Sachsen
Merken

Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Corona-Proteste: Eskalation in Freiberg +++ Fast tausend Omikron-Fälle in Sachsen +++ Rückenwind für Kretschmer +++ Kliniken verstoßen gegen Personal-Quoten

 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wie in den vergangenen Wochen gab es auch gestern Abend etliche Corona-Demonstrationen in Sachsen. In Freiberg eskalierte die Lage kurzzeitig.
Wie in den vergangenen Wochen gab es auch gestern Abend etliche Corona-Demonstrationen in Sachsen. In Freiberg eskalierte die Lage kurzzeitig. © xcitepress

"Politik in Sachsen - Die Morgenlage" als E-Mail-Newsletter - hier kostenlos anmelden

Guten Morgen,

während heute die letzten Abstimmungsrunden zum neuen Corona-Regelwerk laufen, laufen an anderer Stelle schon mal parteiintern quasi die Tränen. Ist ein bisschen übertrieben, aber das darf an dieser Stelle ja auch mal sein. Schon aus Rücksicht auf die "Trauernden", die in diesem Falle erstaunlicherweise nicht nur in der sächsischen SPD zu finden sind.

Bekannt war der nahende Ruhestand von Hartmut Mangold schon länger. Doch etliche unter den Sozialdemokraten wollten über das baldige Ausscheiden ihres langgedienten Staatssekretärs am liebsten gar nicht erst sprechen – vor Sorge, was denn wohl danach noch Besseres kommen könnte.

Mangold war – nein, er ist es offiziell noch bis zum 1. Februar – die "verlässliche Säule" in der Landesregierung. So bezeichnete Wirtschaftsminister Martin Dulig den 65-jährigen Juristen gestern. Seit 2007 ist Mangold mit kurzer Unterbrechung Staatssekretär in Sachsen. Er begleitete die SPD durch alle Höhen und Tiefen – und davon gab es für die Partei, die erstmals 2004 mit der CDU Koalitionserfahrung sammeln durfte, nicht gerade eben wenige.

Was den bescheidenen Politik-Lenker Mangold aber so besonders im Reigen der sächsischen Staatssekretärs-Riege macht: Auch in der CDU sagen manche über Mangold, er sei ihr bester Mann. Das meinen sie nicht einmal böse-abfällig, sondern sehr anerkennend. Denn Mangold hat häufig Brücken gebaut, hart verhandelt, Bremsen gelöst, geräuschlos Streitigkeiten geklärt und strikt-sachorientiert Vorschläge erarbeitet, die am Ende für beide Seiten zur besten Lösung führten – bzw. beide Seiten glaubten, dass es so wäre. Und genau das schaffen eben nicht viele.

Es sind Fähigkeiten, die in der amtierenden Landesregierung schon seit einiger Zeit immer mehr abhanden zu kommen scheinen. Leider. Für alle Seiten.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Corona-Proteste: In Freiberg eskaliert es +++

Bei erneuten Corona-Demos in Sachsen hat sich in mehreren Städten Gegenprotest formiert. In Leipzig versammelten sich nach Polizeiangaben rund 300 Menschen auf dem Augustusplatz, auf dem sich in den vergangenen Wochen stets die Gegner der Corona-Politik getroffen hatten. Die Polizei musste sich immer wieder zwischen die rivalisierenden Gruppen drängen und sie stoppen. In Dresden protestierten nach Polizeiangaben mehrere hundert Menschen gegen die Corona-Maßnahmen. Im Bereich der Leipziger Straße seien 150 Maßnahmen-Gegner auf rund 70 Gegendemonstranten getroffen. Hier habe die Polizei eine Auseinandersetzung verhindert, sagte ein Sprecher.

In Freiberg hätten sich nach ersten Schätzungen etwa 700 Menschen versammelt, die immer wieder der Polizei ausgewichen seien, sagte ein Sprecher. Als die Beamten an einem Ort eine Sperre mit Fahrzeugen bildeten, habe es einen Durchbruch von etwa 100 Personen gegeben. Dabei sei ein Polizeifahrzeug beschädigt worden, der Verursacher sei in Gewahrsam gekommen. Es sei gesteigertes Gewaltpotential zu merken, sagte der Sprecher. Sächsische.de fasst das Demonstrationsgeschehen vom Montagabend zusammen.

Ein Zeichen für ein friedliches Miteinander hat die Stadt Pirna gesetzt - mit der Aktion "Eine Kerze für Pirna". Als visuelles Zeichen wurde am Montag eine übergroße Kerze ans Rathaus projiziert. Eine ähnliche Aktion gab es auch in Zittau, wo eine Projektion an das Rathaus aber immer wieder von Corona-Protestlern gestört wurde. In Bautzen entschieden sich die Demonstrierenden derweil gegen eine Ausnahmegenehmigung für 100 Menschen mit strengen Auflagen. Stattdessen gab es mehrere Versammlungen. Insgesamt waren rund 600 Menschen unterwegs. Die Polizei berichtete von Stein- und Flaschenwürfen gegen die Einsatzkräfte.

