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Tschechien führt 2G-Regeln ein

Tschechien lässt vielerorts nur noch Geimpfte und Genesene rein - und das ohne völlige Zustimmung der neuen Regierung.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Eine Frau geht bei Regen durch die fast menschenleere Altstadt. Die Tschechische Regierung hat ihre Corona-Regeln stark verschärft.
Eine Frau geht bei Regen durch die fast menschenleere Altstadt. Die Tschechische Regierung hat ihre Corona-Regeln stark verschärft. © VÌt äim·nek/CTK/dpa

Prag. Prag - Die fröhliche Feierstimmung vom Mittwoch, dem Jahrestag des Beginns der Samtrevolution 1989, ist in Tschechien am Donnerstag von der ernüchternden Lage im Kampf gegen das Corona-Virus abgelöst worden. Die Inzidenzen im Nachbarland übersteigen alle Rekorde im bisherigen Verlauf der Pandemie. Am Donnerstag wurden mehr als 4.400 Menschen mit Covid-Beschwerden in den tschechischen Krankenhäusern behandelt. In rund 660 Fällen gab es einen schweren Verlauf der Erkrankung. Auf den Intensivstationen waren nur noch etwa 1.500 Betten frei.

Um die Kliniken und das erschöpfte Personal dort nicht über Gebühr zu belasten, hat die nach den Wahlen nur noch amtierende Regierung Babiš die Zügel noch einmal angezogen. In Anlehnung an Vorschriften in Deutschland wird ab dem kommenden Montag das gesellschaftliche Leben von der 2G-Regel bestimmt: „Dieses relativ normale Leben gilt nur noch für Geimpfte und Genesene. Ein negativer Test ist nicht mehr ausreichend, auch kein PCR-Test.“ Das erklärte Premier Andrej Babiš nach einer außerordentlichen Sitzung des Kabinetts.

Schwache Impfrate in Tschechien

Ohne geimpft oder genesen zu sein, bleibt den Tschechen beispielsweise der Besuch von Restaurants, Sport- oder Kulturveranstaltungen oder der Gang zum Friseur verwehrt.

Gleiches gilt für die Beherbergung in Hotels oder für den Besuch in Museen oder Zoologischen Gärten.

Ausgenommen von den massiven Einschränkungen sind im wesentlichen nur Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr sowie Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können.

Premier Babiš und Gesundheitsminister Adam Vojtěch verheelten nicht, dass mit der Einführung der 2G-Regeln vor allem der Druck auf diejenigen Menschen erhöht werden soll, die sich bislang einer Impfung verweigern. Die Gefahr, schwer zu erkranken, liege bei Ungeimpften neunmal höher als bei Geimpften.

Von den 10,5 Millionen Einwohnern Tschechiens sind derzeit 6,2 Millionen zweimal geimpft. Das ist eine der schwächsten Raten innerhalb der EU. Seit sich die verschärften Regeln abzuzeichnen begannen, hat das Impfinteresse tatsächlich zugenommen. An einem Impfzentrum im Prager Hauptbahnhof warteten die Leute am Donnerstag bis zu dreieinhalb Stunden auf ihre Spritze.

Betreiber fürchten Einbrüche

Die Regierung will zudem flächendeckende wöchentliche Tests in den Schulen fortsetzen und auch wieder die Firmen zu regelmäßigen Tests verpflichten. Die neuen Regeln sollen bis Ende Februar kommenden Jahres gelten.

Ob das so sein wird, hängt nicht nur vom Pandemiegeschehen ab, sondern auch von der politischen Entwicklung: Kommenden Freitag soll der Liberal-Konservative Petr Fiala von Präsident Miloš Zeman zum neuen Regierungschef ernannt werden. Die komplette neue Regierung dürfte binnen drei Wochen mit der Arbeit beginnen.

Bei der Debatte über die jetzt getroffenen Maßnahmen gab es keine Einigung zwischen geschäftsführender und künftiger Regierung. Deshalb entschied sich die amtierende Regierung, die 2G-Regeln allein durchzusetzen.

In den kommenden Tagen will die alte Regierung überdies noch darüber beraten, wie den Firmen geholfen werden kann, die unter den künftigen Bedingungen Einbußen zu erwarten haben. Erster Protest kam erwartungsgemäß von den Gastwirten und Hotelbetreibern. Dort genügte bislang ein negativer Test, um bedient beziehungsweise untergebracht zu werden. Die Betreiber fürchten jetzt mit dem Ausfall der „nur Getesteten“ um neuerliche Einbrüche ihres Geschäfts.