Dresden. Grundschüler und Abschlussklassen an Oberschulen, Gymnasien und Berufsschulen dürfen zwar wieder in ihre Schulen gehen, für die restlichen Schüler bleibt es allerdings weiter bei häuslicher Lernzeit– mindestens noch bis Mitte März.
Auch wenn die Schulen wieder für die Fünft- bis Zehntklässler öffnen, wird es keinen dauerhaften Präsenzunterricht für alle geben. Damit nicht alle Schüler gleichzeitig in der Schule sind, werden die Klassen geteilt: Eine Hälfte lernt in der Schule, die andere zu Hause. Dann wird gewechselt.
„Seit einem Jahr befinden sich die sächsischen Schulen im Krisenmodus“, sagt Andreas Ueberbach, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen in Ostsachsen. „Für das Kultusministerium scheint es nur die Wahl zwischen Präsenzunterricht und Ausnahmezustand zu geben.“ Es fehle eine „gründliche Auseinandersetzung“ mit dem Fernunterricht und dem Einsatz digitaler Technik. „Im Ministerium heißt es offenbar nur: ‚Augen zu und durch!‘. Dabei wissen wir nicht, wie lange und wie oft wir noch auf derartige Alternativen zum Präsenzunterricht angewiesen sind“, sagt Ueberbach.
Verbindliche Grundlagen und gute Kontrollmechanismen fehlen. Die Arbeitsgemeinschaft hat deswegen eine Änderung des Schulgesetzes vorgeschlagen. Der Gesetzentwurf wird derzeit mit den Bildungsexperten in der SPD-Fraktion diskutiert und soll dann den Koalitionspartnern von CDU und Grünen vorgeschlagen werden.
Mindeststandards für den Unterricht
Ziel des Gesetzentwurfes sei es, den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schulen möglichst „gleichmäßig und qualitativ hochwertig“ umzusetzen, auch wenn schulische Präsenzzeit fehlt. Mindeststandards der Unterrichtsqualität sollen für Chancengleichheit sorgen. Alle Schulen müssten pädagogische Konzepte für den Fernunterricht erarbeiten, wie es sie in Form von Bildungskonzepten oder Schulprogrammen für den Präsenzunterricht schon gibt. Die Schulen und Lehrkräfte blieben nach dem Gesetzentwurf eigenverantwortlich, nur sie können die Besonderheiten vor Ort beurteilen und passend handeln, heißt es. Auch die Erfahrungen der Schüler und Eltern sollen mit in die Fernunterrichtskonzepte einfließen.
Je nach technischer Ausstattung und pädagogischer Einschätzung soll digital unterrichtet werden. „Wenn es den Schulen möglich ist, haben sie sich digitaler Instrumente des Fernunterrichts zu bedienen“, heißt es. Der Freistaat muss dafür sorgen, die digitale Infrastruktur des Landes schnellstmöglich auszubauen und dauerhaft sicherzustellen. Außerdem müssen zumindest bedürftige Schülerinnen und Schülern eine digitale Mindestausstattung bekommen. Lehrer sollen verpflichtet werden, die fortzubilden. Lerndefizite, die während der letzten und aktuellen Fernlernzeit entstanden sind, müssen festgestellt und ausgeglichen werden.
Eltern fordern einheitliche Vorgaben
Eltern und Schüler hatten ebenfalls ein verbindliches Konzept für den digitalen Unterricht gefordert – eine entsprechende Online-Petition einer Mutter aus Leipzig hat mittlerweile mehr als 4.100 Unterzeichner. Deren Ziel sind einheitliche Vorgaben für alle Schulen und Lehrkräfte, die etwa verbindliche Stundenpläne mit Online-Präsenzzeiten und feste Strukturen definieren, damit alle Schüler gleichermaßen mitkommen.
Vorgeschlagen wurden auch regelmäßige Video-Konferenzen mit dem Klassenlehrer. Dazu soll es entsprechende Schulungen geben, damit digitaler Unterricht nicht vom Engagement einzelner Lehrer abhängig ist. Auch der Lehrplan muss an den digitalen Unterricht angepasst werden. Sonst hänge der Lernerfolg direkt vom Engagement der Lehrkräfte und der Schulleitungen ab.
Auch nach Ansicht der sozialdemokratischen Juristinnen und Juristen verlassen sich die Verantwortlichen bisher zu sehr darauf, dass sich die Betroffenen selbst behelfen. „Mit viel Engagement und starkem Willen versuchen die betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern und Lehrkräfte, die Krise bestmöglich zu meistern“, so Ueberbach. Das könne aber nicht verhindern, dass viele von ihnen durchs Raster fallen.“ Und das trifft vor allem die Schwächsten.“
Schulen sind eigenverantwortlich
Das Kultusministerium hatte einheitliche, verbindliche Vorgaben für alle Schulen abgelehnt. Die Schulen seien dafür zu vielfältig. „Staatliche Vorgaben, wann welche digitalen Dienste wie zu nutzen sind, würden der Situation in der jeweiligen Schule und Klasse nicht gerecht.“ Ob und wie eine Schule die Lernplattformen, das Videokonferenzsystem und andere Anbieter nutzt, könnten und müssten allein die Schulen entscheiden.
Allerdings gebe es sehr wohl Standards dafür, wie die häusliche Lernzeit gestaltet werden soll. Lehrer müssten verlässliche Strukturen aufbauen: Wann wie viele Aufgaben gestellt werden, wie viel Zeit zur Lösung bleibt und wie oft es Feedback gibt, teilt das Ministerium in seinem Blog mit. Sie sollten regelmäßig für Schülerinnen und Schüler sowie für die Eltern ansprechbar sein. Die Lehrkräfte entscheiden, welche Unterrichtsmethoden – etwa Erklärvideos oder Aufgabenstellungen für Gruppen- und Partnerarbeit – sie einsetzen, und in welchem Umfang neben digitalen Medien auch Schulbücher, Arbeitshefte oder Arbeitsblätter verwendet werden. „Ein vollständiger Verzicht auf Online-Angebote ist nicht angemessen“, heißt es.