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Damit das Lok-Feuer nicht ausgeht

Andreas Heinrich hat einen sehr alten Beruf. Dank des Lokomotivheizers kommen junge Radeburger auch heute noch auf besonderem Weg in die Schule.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Als sich die Lößnitzgrundbahn pünktlich um 8.26 Uhr in Bewegung setzt, hat Andreas Heinrich schon fast zehn Stunden Arbeit hinter sich. Seine Schicht hat am Abend zuvor um 23 Uhr begonnen. Trotzdem ist er putzmunter und gut gelaunt. Der Lokomotivheizer greift zur riesigen Schaufel hinter sich und nimmt einen großen Hieb Kohle aus dem Vorratsloch. Dann wird es, trotz eisiger Temperaturen, infernalisch heiß in der Lok. Mit einem Handgriff öffnet Heinrich die Klappe zum Ofen und legt die Kohle in den 1 000 Grad Celsius heißen Schlund.

Von Beruf Lokomotivheizer, ist er einer der wenigen, die diese Arbeit noch machen. Denn das Berufsbild des klassischen Heizers ist nahezu ausgestorben. Als in den 1960er-Jahren die Dampfloks aus dem Eisenbahnverkehr verschwanden, wurden die Heizer überflüssig. Nicht aber bei der Lößnitzgrundbahn. Hier arbeiten derzeit insgesamt acht von ihnen, die alle auch Lokführer sind.

Etwa 50 Schüler sind jeden Tag auf sie angewiesen. Die erste Fahrt geht für Lokführer Andreas Schmidt und seinen Heizer deshalb früh um fünf nach Radeburg. „So voll wird es im Zug erst wieder, wenn wir die Kinder von der Schule in Radebeul am Nachmittag nach Hause fahren“, sagt Heinrich und lacht. Gegen sieben ist der Lößnitzdackel wieder in Radebeul, wo die Schüler dann auseinanderströmen. Ohne sie gäbe es die frühe Verbindung bis nach Radeburg nicht.

Schwarz von Ruß

Nach dem ersten Halt am Weißen Roß schaut Heinrich aus dem kleinen Fenster und wartet auf das Signal des Schaffners. Dann gibt er dem Lokführer das Zeichen, dass es weiter gehen kann. „Wir können fahren.“ Und der Zug schnauft los. Von der Heizerseite aus muss Heinrich den Zug und die Strecke während der Fahrt und beim Halt an Bahnsteigen beobachten. Das macht er auch, wenn sich die Dampflok nachts ausruhen kann. Deshalb beginnt seine Schicht schon am Vorabend. „Die Lok wird die ganze Zeit unter Dampf gehalten“, erklärt Heinrich. Ein Feuer lodert also immer im Herzstück der Lok, und das muss überwacht werden. Im Winter ist das besonders wichtig, damit die Wasserleitung für die Kabinenheizung nicht einfriert. An diesem Morgen bei minus zwölf Grad sind einige Leitungen dennoch gefroren. Mit heißem Wasserdampf müssen sie vor der Abfahrt aufgetaut werden.

Obwohl die Arbeit körperlich anstrengt und seine Hände meist schwarz vom Ruß sind, ist Heinrich froh, sich für den Beruf entschieden zu haben. „Ich könnte mir eine Arbeit am Fließband nicht vorstellen oder den ganzen Tag im Reinraum zu stehen“, sagt der gebürtige Triebischtaler. Er mag die alte Technik und die vielen Handgriffe, die er jeden Tag machen muss.

Bereits mit 16 Jahren hat er seine Ausbildung zum Lokomotivschlosser begonnen. Das war im Jahr 1979, damals noch bei der Deutschen Reichsbahn in Nossen. Zur Schmalspurbahn kam er später. Seit 35 Jahren arbeitet er mittlerweile als Heizer, und fast so lange darf er auch die Lok führen.

Sogar seine Frau hat er bei der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) kennengelernt. Sie arbeitet in der Niederlassung in Moritzburg als Sekretärin. Von den vier Söhnen will aber niemand in die Fußstapfen des Vaters treten.

Ein seltener Beruf

Nur wenige junge Leute interessieren sich für den alten, seltenen Beruf. Zurzeit werden vier Jungs als Industriemechaniker ausgebildet. Erst wenn sie sich zum Heizer weiterbilden, dürfen sie sich zum Lokführer qualifizieren. Getrennt werden die Berufe nur noch bei der Fichtelbergbahn, so Heinrich.

Insgesamt 250 Kilogramm Kohle hat er bei der Fahrt bis Moritzburg und zurück in den Kessel geschüttet. Im Winter ist es immer mehr, weil dann auch die Kabinen geheizt werden müssen und die Lok öfter mit Licht fährt. Gegen zehn ist die Schicht zu Ende. Zuvor muss aber noch alles für die Übergabe vorbereitet werden.

Noch einmal schütten die Männer mithilfe eines Krans 1 200 Kilo Kohle in die Lok, damit auch der nächste Heizer ordentlich Dampf machen kann.

Die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) sucht ab September Azubis zum Industriemechaniker.

Nähere Informationen sind unter http://www.loessnitzgrundbahn.de/aktuelles zu finden.