Pirna: Konzert mit plötzlicher Pause

Viele, die am Sonnabend, gegen 15 Uhr, durch die Pirnaer Altstadt liefen, hatten ein gemeinsames Ziel: den Platz vor dem Canaletto-Haus. Von hier waren schon die Probentöne der Musiker um Peter Lippert zu hören. In einer halben Stunde beginnt das erste diesjährige Konzert der "anständigen Lieder". Es sind gut hundert Leute, die gekommen sind. Platz ist genug. Organisator Lippert ist überrascht und weist noch einmal auf die Abstände hin. "Ich freue mich, dass sie da sind", sagt er. Die Lieder werben wie voriges Jahr schon für Anständigkeit, Menschlichkeit, Toleranz in dieser Stadt. Und sie sind an diesem Sonnabendnachmittag auch ein Zeichen für das Leben und die Kultur.
"Und nächstes Jahr mache ich frei"
Für die Leute, die aus Pirna, Heidenau und umliegenden Orten gekommen sind, ist es wie ein Erwachen. Viele kennen sich, begrüßen sich mit Abstand, aber nah im Herzen. Man holt sich einen Kaffee, ein Eis. Sogar die Sonne scheint durch die Wolken zu blinzeln und sich zu freuen. Die Lieder sind nicht immer perfekt, aber darauf kommt es nicht an. "Nichts bleibt, wie war", singt zum Beispiel Kai-Uwe Jahn, der auch voriges Jahr schon dabei war. Simon Mross, ein junger Mann, ist spontan dazu gekommen. Anja Schumanns Lied "Ganz neu" entstand um den Jahreswechsel 2019/20. Die Zeile "Und nächstes Jahr mach ich frei" schrieb sie damals nach einem sehr intensiven Jahr. Dass das nächste so frei würde und die Pause so lange dauert, das hatte die Gottleubaerin damals nicht gedacht.
Zwischendurch haben drei Kinder ihren Auftritt und werden beklatscht. Eigentlich sind alle Lieder Liebeserklärungen. An das Leben. Wenn "Satt zu essen" erklingt, dann geht es nicht nur um Brot, sondern um Nahrung für die Seele. Und genau die haben die Leute, die auf dem Markt stehen und sitzen, gebraucht.
Aufregung bei der Polizei und geklauter Strom
Gegen 17 Uhr dann eine ungeplante Unterbrechung. Kein Mikrofonreinigen, kein Technik justieren, kein Ruf nach dem Keyboarder. Eigentlich sollte Konzert fast zu Ende sein. Der Grund für die Pause: die Polizei. Ein Polizist spricht auf der improvisierten Bühne mit Lippert.
Ein Polizist sagt, man sei vorbeigefahren und habe einen Schreck bekommen. So viele Leute, und die meisten ohne Maske. Eine ungenehmigte politische Kundgebung? Nein, "nur" ein Konzert. Lippert erinnerte noch einmal alle an die Maske - und das Konzert ging weiter. Ein anderer Polizist sprach davon, man sei von einer Anwohnerin des Marktes informiert worden. Tatsächlich hatte sich eine Bewohnerin des Canaletto-Hauses beim Chef der städtischen Wohnungsgesellschaft Jürgen Scheible, der auch anwesend war, beschwert. Aber nicht über die Leute, sondern darüber, dass die Musiker "Strom klauen", den sie dann bezahlen müsse. Scheible sprach von einem Stromverbrauch von vielleicht 50 Cent, die auf alle Mieter es Hauses umgelegt würden. Nichtsdestotrotz bot er ihr eine Gutschrift an.
Das nächste Konzert in zwei Wochen
Die Polizei telefonierte indes herum, da ihr die Veranstaltung nicht bekannt war. Inzwischen sang vorn spontan Britta Sommer. Als das Konzert schließlich gegen 17.30 Uhr nach zwei Stunden zu Ende war, noch ein Gespräch zwischen Polizei und Lippert. Der hatte mit der Stadt alles abgesprochen und sah das als Anmeldung und Genehmigung. Die Polizei will das am Montag noch einmal klären. Außer von Lippert und einem weiteren Musiker wurden keine Daten von Teilnehmern aufgenommen.
Zwei Wochen ist jetzt Zeit bis zum nächsten "anständigen Konzert", alles zu klären. Bis Ende Juli sollen die stattfinden und dann nach einer Pause wieder ab September bis in den Herbst.
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