Derweil hat sich der frühere Landtagsabgeordnete Volker Bandmann (CDU) zu den Montagsdemonstrationen geäußert. Er gehörte zu den Initiatoren der Friedensgebete 1989 in Görlitz. Im Interview mit saechsische.de spricht er unter anderem über das Erbe der Friedlichen Revolution, das die Corona-Demos für sich reklamieren. Bandmann bezeichnet dies als "absurd".

+++ Fast tausend Omikron-Fälle in Sachsen +++

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Sachsen ist am Montag erneut gestiegen, liegt aber weiter unter dem bundesweiten Durchschnitt. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete einen Wert von 323,2, am Sonntag lag die Zahl leicht niedriger bei 319,4. Zum Vergleich: Vor einer Woche wurde für den Freistaat eine Inzidenz von 327,1 gemeldet, vor einem Monat waren es 1.081,9.

Die höchste Ansteckungsrate wies am Montag Dresden mit 394,1 aus, wie die Karte des Gesundheitsministeriums zeigt. Damit liegt die Landeshauptstadt neben dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (377,2) über dem bundesweiten Durchschnitt von 375,7. Die Kreise Meißen, Bautzen, Leipzig, Nordsachsen und die Stadt Leipzig vermelden Werte oberhalb der 300er-Marke, alle übrigen Gebiete bleiben darunter. Der geringste Wert wurde für den Landkreis Zwickau mit 248,1 verzeichnet. Alle aktuellen Entwicklungen zur Pandemie in Sachsen, Deutschland und der Welt gibt es in unserem Newsblog.

In den Krankenhäusern bleibt die Lage vergleichsweise entspannt. Die Zahl der Corona-Patienten auf Normalstationen stieg am Montag leicht auf 860, auf den Intensivstationen ging die Patientenzahl minimal auf 370 zurück. Die Zahl der vermuteten und nachgewiesenen Omikron-Fälle in Sachsen stieg hingegen nach Daten des RKI über das Wochenende deutlich - auf fast tausend. Allein in Dresden sind bislang hundert Fälle bekannt. Von den wenigen Omikron-Infizierten im Landkreis Bautzen werden milde Krankheitsverläufe berichtet.

+++ Rückenwind für Kretschmer +++

Sachsens CDU-Landeschef Michael Kretschmer kann mit Rückenwind seines Verbandes für den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der Bundespartei kandidieren. Der Landesvorstand nominierte Kretschmer am Montagabend einstimmig für die Wahl. Zuvor hatte der sächsische Ministerpräsident mehrfach signalisiert, dass er als einer von fünf Vizes von Friedrich Merz zur Verfügung steht. Der Landesvorstand unterstützt zudem die Kandidatur der Leipzigerin Jessica Heller als Beisitzerin im Bundesvorstand. Die Wahl steht am 22. Januar an.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung spricht Kretschmer unter anderem über seine Beweggründe und Ziele als CDU-Vizechef. Er glaube, dass die Menschen in den neuen Ländern etwas zur Erneuerung des konservativen Denkens beitragen könnten. "Die Erfahrungen aus den dreißig Jahren des Aufbaus, des Nicht-Sattseins, der Sorge auch darüber, dass Erfolge wieder verloren gehen können, dass wir erkennen, was uns die Marktwirtschaft gebracht hat. Und das sie das überlegene System gegenüber Sozialismus und Diktatur ist." Darauf aufbauend wolle er ein gutes Programm bauen für die CDU in Deutschland, so Kretschmer.

+++ Pflege: Personalquoten immer öfter verfehlt +++

Sachsens Krankenhäusern fällt es zunehmend schwer, sich bei dem Einsatz von Pflegepersonal an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Das geht aus aktuellen Angaben von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der AfD im Landtag hervor. Demnach wurden allein im vergangenen Jahr bei mindestens 7.320 Dienstschichten in sächsischen Krankenhäusern die vorgegebenen Mindestgrenzen für das einzusetzende Pflegepersonal verfehlt. Betroffen sind inzwischen alle 73 Krankenhäuser, die heute im Freistaat einer Meldepflicht unterliegen - mehr als 2020. Zu Personaldefiziten kommt es mittlerweile in nahezu allen Fachbereichen.

Die AfD-Landtagsfraktion forderte die Staatsregierung angesichts der neuen Statistik zum Handeln auf. "Gerade vor dem Hintergrund einer kommenden Impfpflicht und der Tatsache, dass bereits in der Vergangenheit ein Personalnotstand zu vernehmen war, sind die Zahlen mehr als alarmierend", sagte der Abgeordnete André Wendt.


Der Newsletter "Politik in Sachsen"

© Screenshot

>> Noch mehr News, die Titelseiten-Übersicht aller sächsischen Zeitungen und die Terminvorschau gibt es in der Komplettversion der "Morgenlage" jeden Morgen 5 Uhr bequem als E-Mail-Newsletter. Interesse? Dann hier kostenlos den Newsletter bestellen. <