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Darf ein NPD-Mitglied eine Waffe haben?

Ein Sportschütze und Parteifunktionär aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hatte geklagt. So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

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© dpa

Leipzig.  Aktiven NPD-Funktionären kann ihre Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit entzogen werden. Allerdings komme es jeweils auf das Verhalten des Waffenbesitzers im Einzelfall an, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Dienstag. (Az.: BVerwG 6 C 9.18)

Dem Urteil lag der Fall eines NPD-Mannes aus Sachsen zugrunde, dem der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge seine Waffenbesitzkarte aberkannt hatte. Er klagte dagegen. Die Bundesrichter sahen noch Aufklärungsbedarf zum konkreten Verhalten des Sportschützen und verwiesen den Fall zur erneuten Verhandlung an das sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen zurück.

Das OVG hatte den Entzug der Waffenbesitzkarte in der Vorinstanz bestätigt. Der Kläger habe die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD unterstützt, indem er herausgehobene Funktionen - als Vize-Kreischef, Kreistags- und Gemeinderatsmitglied - übernommen habe, argumentierten die Richter. Die Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit lasse sich nicht allein damit widerlegen, dass er ein unbescholtener Bürger sei. Das Bundesverfassungsgericht hatte die rechtsextreme NPD 2017 als verfassungsfeindlich eingestuft, aber nicht verboten.

Nach Maßgabe der Bundesverwaltungsrichter muss das OVG jetzt noch einmal prüfen, ob sich der Mann nicht eventuell doch deutlich und beharrlich von hetzerischen und aggressiven Parteianhängern distanziert hat - und deswegen seinen Waffenschein hätte behalten dürfen.

"Eine Partei braucht die Sportschützen und die Jäger"

"Es geht nicht um ein Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot", hatte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft in der mündlichen Verhandlung betont. Die Frage sei vielmehr, ab wann man davon sprechen könne, dass ein Mitglied der rechtsextremen Partei Bestrebungen entfaltet, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Eine einfache Mitgliedschaft reiche dafür nicht aus. "Wir entscheiden das nicht nur für die NPD, sondern auch für andere Vereinigungen, die verschiedene Flügel haben können", sagte Kraft.

Der Anwalt des NPD-Mannes, Arndt Hohnstädter, argumentierte, dass sich solch eine Entscheidung auch mittelbar auf die Partei und ihre Entfaltungsmöglichkeiten auswirke. Wenn Sportschützen wüssten, dass ihre Waffenbesitzkarte weg sei, sobald sie in die NPD eintreten, würden sie fernbleiben. "Natürlich braucht eine Partei keine Waffenträger. Aber eine Partei braucht die Sportschützen und die Jäger, denn das ist der Mittelstand, der die Kohle hat", sagte Hohnstädter.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon mehrere NPD-Streitfragen auf dem Tisch, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Partei 2017 für verfassungsfeindlich erklärt, aber nicht verboten hatte, weil sie aus Sicht der Karlsruher Richter unbedeutend ist. Dabei ging es im Kern immer um die Frage, was aus der Karlsruher Entscheidung im Umgang mit der NPD folgt.

In einem Fall verhandelten die Leipziger Richter 2018 über die Streichung von Fraktionsgeldern in einer hessischen Gemeinde. Das Gericht stufte dies als unzulässig ein, weil es gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Wenn Gemeinden Zuwendungen geben, müssten sie alle Fraktionen gleich behandeln. (Az.: BVerwG 10 CN 1.17)

Einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gleichbehandlung sahen die obersten deutschen Verwaltungsrichter auch in dem Ansinnen der Berliner Landesbank, der NPD die Eröffnung eines Kontos zu verwehren. Der Anspruch auf Gleichbehandlung nach dem Parteiengesetz bestehe auch, obwohl die NPD verfassungswidrige Ziele verfolge (Az.: 6 C 2.17). (dpa)