Sachsen
Merken

Das ändert sich mit dem neuen Polizeigesetz

Seit 1. Januar haben Sachsens Polizisten mehr Befugnisse. Ob es dabei bleibt, entscheidet das Verfassungsgericht.

Von Andrea Schawe
 4 Min.
Teilen
Folgen
Gegen den Wunsch der CDU führt Sachsen in geschlossenen Polizei-Einheiten eine anonymisierte Wechselkennzeichnung ein.
Gegen den Wunsch der CDU führt Sachsen in geschlossenen Polizei-Einheiten eine anonymisierte Wechselkennzeichnung ein. ©  Sebastian Kahnert/dpa

Seit 1. Januar ist es in Kraft: Sachsens neues Polizeigesetz. Mehrere Jahre hatten CDU und SPD über das Ausmaß der zusätzlichen Befugnisse für die Beamten verhandelt, bevor sie im April das Gesetz beschlossen haben. Die neue Regierung von CDU, Grünen und SPD will eine weitere Änderung. Außerdem muss sich das Verfassungsgericht mit dem Gesetz beschäftigen. Wir erklären, was sich ändert.

Telekommunikation kann überwacht werden

Die Polizei darf mit Zustimmung eines Richters Telefongespräche mithören und SMS lesen, ohne dass der Verdacht auf eine konkrete Straftat besteht. Die Beamten dürfen Telefonate unterbrechen, wenn damit eine Gefahr abgewendet wird. Handys können geortet werden. Die Beamten dürfen wie bisher Verkehrs- und Nutzungsdaten beim Anbieter und bei Online-Plattformen wie Facebook oder Amazon erfragen: Name, Adresse, Kontodaten, PIN, Accountzugänge auf dem Telefon, E-Mail-Konten und gespeicherte Bilder und Kontakte. Die von der CDU geforderte Onlinedurchsuchung von Computern bleibt verboten, ebenso der Zugriff auf verschlüsselte Gesprächsinhalte und Nachrichten – etwa bei Whatsapp und anderen Messengerdiensten.

Polizei darf schon bei Verdacht aktiv werden

Das neue Polizeigesetz räumt der Polizei mehr Möglichkeiten ein, bevor überhaupt eine Straftat passiert ist. Es reicht, dass die Polizei von einer bestimmten Person erwartet, dass diese eine schwere Straftat begehen könnte, um gegen sie eine Telefonüberwachung anzuordnen oder V-Leute einzusetzen, um sie zu beobachten. Außerdem können Personen mit einer elektronischen Fußfessel ausgestattet werden, wenn sie im Verdacht stehen, künftig eine mittlere, schwere oder terroristische Straftat zu begehen. Die Polizei darf für verdächtige Personen auch Aufenthaltsbeschränkungen, langfristige Meldeauflagen und Kontaktverbote aussprechen.

Mehr Videoüberwachung an der Grenze

Die Videoüberwachung wird ausgeweitet. Innerhalb einer 30-Kilometer-Zone an den Grenzen zu Polen und Tschechien dürfen künftig Kameras eingesetzt werden, die mit einer Gesichtserkennungssoftware gekoppelt sind. Das gilt für klar definierte Routen, die häufig von Kriminellen für das Begehen von Straftaten genutzt werden. Zum Beispiel als Fluchtstrecken, um gestohlene Autos ins Ausland zu schaffen. Außerdem können Videokameras an Kriminalitätsschwerpunkten zum Einsatz kommen. 

Innenminister Roland Wöller (CDU) betont vor allem die vorbeugende Wirkung der Videoüberwachung. Jede verhinderte Straftat sei besser als jede aufgeklärte Straftat, weil sie Opfer, Sachschäden, Kosten und juristischen Aufwand vermeide. In Görlitz gibt es die Videotechnik an vier Standorten. Sachsen will auch verstärkt auf den Einsatz von Kfz-Kennzeichen-Scannern setzen. Neben den bereits seit Jahren genutzten mobilen Geräten wird es zusätzliche stationäre Kontrollanlagen geben.

Neue Regierung für anonymisierte Kennzeichnung

CDU und SPD hatten sich nach langem Streit auf den flächendeckenden Einsatz von Körperkameras für die Beamten geeinigt. Sogenannte Bodycams werden auch in anderen Bundesländern sowie bei der Bundespolizei seit Längerem genutzt. Die Kameras dienen der Beweissicherung bei Vor-Ort-Einsätzen und sollen nicht zuletzt die Hemmschwellen für aggressives Verhalten gegenüber Polizisten erhöhen. Die von der SPD geforderte Kennzeichnungspflicht von Polizisten im Einsatz lehnte die CDU im Frühjahr noch ab. 

In den Koalitionsverhandlungen mit Grünen und SPD gab Ministerpräsident Michael Kretschmer dann aber nach: Gegen den Wunsch der CDU führt Sachsen in geschlossenen Polizei-Einheiten eine anonymisierte Wechselkennzeichnung ein. Das betrifft laut Innenministerium 15 Prozent der Polizisten und Polizistinnen, etwa die Bereitschaftspolizei. Sie tragen Zahlenfolgen auf der Uniform, anhand derer sie nachträglich eindeutig identifiziert werden können. Weitere Befugnisse für die Polizei wird es aber nicht geben.

Verfassungsgericht prüft das Gesetz

Das Polizeigesetz wird beim Verfassungsgerichtshof in Leipzig geprüft. Linkspartei und Grüne – damals noch in der Opposition – haben im August eine Normenkontrollklage eingereicht. Für sie ist es eines der „schärfsten Polizeigesetze in Deutschland“. Sie sehen die Grundrechte vieler Bürger gefährdet und wollen erreichen, dass zahlreiche Vorschriften wieder gestrichen werden. Es wird damit gerechnet, dass sich das Gericht noch in diesem Jahr mit dem Gesetz befassen könnte.

>> Abonnieren Sie den täglichen Newsletter "Politik in Sachsen - Die Morgenlage". Damit sind Sie immer bestens über das Geschehen in Sachsen informiert.<<