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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Kretschmer verteidigt Schwarzer-Brief + Leise Kritik vom Innenminister + SPD fordert Schröders Parteiaustritt + Grünen-Chef zieht sich zurück

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Sachsens Innenminister Armin Schuster will nach den Gewaltausbrüchen vom Sonntag mehr Polizeipräsenz im Freistaat.
Sachsens Innenminister Armin Schuster will nach den Gewaltausbrüchen vom Sonntag mehr Polizeipräsenz im Freistaat. © dpa-Zentralbild

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Guten Morgen,

in Hochwasser-Zeiten, Kriegen und bei sonstigen Katastrophen ist der partei-)politische Tourist ein häufiger, aber nicht immer gern gesehener Gast.

Wer sich noch an das "Jahrtausend-Hochwasser" 2002 erinnert, wird die Bilder der zahlreichen Politprominenz in Erinnerung haben, die sich damals kurz vor einer Bundestagswahl die Füße im nassen Sachsen vertrat und versuchte, dabei mit Blick auf die Wahl "an Land zu kommen".

Bundeskanzler Gerhard Schröder stapfte damals mit schicken schwarzen Gummistiefeln und grünem Regen-Anorak durchs triefende Sachsen-Land. Begleitet vom damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt – in schnöde-normalen gelben Gummistiefeln, unprätentiös, wie man ihn kennt. Im größten Unglück zum Glück für Sachsen, denn sonst wären vermutlich die Milliarden-Hilfszusagen aus Berlin damals nicht so schnell und keineswegs so zahlreich gekommen. Übrigens: Der damalige Herausforderer, CSU-Kandidat Edmund Stoiber, verpasste damals die richtig-wichtige Gelegenheit, im Katastrophengebiet Punkte zu sammeln. Er urlaubte erst zu Ende auf der Insel Juist und kam erst danach – viel zu spät, um noch politisch Punkte zu sammeln im Katastrophen-Gebiet.

Warum ich die kleine Geschichte erzähle? Weil mich der "Kiew-Tourismus" dieser Tage in Teilen (!) daran erinnert. Die Promi-Dichte wächst mit jedem Kriegs-Tag. Gut so, auf der einen Seite – denn jeder, der dort hinfährt, will ein Stück Solidarität der freien Welt überbringen. Aber man kann es auch übertreiben. Nun drängeln sich CDU-Chef Friedrich Merz und Linkspartei-Urgestein Gregor Gysi gerade (im übertragenen Sinne) um ein Besuchs-Ticket in Kiew. Während Außenminister Baerbock sich offenbar kurz vor Abflug befindet, will Olaf Scholz nicht fliegen, weil da ja noch die Ausladung von Bundespräsident Steinmeier diplomatisch im Wege steht. Alles ein bisschen viel? Ja, vielleicht ein bisschen weniger Flug-Bereitschaft, dafür mehr "Aufklärungs-Flüge" im eigenen Land. Denn in Deutschland sind längst nicht alle so einig, überzeugt und darauf eingestimmt, was der Ukraine-Krieg noch bringt oder bringen könnte.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Gewaltausbrüche: Leise Kritik vom Innenminister +++

Nach den Gewaltausbrüchen rund um eine Demonstration der rechtsextremen Kleinpartei Dritter Weg in Zwickau bewertet Sachsens neuer Innenminister Armin Schuster (CDU) die Arbeit der Polizei positiv, drängt aber auch auf Verbesserungen. "Die Polizei hatte die Versammlungslage in Zwickau zu jeder Zeit im Griff", schrieb er in einem auf Twitter veröffentlichten Statement. "Künftig muss auch auf den An- und Abmarschwegen noch mehr polizeiliche Stärke gezeigt werden." Schuster äußerte sich zudem besorgt über die Gewaltbereitschaft im linken Lager. Rechtsextremismus bleibe aber das vordringliche Problem in Sachsen.

Derweil wertet die Polizei Videomaterial aus. "Es gibt Videos bei Twitter, auf denen Angreifer zu erkennen sind", sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Montag. Im Zug selbst seien außerdem Überwachungskameras installiert, deren Aufnahmen jetzt ebenfalls analysiert würden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete den Angriff Rechtsextremer auf einen Regionalzug in Glauchau als verstörend.

+++ Ukraine: Kretschmer verteidigt offenen Brief +++

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die öffentlichen Kritiker von deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigt. Laut Bild-Zeitung sagte er in einer gemeinsamen CDU-Präsidiumssitzung am Montag in Düsseldorf: "Der offene Brief an den Kanzler bildet nicht die Mehrheit der veröffentlichten Meinung ab, aber durchaus die Mehrheitsmeinung der Gesellschaft – auch meine." Gegenüber saechsische.de sagte Kretschmer am Montagabend, dass viele Menschen die im Brief beschriebenen Bedenken und Sorgen teilten. "Damit muss man sich ernsthaft auseinander", forderte Kretschmer, der auch CDU-Bundesvize ist. "Bei einer so wichtigen Frage wie Krieg und Frieden, die uns alle betrifft, sollte ein breites Spektrum von Meinungen mit in die Diskussion einbezogen werden. Man muss sich ernsthaft damit auseinander."

+++ Sachsen-SPD fordert Schröder zum Austritt auf +++

Wegen seiner Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin hat die sächsische SPD Altkanzler Gerhard Schröder zum Austritt aus der Partei aufgefordert. Der Angriffskampf Putins auf die Ukraine sei durch nichts zu rechtfertigen, sagte die Landesvorsitzende Kathrin Michel. "Wenn Gerhard Schröder das anders sieht, ist das seine Privatsache. Mit den Werten der SPD, den Werten der Genossinnen und Genossen ist das nicht vereinbar, und er sollte aus der Partei austreten."

+++ Sachsens Grünen-Chef zieht sich zurück +++

Der Grünen-Landesvorsitzende Norman Volger wird bei der Wahl zum Landesvorsitz Mitte Mai nicht mehr antreten. Das berichtet die Leipziger Volkszeitung. Demnach nannte Volger zunächst keine Gründe für seine Entscheidung. Die Leipziger Grüne Marie Müser hatte angekündigt, Volger beim Parteitag herauszufordern. Die Co-Landesvorsitzende Christin Furtenbacher hat keine Gegenkandidatin oder -kandidaten.

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