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Wie weiter mit den Hausarzt-Impfungen?

Ab April sollen sich die Menschen bei ihrem Arzt gegen Corona impfen lassen können. Sachsen rückt bei der Impfstoff-Verteilung in den Fokus.

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Nach Ostern sollen sich Menschen auch in Hausarztpraxis gegen das Coronavirus impfen lassen können - allerdings nur in einer Stunde in der Woche.
Nach Ostern sollen sich Menschen auch in Hausarztpraxis gegen das Coronavirus impfen lassen können - allerdings nur in einer Stunde in der Woche. © Sebastian Kahnert/dpa

Berlin. Deutschlands Hausärzte sollen voraussichtlich nach Ostern flächendeckend mit den Corona-Impfungen beginnen - allerdings mit nur einer Sprechstunde pro Woche. Das sieht ein Beschlussentwurf des Kanzleramts vor, den Bund und Ländern am Freitag auf ihrem Impfgipfel beraten haben.

Er lag der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen vor. "Mit den Mengen, die wir in den ersten Aprilwochen erwarten, (…) wird es in den Hausarztpraxen erstmal mit etwa umgerechnet einer Impfsprechstunde pro Woche beginnen können", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin.

Schritt für Schritt soll es mehr Impfungen geben. Vergangene Woche, also vor der Unterbrechung der Impfungen mit dem Vakzin des Herstellers Astrazeneca, spritzten die Länder knapp 1,8 Millionen Impfdosen. In der Woche nach Ostern sollen knapp 3,3 Millionen Dosen geliefert werden. Die niedergelassenen Ärzte sollen davon laut dem Entwurf rund eine Millionen Dosen verabreichen. Das wären bei einer Beteiligung von 50 000 Praxen je 20 Dosen pro Woche.

Einen Schub soll es drei Wochen später geben: In der letzten Aprilwoche sollen 5,4 Millionen Dosen geliefert und davon 3,2 Millionen in den Praxen verabreicht werden. Von Bürokratie sollen diese entlastet werden. Dann könnten erstmals mehr Dosen in die Praxen als in die Impfzentren gehen.

Für die Zentren sollen 2,25 Millionen Dosen pro Woche reserviert bleiben, wie aus dem teils vorabgestimmten Kanzleramtsentwurf hervorgeht. In einigen Bundesländern sind bereits jetzt in ausgewählten Arztpraxen Impfungen möglich. Hier werden etwa Krebspatienten versorgt.

Schutz belasteter Grenzregionen

Um bereits in der Wochen nach Ostern eine Mindestmenge von eine Million Impfdosen für die Arztpraxen sicherstellen zu können, sollen den Plänen zufolge auch 270 000 Biontech/Pfizer-Impfdosen einer 580.000 Dosen umfassenden Zusatzlieferung genutzt werden. Die restlichen 310.000 Impfdosen wären dann für den Einsatz in besonders betroffenen Grenzgebieten vorgesehen.

Konkret benennt das Papier das Saarland wegen seiner Nähe zum französischen Département Moselle sowie Bayern, Sachsen und Thüringen wegen der kritischen Lage an der Grenze zu Tschechien. Wie viele Impfdosen konkret an welches Bundesland gehen sollen, ist im Entwurf noch nicht beziffert.

Rolle von Astrazeneca

Möglich wurde der neue Impfplan durch eine Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) vom Vortag. Die EMA hatte nach einer neuen Prüfung ihre Einschätzung bekräftigt, dass der Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca weiter verabreicht werden soll.

Spahn hatte nach mehreren Fällen von Blutgerinnseln in Venen die Impfungen mit dem Präparat am Montag vorübergehend gestoppt. Am Donnerstag hob er gemeinsam mit den Ländern den Stopp wieder auf.

"Der Nutzen der Impfung überwiegt die gegenwärtig bekannten Risiken", urteilte die Ständige Impfkommission. Seit Freitag wird das Präparat wieder in Deutschland eingesetzt. Es sollte aber eine extra Warnung vor den möglichen seltenen Blutgerinnseln hinzugefügt werden.

Vorrang bei den Impfungen

Laut dem Entwurf aus dem Kanzleramt sollen zunächst die jeweiligen Ärztinnen und Ärzte die besonders vulnerablen Patientinnen und Patienten gezielt einladen. Spahn rief die Länder eindringlich dazu auf, Menschen mit Vorerkrankungen und hohen Risiken für schwere oder tödliche Covid-19-Verläufe zuerst zu schützen.

"Bei allem Verständnis dafür, 30-Jährige auch in bestimmten Berufskontexten zu impfen, ist es auch mit Blick auf die Infektionsentwicklung wichtig, die Älteren zu impfen", sagte Spahn. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte: "Das Risiko, bei einer Infektion an Covid zu versterben, ist für einen 80-Jährigen 600 Mal so hoch wie für einen 30-Jährigen. Daher bin ich sehr kritisch, was Vorschläge angeht, die Impfreihenfolge zu verändern."

Dass etwa Lehrkräfte wie in NRW vorrangig geimpft werden, ruft seit Tagen Kritik hervor. Zunächst müssten Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf geimpft werden, hatten die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange der Menschen mit Behinderung gefordert.

Warten bis zur zweiten Impfung

Damit mehr Menschen bald die erste Impfung erhalten können, warten laut Spahn nahezu alle Bundesländer mit der zweiten Dosis mittlerweile so lange wie möglich - bei den Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna sechs Wochen, bei Astrazeneca zwölf Wochen. Lauterbach sagte: "Wenn man die Erstimpfung bei Biontech und Astrazeneca jetzt vorzieht, dann rettet das zwischen 8000 und 14 000 Menschenleben in der dritten Welle."

Prognosen zur Impfaktion

Laut dem Entwurf aus dem Kanzleramt stehen im April rund 15,4 Millionen Impfdosen in Deutschland zur Verfügung. Die Liefermengen sollen dann weiter steigen. Im zweiten Quartal sollen bisherigen Angaben zufolge 46,6 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer und Moderna und - nach einer etwas nach unten korrigierten Ankündigung - 15 Millionen Astrazeneca-Dosen geliefert werden. "Bund und Länder halten an dem Ziel fest, im Sommer allen Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot machen zu können", bekräftigt der Kanzleramtsentwurf das bisherige Impfziel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). (dpa)