Von Ingolf Reinsch
Neukirch. Der Wasserturm der früheren Lederfabrik in Neukirch ist umgezogen. Von der Alten Straße ans andere Dorfende an die Straße nach Wilthen. Als die Gemeinde 2014 das Heizhaus der in den 90er-Jahren stillgelegten Fabrik abriss, sicherte sich Steffen Lindner den hölzernen Wasserturm. Teil für Teil baute er innerhalb von wenigen Tagen ab, ließ das Holz ein gutes Jahr trocknen und den Turm jetzt wieder aufbauen. Vergangenen Donnerstag war Richtfest am neuen Standort. Dort bekommt der acht Meter hohe Turm eine neue Zukunft – als Herberge in Form eines Schnapsfasses. Auf drei Ebenen richten Ramona und Steffen Lindner jeweils ein Gästezimmer ein.
Die vom Weifaer Architekten Andreas Trauzettel erarbeiteten Pläne sehen vor, dass das Erdgeschoss barrierefrei und damit auch für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen zugänglich ist. Die Zimmer in den beiden oberen Geschossen erreichen die Gäste über eine Treppe, die an den Turm angebaut wird. Hinzu kommt eine Ferienwohnung in einem benachbarten Haus. Zehn bis zwölf Gästebetten wollen die Lindners schaffen. Steffen Lindner betreibt in Neukirch eine Schnapsbrennerei. Schon seit längerer Zeit hatte er nach einem Fass geschaut, das er für Besucher ausbauen kann. Gäste seiner Schaubrennerei fragen immer wieder nach Übernachtungsmöglichkeiten in Neukirch, von denen es nicht allzu viele gibt. Beim Blick auf den Wasserturm kam ihm schließlich die Idee: Irgendwie ähnelte das Bauwerk einem gewaltigen Holzfass, fand Steffen Lindner. Im Unterschied zu anderen umgenutzten Holzfässern, die meist liegen, steht das Neukircher „Wohnfass“. Mit den acht Metern Höhe und einem Durchmesser von sechs Metern könnte es das größte Schnapsfass der Welt sein.
Im nächsten Jahr wollen die Lindners den Wasserturm ausbauen. Er bleibt natürlich nicht fensterlos. In die zehn Zentimeter starken Holzbohlen werden sie dafür die Öffnungen reinsägen. Die Gästezimmer sollen rustikal ausgestattet werden.
Auf dem Grundstück an der Oststraße befand sich einst der Biergarten der seit Jahren geschlossenen Gaststätte „Zu den Linden“. Das Wirtschaftsgebäude des Biergartens steht noch und wird zum Ferienhaus ausgebaut. Ein Glasbau verbindet den künftigen Wohnturm mit diesem Haus.
Steffen Lindner hat den Abschluss als Brennmeister. Schnapsbrennerei und künftig auch die Bewirtschaftung der Gästezimmer bleiben aber Hobby. Sein Hauptstandbein ist seine Fliesenlegerfirma, betont der Handwerksmeister.