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Wenig Hoffnung auf Corona-Lockerungen

Der Lockdown wird wohl erst einmal weitergehen. Mehrere Politiker mahnten noch einmal zu größter Vorsicht. Michael Kretschmer sieht das anders.

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Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist bislang bis zum 14. Februar befristet. Am Mittwoch wollen der Bund und die Bundesländer bei einer Schalte mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie es dann weitergeht.
Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist bislang bis zum 14. Februar befristet. Am Mittwoch wollen der Bund und die Bundesländer bei einer Schalte mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie es dann weitergeht. © dpa

Berlin. Vor den Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch sind keine großen Lockerungen der Corona-Regeln in Sicht. Mehrere Politiker mahnten am Wochenende angesichts der Ausbreitung von Mutationen des Coronavirus noch einmal zu größter Vorsicht. Nach einer neuen Umfrage ist auch jeder zweite Deutsche gegen eine Lockerung des Lockdowns. Unterdessen haben erste Bundesländer Lieferungen des Corona-Impfstoffs des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca erhalten. Damit ist bald ein dritter Impfstoff im Einsatz - neben denen von Biontech/Pfizer und Moderna.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der "Bild am Sonntag": "Wir dürfen uns nicht öffentlich mit Lockerungs-Fahrplänen überbieten." Die Zahl der Neuinfektionen sei derzeit kaum niedriger als Ende Oktober, als der Lockdown begann. Aber Altmaier versuchte, Hoffnungen zu machen: "Ich hoffe sehr, dass wir spätestens zum Frühlingsanfang, spätestens an Ostern, wenn die Sonne scheint und man draußen sitzen und speisen kann, die Pandemie-Welle endgültig gebrochen haben und Öffnungen möglich sind." Er plädierte für ein regionales Vorgehen, je nach Höhe der regionalen Infektionszahlen.

Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist bislang bis zum 14. Februar befristet. Am Mittwoch wollen der Bund und die Bundesländer bei einer Schalte mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie es dann weitergeht.

Sachsen: MP Kretschmer widerspricht Merkel

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) mit Blick auf Lockerungen der Corona-Regeln widersprochen. Während die Bundespolitik Hoffnungen auf Lockdown-Lockerungen dämpft, hielt Kretschmer am Sonntag in einem Interview der "Leipziger Volkszeitung" ("LVZ"/online) vorsichtige Öffnungen für verantwortbar. "Sobald es das Infektionsgeschehen zulässt, sollen zunächst die Kindergärten öffnen und die Grundschulkinder wieder in die Schulen gehen können. So werden wir es in Sachsen organisieren und so halte ich es auch für ganz Deutschland für richtig."

"Ich teile nicht die Meinung, dass wir überhaupt nichts lockern können", sagte Kretschmer der "LVZ". Er halte Öffnungen durchaus für verantwortbar, wenn die Schritte überschaubar seien. Neben dem Bildungsbereich könnten erste Erleichterungen im Einzelhandel - etwa für die Abholung bestellter Ware in bestimmten Zeitfenstern- und auch die Öffnung der Friseure erfolgen. Danach müsse das Infektionsgeschehen allerdings drei Wochen beobachtet werden, bevor man über weitere Lockerungen sprechen könne.

Kretschmer machte klar, dass jede Lockerung auch mehr Mobilität und Kontakte bedeutet: "Deshalb müssen wir nach diesem ersten Schritt drei Wochen das Infektionsgeschehen beobachten." Neben dem Bildungsbereich könnten erste Erleichterungen im Einzelhandel - etwa für die Abholung bestellter Ware in bestimmten Zeitfenstern- und auch die Öffnung der Friseure erfolgen.

"Vor uns liegen noch einige harte Wochen. Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren und durch unnötigen Streit zu noch mehr Verunsicherung in der Bevölkerung beitragen", betonte Kretschmer: "Leider befinden wir uns aktuell in einer sehr aufgeregten Zeit. Das gilt auch für die Berichterstattung. Es ist nicht die Zeit für leise Töne oder differenzierte Betrachtungen. Das ist nicht gut."

Bei der Runde mit Merkel müssten auch kritische Punkte angesprochen werden: "Die Wirtschaftshilfe III gehört dazu. Seit dem 14. Dezember 2020 sind Friseure und Einzelhandel geschlossen, aber Anträge auf Unterstützung konnten sie bisher nicht stellen, geschweige denn, dass Geld geflossen ist." Deshalb sei der Unmut "groß und berechtigt".

Kretschmann räumt Fehler ein

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sind 37 Prozent der Bürger für eine Verlängerung der bisherigen Einschränkungen über den 14. Februar hinaus, weitere 13 Prozent sind sogar für eine Verschärfung. Dagegen sind 30 Prozent für eine Lockerung und 13 Prozent für eine komplette Rückkehr zur Normalität. 7 Prozent machten keine Angaben. Die Akzeptanz der ergriffenen Maßnahmen schwindet aber: Anfang Januar - vor der letzten Verlängerung des Lockdowns - waren noch fast zwei Drittel (65 Prozent) für eine Beibehaltung oder Verschärfung der Maßnahmen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) räumte Fehler im Corona-Krisenmanagement ein. "Der Lockdown light im November war falsch, die Einschränkungen gingen nicht weit genug", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Von Teilen der Wissenschaft hatten wir die Ansage, dass das genügen könnte. Das war aber ein Irrtum." Man habe in der Situation unter Druck handeln müssen. "Dabei passieren Fehler, das ist leider so." Kretschmann schlug eine umfassende Fehleranalyse nach der Pandemie vor. "Wenn sie im Großen und Ganzen vorbei ist, würde ich dem Bundestag empfehlen, umgehend eine Enquete-Kommission einzusetzen, gerne auch schon im Frühsommer."

Mehrere Verbände und Gewerkschaften fordern Bund und Länder auf, bei ihren Beratungen einen einheitlichen Stufenplan mit verbindlichen Kriterien für Schulöffnungen zu verabschieden. Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag), es brauche bundesweit einheitliche Kriterien für stufenweise Schulöffnungen.

Rückkehr zum Präsenzunterrich?

Auch die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, forderte einen bundesweit einheitlichen, verlässlichen Stufenplan. "Mit diesem hätten Länder, Kreise und Städte dann mit Blick auf das Infektionsgeschehen vor Ort die Möglichkeit, flexibel zu agieren. Das föderale Durcheinander muss endlich beendet werden."

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hält eine Öffnung von Schulen vorerst nur in Ausnahmefällen für möglich. Eine flächendeckende Rückkehr zum Präsenzunterricht "dürfte momentan wegen der allgemeinen Infektionslage vermutlich noch verfrüht sein", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Vielleicht kann mit großer Vorsicht ein erster Schritt gegangen werden."

Für Kitas und Schulen sind die Bundesländer selbst zuständig. Ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen wird zwar immer wieder diskutiert, ist aber wegen der unterschiedlichen Interessen in den Ländern kaum durchsetzbar. (dpa)