chefin Corinne Miseer die Lage ein. Die gesamte Tourismus-Branche in Dresden sowie dem benachbarten Elbland habe 2020 mindestens eine halbe Milliarde Euro an Umsätzen verloren, gemessen am Jahr davor. Daran ändert auch ein eigentlich gut laufender Sommer nichts.
Das Wichtigste zum Coronavirus in Dresden:
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