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Zum Corona-Test in die Kneipe

Mittlerweile können Sachsen vielerorts einen kostenlosen Corona-Test machen - teils an ungewöhnlichen Orten. Die Nachfrage ist hoch.

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Eine Mitarbeiterin in der Corona-Teststation im Cafe Blumenau in der Dresdner Neustadt: Derzeit sind das Cafe und die Bar für ein Testcenter für sogenannte Point-of-Care-Antigen-Tests eingerichtet.
Eine Mitarbeiterin in der Corona-Teststation im Cafe Blumenau in der Dresdner Neustadt: Derzeit sind das Cafe und die Bar für ein Testcenter für sogenannte Point-of-Care-Antigen-Tests eingerichtet. © Robert Michael/dpa

Dresden. Normalerweise versuchen in dem Escape Room der Dresdner Neustadt verschiedene Teams spielerisch aus einer Gefängniszelle auszubrechen. Weil die Eventlocation wegen der Corona-Krise schon seit Monaten geschlossen ist, versuchen sich die Betreiber nun an einem neuen Geschäftsmodell: einem Testzentrum. Seit wenigen Tagen wird in den "Gefängniszellen" getestet. "Die eignen sich gut, weil ohnehin alles abgetrennt und gefliest ist. Das lässt sich gut desinfizieren und der Abstand kann eingehalten werden", sagt Teamescape-Geschäftsführerin Margrit Jespersen. Rund 300 Menschen kamen in den ersten drei Tagen.

"Die Nachfrage ist sehr hoch. Unsere Kapazität ist nahezu ausgeschöpft", sagt Jespersen. Von dem Hamburger Kooperationspartner bekommen sie Schnell- und PCR-Tests geliefert, sie mussten aber auch schon in Apotheken nachordern. Angelernt wurden die drei Mitarbeiter unter ärztlicher Leitung, das Dresdner Gesundheitsamt hat sich vor Ort umgeschaut und für das Testzentrum samt Hygienekonzept grünes Licht gegeben. Der Weg dahin war nicht ganz leicht, berichtet Jespersen. "Wir sind noch dabei, alle Abläufe glatt zu bekommen".

Eine Mitarbeiterin im Corona-Checkpoint Teamescape in der Dresdner Neustadt: Der Escape-Room, ein realitätsgetreu nachgebauter thematischer Raum, in dem sonst Spieler einer vorgeschriebenen Zeit Rätsel lösen müssen, wird derzeit sowohl für Antigen-Schnell
Eine Mitarbeiterin im Corona-Checkpoint Teamescape in der Dresdner Neustadt: Der Escape-Room, ein realitätsgetreu nachgebauter thematischer Raum, in dem sonst Spieler einer vorgeschriebenen Zeit Rätsel lösen müssen, wird derzeit sowohl für Antigen-Schnell © Robert Michael/dpa

Ein Punkt sei etwa die Abrechnung der kostenlosen Schnelltests, auf die jeder Bürger einmal pro Woche Anspruch hat. Abgerechnet werden diese über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Sachsen. Weil diese derzeit so viele Anträge von den Testzentren bekämen, dauere die Bearbeitung. "Das ist für uns ein kleiner Unsicherheitsfaktor, wir gehen blind in Vorleistung." Abrechnung und Bürokratie seien nicht einfach. Schließlich habe man nicht die Erfahrung einer Arztpraxis. Dennoch ist Jespersen froh, dass nicht nur die Räume wieder genutzt werden, sondern sie auch sinnvolles tun kann: "So hat man das Gefühl, einen kleinen Beitrag in der Pandemie zu leisten."

Niemand müsse befürchten, auf den Kosten für die kostenlosen Bürgertests sitzen zu bleiben, betonte KV-Sprecherin Katharina Bachmann-Bux. Diese könnten auch rückwirkend über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden. Wer ein Testzentrum betreibe, könne einen entsprechenden Antrag stellen. "Vieles läuft in der Corona-Krise bei uns zusammen", sagt Bachmann-Bux. Die Bearbeitung der Anträge nehme daher eine gewisse Zeit in Anspruch.

Rund 650 Testzentren in Sachsen

Derzeit gibt es nach Schätzung des Gesundheitsministeriums rund 650 Testzentren und Teststationen im Freistaat. Damit hat sich die Zahl innerhalb einer Woche etwa verdoppelt. Täglich kämen derzeit neue hinzu, hieß es. Neben zahlreichen Apotheken, Landkreisen und Kommunen bieten mittlerweile auch Firmen und Initiativen sowohl Schnell- als auch PCR-Tests an. Wer den kostenlosen Bürgertest anbietet, muss laut Gesundheitsministerium durch das örtliche Gesundheitsamt beauftragt werden. Nur so dürfen die Kosten über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden. Prinzipiell dürfe aber jeder ein Testzentrum eröffnen, der mit Medizinprodukten umgehen könne, hieß es.

Auf der Suche nach Alternativen in der Corona-Krise haben sich mehrere Kneipen und Musikclubs in Dresden mittlerweile auf das Testen verlegt - so kann etwa für einen PCR-Test schon seit Februar im "Objekt klein a" im Dresdner Norden gegurgelt werden. Auf dem Gelände des Musikclubs, der wegen der Corona-Auflagen vorübergehend schließen musste, arbeiten vor allem Leute aus dem Kulturbereich. Im Musikclub "Ostpol" im Szeneviertel Neustadt wurden in den ersten beiden Tagen nach der Eröffnung fast 200 Schnelltests gemacht.

Gastronom Gerd Kastenmeier (l) lässt sich in Dresden im Corona-Testzentrum im Kurländer Palais testen. In dem Rokoko-Gebäude finden sonst Veranstaltungen statt.
Gastronom Gerd Kastenmeier (l) lässt sich in Dresden im Corona-Testzentrum im Kurländer Palais testen. In dem Rokoko-Gebäude finden sonst Veranstaltungen statt. © Robert Michael/dpa

In Leipzig kann man sich ohne Anmeldung in den Räumen des Bruno-Plache-Stadions testen lassen - in der 100 Quadratmeter großen Lounge, wo normalerweise die Vorstände von Lok Leipzig für Pressekonferenzen zusammenkommen. Tobias Fischer von der Firma RettMedic testet dort im Schnitt bis zu 100 Menschen pro Tag.

Seitdem die Bürger Anspruch auf einen kostenlosen Schnelltest haben, habe sich die Nachfrage nahezu verfünffacht, berichtet Niels Pfaff, der als Partner vor Ort im Auftrag der Firma covi medical Testzentren in Dresden, Zwickau und Görlitz aufgebaut hat. "Das ging schlagartig hoch." Rund 250 Tests sind es derzeit pro Tag etwa in dem aufgebauten Container in Zwickau - bei verlängerten Öffnungszeiten könnten künftig bis zu 800 Menschen täglich getestet werden, so Pfaff.

Sachsen will künftig eine andere Strategie in der Corona-Krise fahren und verstärkt testen. So soll etwa mit einem negativen Test Besuche von Zoos, Museen und Shopping im Einzelhandel möglich sein - unabhängig von der Zahl der Neuinfektionen. Details soll die neue Corona-Schutzverordnung regeln, für deren Beschluss sich das Kabinett am späten Montagnachmittag treffen wollte. (dpa)

  • Übersicht des Freistaats Sachsen zu Corona-Testzentren