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Das Für und Wider von SUVs

Immer mehr Deutsche fahren ein SUV, auch die Zahl der Modelle steigt. Zugleich scheiden sich an den bulligen Boliden die Geister - auch unter Experten.

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SUVs sind heftig umstritten - aber auch sehr beliebt bei den Kunden.
SUVs sind heftig umstritten - aber auch sehr beliebt bei den Kunden. © Sina Schuldt/dpa

Von Fabian Hoberg

Köln/Stuttgart. Hoch, bequem und variabel, aber auch vernünftig? An SUVs scheiden sich die Geister. Die einen schwören auf ihren Komfort, andere regen sich auf, wenn sie die voluminösen Autos herumfahren sehen und fragen sich: Warum fährt man so etwas?

Was sich festhalten lässt: Die Beliebtheit von SUVs scheint ungebrochen. 2018 lag ihr Anteil unter den Neuzulassungen bei 18,3 Prozent, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angibt. Sie verzeichneten den deutlichsten Zuwachs im Vergleich der Fahrzeug-Segmente, hieß es. Geländewagen erreichten einen Anteil von 8,8 Prozent.

Wo ist der Unterschied zwischen SUV und Geländewagen? Für Thorsten Rechtien vom Tüv Rheinland ist ein SUV mehr Pkw als Offroader, also ein normales Auto mit etwas bulligerer Optik. "Es gibt keine eigene technische Definition von SUV oder Crossover, dadurch unterscheiden sie sich nicht von normalen Pkw", sagt er.

Im Gegensatz zu Geländewagen: Hier gibt es durch eine europäische Richtlinie klare Merkmale. Sie müssen unter anderem Allradantrieb und Differentialsperre haben, eine Steigung von 25 Prozent erklimmen können und eine geländetaugliche Karosserie besitzen - etwa bestimmte Überhang- und Rampenwinkel sowie Bodenfreiheit. Rechtien sagt: "SUV leisten das nicht, sind also auch nicht fürs Gelände geeignet."

Rundumsicht oft eingeschränkt

SUVs seien eine neue Karosserieart, ähnlich wie Coupés oder Cabrios. Vorteile bieten SUVs nur wenige, so Rechtien. Dazu zählten das bequeme Ein- und Aussteigen aus einem hohen Auto sowie die hohe Sitzposition. Durch die meist bullige Karosserie sei die Rundumsicht eingeschränkt, vor allem nach hinten durch die meist kleine Heckscheibe.

Das KBA etwa zählt VW T-Roc, Ford Kuga und Mercedes GLC als SUVs, während BMW X3, Skoda Kodiaq und VW Tiguan schon als Geländewagen durchgehen. Die Größe ist nicht eben nicht entscheidend, sondern die den technischen Möglichkeiten eines Autos zählen.

Die Hersteller wollen vom SUV-Hype profitieren. Allein bei den Kompakt-SUVs kommen dieses und nächstes Jahr viele neue Modelle auf den Markt, unter anderem Range Rover Evoque, Audi Q3 Sportback, Skoda Kamiq, Ford Kuga, Mercedes GLB, VW T-Roc Cabrio und Nissan Qashqai.

Der neue GLB von Mercedes etwa ist ein Siebensitzer, der auf A- und B-Klasse basiert und 4,63 Meter misst - für große Familien, die jedoch im Alltag auf ein ganz großes Auto verzichten wollen, erklärt der Baureihenleiter Kompaktwagen bei Mercedes, Jochen Eck. 

Sicherheitsgefühl zulasten anderer

Bei BMW bekommt der X3 als M-Version einen neuen Motor mit 480 bis 510 PS. Im Vorgänger wurde bisher nur der zweitstärkste Motor mit 354 PS angeboten. Kunden verlangten nach leistungsstarken SUV, sagt Markus Flasch, Geschäftsführer der BMW M-GmbH. Freilich zählt das KBA den BMW X3 zu den Geländewagen. Zum neuen Modell sagt Flasch: "Passagiere sitzen zwar höher als in einem Coupé, sie haben aber dennoch ein Gefühl wie in einem Sportwagen."

Woher rührt der Erfolg der Komfort-Geländewagen, wie SUV manchmal genannt werden? Vor allem von der Höhe des Fahrzeugs, sagt Constantin Hack vom Auto Club Europa (ACE). Es lässt sich dadurch unter anderem leichter beladen. Und die Größe vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Das sieht Hack aber zweischneidig: Aufgrund der Masse und Höhe seien SUVs im Vergleich zu anderen Fahrzeugen, etwa Kleinwagen, bei Unfällen zwar sicherer für den Fahrer - "aber nur auf Kosten der Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer."

Seiner Meinung nach sollte der Trend zu kleineren Fahrzeugen statt zum SUV gehen. Schließlich benötigen die Komfort-Geländewagen mehr Platz als andere Fahrzeuge. Und: Nur die wenigsten SUV bieten ausreichend Geländegängigkeit, da viele auf Allrad ebenso verzichten wie auf ausreichend große Bodenfreiheit und Unterfahrschutz. Viele suggerierten Offroad-Eigenschaften, sagt Hack. "Aber in Wirklichkeit können sie nur über gut über Asphalt und Schotterwege fahren."

Wie ein Schweizer Taschenmesser

Arthur Kipferler von der auf die Automobilindustrie spezialisierten Beratungsfirma Berylls Strategy Advisors sieht bei SUVs dagegen mehrere Vorteile. Er verweist auf mehr Platz und Variabilität, die höhere Sitzposition, den bequemeren Einstieg. SUVs seien deutlich flexibler und nützlicher als normale Pkw. "Sie sind Allrounder, wie ein Schweizer Taschenmesser für die Straße", sagt Kipferler. "Sie bieten mehr Möglichkeiten fürs Geld."

Dazu kämen ein bulligeres Design, das viele Autofahrer anspricht, sowie ein inzwischen sehr breites Angebot an Modellen verschiedener Marken und Leistungsklassen.

Galten SUVs vor ein paar Jahren noch als Exoten, zählen sie längst zum Mainstream auf den Straßen. Das Angebot werde vielfältiger, die Ausstattung selbst bei kleineren Modellen besser, so Kipferler. Der Preisunterschied zu vergleichbar ausgestatteten, konventionellen Limousinen oder Kombis sei in den vergangenen Jahren im Vergleich zum Mehrwert geschrumpft. Selbst Sportwagenfahrer könnten sich vermehrt für ein sehr sportliches SUV wie den BMW X3 M, den Mercedes GLA AMG oder den Porsche Macan begeistern, erläutert der Unternehmensberater.

"Der Trend geht weiterhin zum SUV und das durch alle Fahrzeugklassen", prognostiziert Kipferler. Für ihn gibt es nur wenige Gründe, kein SUV zu kaufen. Und so hat jeder seine Meinung zu den bulligen Boliden. (dpa)