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Das Dorf zieht an

Frauenhain liegt abseits jeder großen Stadt. Trotzdem kommen Kunden von weither zum Modehaus von Christoph Haase.

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© Sebastian Schultz

Von Eric Weser

Röderaue. Wie kann sich ein großes Modehaus mit Hauptfiliale im kleinen Frauenhain halten? Diese Frage hört Christoph Haase öfters. „An der Ware liegt es nicht“, sagt der 40-Jährige. Die gleichen Marken gebe es auch anderswo. „Die Leute scheinen sich bei uns wohlzufühlen“, sagt der Firmenchef schließlich.

Seit mehr als zehn Jahren leitet Christoph Haase das gleichnamige Modehaus mit Stammsitz in Frauenhain und Filialen in Dresden und Riesa. Das Familienunternehmen wird in sechster Generation geführt und feiert gerade sein 160-Jähriges. Die Tradition ist ein Pfund: Viele Stammkunden kaufen schon seit Ewigkeiten hier ein. Es gebe Leute, die nach Rostock oder Liechtenstein weggezogen sind, aber bei Heimatbesuchen zum Kleidungskauf vorbeikommen, erzählt der Chef. In Frauenhain treffen sie auf Verkaufspersonal, das sie seit Jahrzehnten kennen. – Den guten Ruf, den die Vorfahren aufgebaut haben, pflegt das 20-köpfige Team um Christoph Haase. Wenn ein Geschäft länger existiere als die ältesten Kunden, habe das aber auch eine Schattenseite. Ein Problem, mit dem der Betrieb schon lange kämpfe: „Wir haben einen altbackenen Ruf. Gerade junge Leute gehen nicht unbedingt dorthin, wo Oma und Opa einkaufen.“ Und selbst Menschen im mittleren Alter hätten Vorurteile. „Das muss man aushalten. Ich werde nicht alle vom Gegenteil überzeugen können“, sagt der Inhaber.

Doch es gebe auch Zulauf von junger Kundschaft. Von je weiter weg, umso mehr. Und gerade bei den Jüngeren gebe es einen Trend, sich wieder schick zu machen, beobachtet Christoph Haase. Besonders für Anlässe wie Hochzeiten. „Die werden heute ganz anders zelebriert als noch vor Jahren. Das ist sagenhaft.“ Wer zu so einer Feier gehe, wolle modisch auftreten. Für den Anzug eines Bräutigams werden da schon mal 800 Euro ausgegeben. Das Geschäft gänzlich auf junge Kundschaft ausrichten, sei indes keine Option. „Ich kann hier keinen hippen Laden draus machen.“ Zu aufwendig – zumal ohnehin viele Firmen in den jungen Markt drängen würden. „Das muss ich der großen Stadt überlassen“, sagt Christoph Haase.

Bewusster Verzicht auf Online-Shop

Was er der großen Stadt gern überlässt, ist der Verkauf von Billigmode. Haases Philosophie ist eine andere: Kleidung im mittleren Preissegment, die man in persönlicher Beratung aussucht.

Deshalb gebe es auch keinen Online-Shop. „Ich glaube, Mode ist etwas, was man spüren, was man anfassen muss.“ Mit Fotos am Bildschirm funktioniere das nicht. Ein anderer Grund, der gegen den Online-Shop spreche, sei die aufwendige Warenwirtschaft. Zwar halte sein Geschäft viele Größen bereit. „Aber wir haben vieles nur einmal in jeder Größe da.“ Nachbestellen sei nicht möglich. Die Hersteller fertigen nicht nach. Auch Lager und Großhandel gebe es nicht. Eine Folge der großen Finanzkrise.

Dass der vergleichsweise kleine Modehändler bestehen könne, liege einerseits an den Preisen. Die seien in Frauenhain nicht wesentlich anders als etwa bei der Konkurrenz. Was laut Christoph Haase daran liegt, dass es sich bei Saisonware nicht um klassische Massenprodukte handle.

Zum anderen könne man sich erlauben, vom Kunden her zu denken, weil das Geschäft im Familienbesitz ist. Bei Modehändlern, die Aktionären gehören, würden wenig profitable Sparten schnell abgestoßen. Wer als Kunde etwas zu klein, zu groß oder zu dick sei, falle da schnell durchs Raster. Haase biete in diesen Nischen etwas an, die Dresdner Filiale zum Beispiel ist auf XXL-Kleidung spezialisiert.

Derzeit ist beim Traditions-Modehändler in Frauenhain nicht nur Jubiläum, sondern auch Saison. An deren Ende wird sich zeigen, ob die Einkaufsstrategie aufgegangen ist – und möglichst sämtliche Ware mit dem Schlussverkauf über den Tisch gegangen ist. „Da liegt das bisschen Gewinn“, sagt Christoph Haase und spricht von drei bis vier Prozent Marge. Wie er die Aussichten für seine Firma einschätzt? Der Geschäftsführer zeigt sich optimistisch. „Ich denke, dass wir auch in einem sich ändern Markt unsere Nische finden werden.“

www.kauf-lokal-sachsen.de