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Warum Waltersdorf jetzt einen Baum hat

Die Idee kam zwei Männern im Sommer. Gedacht war es anders, doch weil der Baum für mehr als Weihnachten steht, wurde er gerade jetzt aufgestellt.

Von Heike Sabel
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Robby Kneschk (vorn), Carsten Ullrich und Kevin sind von der großen Runde übrig geblieben, die den Weihnachtsbaum aufstellen sollte. Corona hat ihre Pläne durchkreuzt, der große Plan aber bleibt.
Robby Kneschk (vorn), Carsten Ullrich und Kevin sind von der großen Runde übrig geblieben, die den Weihnachtsbaum aufstellen sollte. Corona hat ihre Pläne durchkreuzt, der große Plan aber bleibt. © Marko Förster

Er würde wohl bei keinem Schönheitswettbewerb gewinnen, doch für die Waltersdorfer ist ihr Tannenbaum der schönste. Und noch dazu seit vielen Jahren mal wieder der erste Weihnachtsbaum überhaupt im Ort. Eigentlich geht es auch gar nicht um den Baum, sondern ums Dorf. Das hat in zwei Zugezogenen große Befürworter.

Robby Kneschk ist der Eine. Der junge Mann hat einen Metallbau-Handwerksbetrieb in Walthersdorf und zog von Cotta der Liebe wegen nach Waltersdorf. Für ihn ist Dorf Gemeinschaftsgefühl, Geschichte und Zukunft. Kneschk will die Dorfflucht aufhalten und ist selbst hier angekommen. Einen ehemaligen Bauernhof hat er zu seiner Handwerksstätte umgebaut. So bleibt, was war und hat Platz, was ist und wird.

Neues Leben in der alten Schule

In Waltersdorf, einem Ortsteil von Liebstadt, lebten vor zwei Jahren 72 Menschen. So viele wie in manchen Häusern in der Stadt. In einer halben Stunden kommt gefühlt die Hälfte vorbei und winkt. Näher ran dürfen sie ja im Moment nicht. Die Idee zum Weihnachtsbaum entstand im Sommer, weil da sitzt man zusammen und im Winter ist nicht viel los. Sie hatten es sich so schön gedacht. Die Männer fällen den Baum und stellen ihn auf, die Kinder schmücken ihn, die Frauen haben gebacken. "So eine richtige gemütliche Dorfrunde", sagt Carsten Ullrich. Er ist der Andere. Die beiden Männer sind von der Dorfrunde in diesen Zeiten übriggeblieben und haben den Baum still und leise aufgestellt. Ein Weihnachtsbaum für 72 Menschen - eine gute Quote. Das schafft keine Stadt.

Autobahn bringt Waltersdorf näher

Vor der alten Schule, die Ullrich vor vier Jahren gekauft hat und nun nach und nach ausbaut. Halb für die öffentliche Nutzung, halb privat und ganz wieder ein Zentrum fürs Dorf, so schwebt es ihm vor. Klar, dass Kneschk die Metallbauarbeiten macht. Auch das gehört zu ihrer Idee vom neuen alten Dorf. Sich gegenseitig helfen, miteinander und voneinander leben. Natürlich nicht auf einer Insel, auch wenn es dem unbedarften Städter so scheint oder mindestens ganz weit weg.

Doch die gute Anbindung an die Autobahn bringt Waltersdorf näher an den Rest der Welt und erleichtert vielleicht manchem die Entscheidung für das Dorf, in dem der Wind ein bisschen kälter weht und der Schnee etwas eher kommt. Klar, man muss fürs Dorf geboren sein. Es gibt immer viel Arbeit, die Nachbarn schauen zu, wollen ein Schwätzchen - und schenken einem auch mal einen Weihnachtsbaum, so wie den, der nun vor der alten Schule steht.

Das Dorfsterben aufhalten

Mit Leuten wie Robby Kneschk und Carsten Ullrich muss einem um Waltersdorf nicht bange sein. Sie nennen ihre Pläne "Dorf 2.0", aber wie es heißt, ist eigentlich egal. Auch der Anlass für das nächste Treffen - dann hoffentlich wieder mit vielen Nachbarn - ist egal. "Uns geht es darum, das Dorfsterben aufzuhalten", sagen die beiden Männer. Ob der Weihnachtsbaum da der schönste ist, ist völlig nebensächlich.

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