Radebeul
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Das ist keine Erfolgsgeschichte

Ein Kommentar von Peggy Zill über die Notwendigkeit der Tafeln. 

Von Peggy Zill
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Peggy Zill.
Peggy Zill. ©  Fotomontage SZ

Das ist nur schwer vorstellbar: Menschen stehen Schlange für Essen, wo doch 100 Meter weiter ein großer Lebensmittelmarkt mit vollen Regalen ist. So wie die Wirtschaft seit Jahren wächst, boomen auch die Tafeln. Nur ist das keine Erfolgsgeschichte.

Die Idee der Tafeln ist schnell erklärt: Zu viele Lebensmittel landen in Deutschland auf dem Müll, obwohl sie genießbar wären. Und zu viele Menschen haben nicht genügend Geld, um sich ausreichend und ausgewogen zu ernähren. 

Die Tafeln sammeln übrig gebliebene, qualitativ einwandfreie Lebensmittel in den Läden ein und geben sie denen, die sie brauchen. Die Geschäfte tun etwas für ihr Gewissen und sparen gleichzeitig die Kosten für die Lebensmittelentsorgung.

Die Tafel ist als Idee und Einrichtung noch recht jung. 1993 in Berlin gegründet, gibt es nun bundesweit über 940 Tafeln mit mehr als 2 000 Tafel-Läden und Ausgabestellen. 60 000 Ehrenamtliche versorgen pro Woche rund 1,5 Millionen Menschen. Anfangs waren das vor allem Obdachlose. 

Mit den Hartz-IV-Reformen durften sich bald auch Arbeitslose dazugesellen. Seit Jahren wächst die Gruppe älterer Menschen, deren Rente nicht zum Leben reicht. Sicher gibt noch viel mehr Leute, die die Tafel nutzen könnten, die es aber nicht tun, weil sie nicht zugeben wollen, dass sie arm sind.

Arm? Kann sein. Aber niemand muss Hunger leiden bei uns in Deutschland, nicht wahr? Aber nur, weil es die Tafeln gibt. Die Tafel ist eine taktische, keine strategische Antwort auf die Armut. Sie lindert eine Situation, statt sie zu beheben. Erst wenn Tafeln überflüssig geworden sind, gibt es eine Erfolgsgeschichte zu verkünden.

E-Mail an Peggy Zill