Merken

Damit die Erde nicht platt gemacht wird

Im Winter drücken die Landwirte die Schulbank und lernen – etwa, wie man den Ackerboden besser schützt.

Teilen
Folgen
© LfULG

Von Udo Lemke

Barmenitz. In zwei großen Plasteschalen liegen drei braune, mit dem Spaten abgestochene Erdquader. Ein Herr mit Schlips und Jackett bricht die Erde auseinander, deutet auf die Bruchkanten, zeigt winzige Luftkanäle und lange Regenwurmlöcher und legt mit dem Taschenmesser Wurzeln frei. Etwa 15 Männer und Frauen folgen ihm aufmerksam, stellen Fragen und einige lassen die Erde selbst durch die Finger gleiten. Der Herr ist Dr. Jan Rücknagel von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Umstehenden sind Landwirte aus der Region. Ort des Geschehens – die Pension Zieger in Barmenitz. Eingeladen hat der seit 2000 bestehende Arbeitskreis Erosionsmindernde Landbewirtschaftung – ein Zusammenschluss von 36 regionalen Landwirtschaftsbetrieben.

Immer schwerere Maschinen

Jan Rücknagel hat dazu gesprochen, wie schädliche Bodenverdichtungen durch Landmaschinen verhindert und wie sie notfalls wieder beseitigt werden können. Er erklärt, wie das Bodengefüge beurteilt wird. Wichtig ist der Luftgehalt des Bodens, der über die Anzahl der Poren, die größer als 0,05 Millimeter sind, bestimmt wird. Sind es weniger als acht Prozent, dann ist der Boden geschädigt. Das ist er auch, wenn das Wasser nicht mehr richtig einsickern kann. Eine Pfütze auf einem Feld, die zehn Zentimeter tief ist, muss an einem Tag versickert sein, dann ist der Boden noch in Ordnung, so der Dozent vereinfacht.

Was er erklärt, hat einen ernsten Hintergrund. Denn seit Jahrzehnten hält der Trend zu immer größerer und leistungsstärkerer Landtechnik an, die Maschinen und Geräte werden immer schwerer. „In der Bodenbearbeitung stiegen die Massen für Grubber und Scheibeneggen von 1960 bis 2010 um teilweise mehr als das Doppelte“, schreibt das Landesamt für Landwirtschaft zum Workshop in Barmenitz, den es gemeinsam mit dem eingangs erwähnten Arbeitskreis veranstaltete. Das gilt auch für die Erntemaschinen wie Häcksler und Mähdrescher. Die Folge – der Boden wird verdichtet, lässt schlechter Luft und Wasser durch, und die Pflanzen auf dem Feld wachsen schlechter, die Erträge sinken.

Wie hartnäckig solche Bodenverdichtungen anhalten, hat Jan Rücknagel mit seinen Studenten in Feldversuchen untersucht. Selbst nach neun Jahren war der Boden nach einer einzigen Überfahrt mit einem schweren, selbstfahrenden Zuckerrübenroder so sehr verdichtet, dass das Wasser nicht mehr ausreichend auf dem Feld versickern kann. Es gibt einen technischen Weg, vorbeugend gegenzusteuern, das sind Bandlaufwerke, also Ketten, mit denen immer mehr Mähdrescher und andere Erntemaschinen und auch Traktoren ausgerüstet werden. Aber, auch sie seien kein Allheilmittel, weil der Achsdruck an den Rädern ohne Ketten trotzdem hoch ist.

Das Beste, um verdichtete Böden wieder zu verbessern, wäre der Anbau von Ackerfutter wie Klee oder Luzerne, so Jan Rücknagel. Deren Anbau schließt den Boden langfristig wieder auf. Allerdings ist der Ackerfutteranbau aufgrund der geringen Viehbestände in Sachsen stark zurückgegangen. Zudem wird sehr viel Mais gefüttert, so dass das Ackerfutter überflüssig scheint.

Schulungen für tausende Landwirte

Der Workshop in Barmenitz ist eine von jährlich 250 regionalen Veranstaltungen, die das Landesamt für Landwirtschaft anbietet. „Außerdem bieten wir mehr als 100 sachsenweite Veranstaltungen zur Landwirtschaft, insbesondere zu Pflanzenbau und Tierhaltung sowie auch zur Fischerei mit über 5 000 Teilnehmern an“, erklärte die Sprecherin des Landesamtes, Karin Bernhardt auf SZ-Nachfrage. Hinzu kommen regelmäßige Feldtage in der Vegetationszeit, bei denen den Landwirten Anbauerfahrungen weiter gegeben werden.

Das nächste große Ereignis in unserer Region ist der Pflanzenbautag im Klipphausener Ortsteil Groitzsch am 23. Februar. Dort werden wieder mehr als 300 Landwirte aus dem Kreis und von weiter her erwartet. Sie bearbeiten zusammen einige zehntausend Hektar Land.