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So produziert TDDK unter Corona-Bedingungen

Im ersten Lockdown stand bei dem Automobilzulieferer in Straßgräbchen die Produktion wochenlang still. Warum es jetzt anders läuft.

Von Reiner Hanke
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Sandro Zimmermann ist einer von rund 950 Beschäftigten bei TDDK in Straßgräbchen. Anders als während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 läuft jetzt die Produktion weiter.
Sandro Zimmermann ist einer von rund 950 Beschäftigten bei TDDK in Straßgräbchen. Anders als während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 läuft jetzt die Produktion weiter. © Archivfoto: Matthias Schumann

Straßgräbchen. Für Grenzpendler beginnt die Dienstagsschicht bei der TD Deutsche Klimakompressor (TDDK) GmbH in Straßgräbchen bei Kamenz seit Neustem anders als gewohnt. Bevor sie an ihre Arbeitsplätze in die Produktion gehen, führt der Weg erstmal in den Gesundheitsraum. Dort steht Fachpersonal eines Pflegedienstes bereit. Das nimmt mit Wattestäbchen Proben aus Rachen und Nase.

Nach 20 Minuten steht fest, wer an den Arbeitsplatz darf und wer nicht. Denn bei einem positiven Test ist die Schicht gleich wieder zu Ende, und es muss umdisponiert werden. „Einen Fall hatten wir an diesem Dienstag, drei in der Vorwoche von den etwa 35 Grenzgängern“, sagt Ronald Juhnke, Vizepräsident des Autozulieferers. Die betroffenen Arbeiter aus Polen müssen sich dann beim Gesundheitsamt in ihrer Heimat melden und in häusliche Quarantäne gehen.

„Die Organisation der Tests kostet viel Zeit und Kraft“, schätzt Personalleiterin Stefanie Fritzsche ein. Die Tests der Grenzgänger gehören mit zu den Corona-Auflagen für Unternehmen, die jetzt in Kraft getreten sind und den Corona-Schutz zumindest teilweise weiter verschärft haben – auch in der Wirtschaft. Zu Recht, schätzt Ronald Juhnke ein, auch wenn die Einschränkungen mit viel Aufwand verbunden seien. Denn gerade im Kreis Bautzen seien die Infektionszahlen zwar gesunken, aber immer noch deutlich zu hoch.

24 Mitarbeiter aktuell an Corona erkrankt

So bilde auch TDDK mit Schwankungen etwa den Kreisdurchschnitt bei den Infektionen ab. Derzeit seien 24 Mitarbeiter erkrankt, etwa 35 in Quarantäne. Dazu kämen noch Mitarbeiter, die wegen der Kinderbetreuung zu Hause sind. Die wenigsten Infektionen entstünden allerdings innerhalb der Firma, sondern fast alle im familiären Umfeld, zum Beispiel wenn Ehepartner im medizinischen- oder Pflegesektor arbeiten.

Wichtig ist dem Vize-Chef, dass nun auch bei TDDK die Zahlen sinken. Leider gebe es wie überall da und dort Leute, die die Pandemie nicht ernst nehmen. Deshalb sei die Ansage klar: „Wir dürfen keine Verstöße dulden.“ So sollen die Mitarbeiter jetzt auch möglichst auf Fahrgemeinschaften verzichten, um Kontakte weiter zu minimieren.

Feste Teams sollen Kontakte reduzieren

Außerdem habe das Unternehmen feste Teams gebildet, zum Beispiel in der Buchhaltung und Produktionsplanung. Die seien teilweise auch räumlich voneinander getrennt. Es gebe zudem Varianten, im Wechsel ein Team ins Homeoffice zu schicken und eins vor Ort einzusetzen. Zum Beispiel im Technik-Bereich, um die Abläufe gewährleisten zu können. Denn solche Aufgaben ließen sich eben nicht alle vom Heim-PC erledigen.

