Von Mareike Enghusen, Tel Aviv
Ermutigende Daten vom Impfweltmeister: Neue Studien aus Israel zeigen, dass der Pfizer-Impfstoff gegen das Covid-19-Virus wirkt – und zwar fast so gut, wie der Hersteller versprochen hat. Allmählich macht sich der Effekt auch im Alltag bemerkbar.
44 Prozent aller Israelis haben mindestens eine Impfung erhalten, ein höherer Anteil als in jedem anderen Land der Welt. Israel verfügt also über einen einzigartigen Datenschatz, der Aufschluss über die Wirksamkeit des Impfstoffs im echten Leben geben kann. Und was diese Daten bisher nahelegen, gibt Grund zu Hoffnung.
In Israel liegen Organisation und Durchführung der Impfaktion in der Hand vier großer Krankenkassen, und gleich zwei von ihnen haben nun erste Studienergebnisse zu der Kampagne veröffentlicht.
Risiko einer schweren Krankheit sinkt
Clalit, die größte Krankenkasse des Landes, verglich eine Gruppe von 600.000 Geimpften mit einer gleich großen Gruppe von Ungeimpften mit ähnlicher Altersstruktur. Unter jenen, die die zweite Dosis des Pfizer-Impfstoffs erhalten hatten, sank die Zahl der symptomatischen Covid-19-Erkrankungen um 94 Prozent. Nur einen Prozentpunkt mehr hatte der Hersteller versprochen.
"Das zeigt unmissverständlich, dass Pfizers Coronavirus-Impfstoff eine Woche nach der zweiten Dosis extrem effektiv ist, genauso, wie die klinischen Studien gezeigt haben", sagte der Epidemiologe Ran Balicer, Gründungsdirektor des Clalit-eigenen Forschungsinstituts. Und selbst die wenigen, die sich trotz Impfung infizierten, entwickelten im Schnitt weit mildere Symptome als die Ungeimpften: Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs sank um 92 Prozent.
Mehr junge Menschen im Krankenhaus
Eine Untersuchung der zweitgrößten israelischen Krankenkasse, Maccabi, kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Demnach hatten sich von rund 500.000 Geimpften nur 0,01 Prozent mit dem Covid-19-Virus infiziert – und kein Einziger von ihnen war daran gestorben. Maccabi ermittelte für das Pfizer-Produkt eine Effektivitätsrate von 93 Prozent.
Eine entscheidende Frage bleibt jedoch offen: Senkt der Impfstoff auch das Risiko, andere anzustecken? "Es wird noch etwas dauern, um eine eindeutige Antwort zu bekommen", sagte der Epidemiologe Ran Balicer gegenüber dem israelischen Nachrichtenportal Ynet. "Wir versuchen, nicht über Indizien zu sprechen, solange wir kein tiefes Verständnis der Resultate haben und nicht genügend statistisch aussagekräftige Information."
Auch im Alltag macht sich die Impfkampagne inzwischen bemerkbar. Der R-Wert, der ausdrückt, wie viele Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt, ist auf 0,86 gefallen, den niedrigsten Stand seit Monaten. Auch die Infektionsrate sinkt: Lag sie Mitte Januar trotz Ausgangssperren noch bei 10.000 pro Tag, sank sie zuletzt auf 2.500. In der Altersgruppe ab 60, in der die Impfrate bei 90 Prozent liegt, fällt zudem die Zahl der Krankenauseinlieferungen: Erstmals müssen mehr jüngere Menschen wegen einer Covid-19-Infektion ins Krankenhaus als ältere.
"Geht impfen!"
Faktoren wie der Lockdown, der bis Anfang Februar galt, könnten den Rückgang in der oberen Altersklasse nicht erklären, meint Eran Segal, der am Weizmann-Institut zu Genetik und Künstlicher Intelligenz forscht und sich zuletzt mit seinen Analysen von Covid-19-Statistiken einen Namen gemacht hat.
Von der ersehnten Herdenimmunität ist jedoch auch Israel noch weit entfernt. Die Mehrheit der Israelis ist noch nicht immunisiert, und zuletzt verlor die Impfkampagne an Fahrt, unter anderem wegen Verschwörungstheorien über den Impfstoff in sozialen Netzwerken.
Unter jüngeren Bürgern Israels steigt die Zahl der schweren Krankheitsverläufe seit Mitte Januar sogar, unter anderem wegen der britischen Variante des Virus, die sich hierzulande schnell ausbreitet. Manche Experten fürchten, dass die Öffnung von Schulen, Geschäften und Fitnessstudios, die die Regierung für die nächsten Wochen plant, die Lage erneut verschlechtern könnte. „Wir müssen nun die junge Altersklasse in den Blick nehmen“, warnt der Epidemiologe Balicer auf Twitter. "Geht impfen!"