In einem Produktionsbetrieb sei Homeoffice eher die Ausnahme, die Fließbandarbeit lasse sich nicht nach Hause verlagern. Die meisten der 950 Beschäftigten seien eben in der Produktion tätig; etwa 30 seien im Homeoffice - überall da, wo es möglich ist, erklärt Personalleiterin Stefanie Fritzsche. Aufgrund der neuen Gesetzeslage werde die Möglichkeit für Homeoffice noch einmal in allen Bereichen geprüft.

Noch mehr Abstand beim Mittagessen

Das Mittagessen gibt es weiterhin in der Kantine, aber unter besonderen Bedingungen. Denn am Arbeitsplatz, bei den meisten am Fließband, sei das Essen schlicht unmöglich. Deshalb seien Ausnahmen vom Kantinen-Verbot für Produktionsbetriebe erlaubt. So hat das Unternehmen die Papp-Trennwände auf den Tischen aus dem Frühjahr inzwischen aussortiert.

Jetzt sitzen nur noch zwei Mitarbeiter an einem Tisch, getrennt durch Plexiglasscheiben. Sichtkontakt ist also wieder möglich. Außerdem wurden die Tische auseinandergezogen, um Abstand zu schaffen, gestreckt wurden ebenso die Essenszeiten. Die Tische werden regelmäßig gereinigt. Es gibt keine Selbstbedienung mehr, wie an der Nudeltheke. Nur so sei der Betrieb der Kantine noch erlaubt.

Die TDDK-Kantine darf weiterhin öffnen, aber mit größeren Abständen und Plexiglasscheiben auf den Tischen.
Die TDDK-Kantine darf weiterhin öffnen, aber mit größeren Abständen und Plexiglasscheiben auf den Tischen. © privat

Auch bei dem Kompressoren-Bauer dürfen jetzt jetzt nur noch die hellblauen medizinischen Masken getragen werden. Die stellt das Unternehmen bereit. Die Pflicht wurde jetzt ausgeweitet. Außerdem gilt ein strikter Besucherstopp.

Die Produktion könne trotz pandemiebedingten Ausfalls von Personal abgesichert werden. Dafür lenke man Mitarbeiter um und setze Ersatzkräfte ein, erklärt Stefanie Fritzsche. Um die 100 Zeitarbeiter würden derzeit die Lücken in der Belegschaft schließen.

Probleme mit Materialnachschub

Doch die TDDK-Chefetage plagten in den vergangenen Wochen noch andere Sorgen. Weil Häfen überlastet waren, stockte der Materialnachschub. Froh ist Vizepräsident Juhnke aber darüber, dass die Forderung, auch noch die Wirtschaft herunter zu fahren, vom Tisch ist. Damit das so bleibt, seien eben auch die innerbetrieblichen Schutzmaßnahmen einzuhalten.

„Ein zweiter harter Lockdown, so wie er in den letzten beiden Wochen diskutiert wurde, ist für uns ehrlich gesagt undenkbar“, sagt Ronald Juhnke. Auch wenn TDDK ein solches Szenario vermutlich „mit einigen Blessuren mehr, aber sicher ähnlich wie das letzte Mal überstehen würde. Aber Deutschland als Volkswirtschaft eher nicht.“

Die Produktion habe sich nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 wieder stabilisiert und liege im Januar bei 520.000 Klimakompressoren für Pkws. Die einmal angepeilten jährlich sieben Millionen Kompressoren seien im kommenden Geschäftsjahr wohl noch nicht zu erreichen. Das Unternehmen hofft auf 6,5 Millionen, die weltweit für angenehmes Klima in den Autos sorgen.

Auch die Sitzbänke auf dem Werksgelände sind gesperrt, damit die Belegschaft Abstand hält. Das war schon im vorigen Lockdown so.
Auch die Sitzbänke auf dem Werksgelände sind gesperrt, damit die Belegschaft Abstand hält. Das war schon im vorigen Lockdown so. © René Plaul

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