Merken

Das kommt auch morgen noch auf den Tisch

Wer Porzellan verkaufen will, braucht Ideen – zwei ostdeutsche Hersteller haben sie.

Teilen
Folgen

Von Andreas Hummel

Kahla/Meißen. Die deutsche Porzellanbranche hat eine lange Tradition, doch seit Jahren kämpfen viele Hersteller von Geschirr und Zierporzellan ums Überleben. Schlagzeilen machte die Branche vor allem durch Pleiten und Personalabbau. Zwar hat die EU vorerst Strafzölle gegen Billigkonkurrenz aus China verhängt. Aber auch 2012 musste die Branche ein Minus von sechs Prozent verkraften. „Eine Trendwende ist noch nicht in Sicht“, sagt Lutz Graser vom Verband der Keramischen Industrie. Doch ostdeutschen Herstellern wie Kahla und der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen ist es gelungen, dem Abwärtsstrudel der Branche zu entkommen.

Tradition aus Sachsen: Gritt Kieswo zeigt zwei Meissener Kummen mit Ming-Drachen. Foto: R. Michael
Tradition aus Sachsen: Gritt Kieswo zeigt zwei Meissener Kummen mit Ming-Drachen. Foto: R. Michael

Beispiel Kahla: Bis 1844 reichen die Wurzeln in dem ostthüringischen Ort südlich von Jena zurück. Zu DDR-Zeiten war es Stammsitz des VEB Feinkeramik mit 17 Porzellanwerken. Von einst 2.000 Beschäftigten in Kahla selbst sind 300 geblieben – seit Jahren konstant. Das Familienunternehmen schreibt nach Angaben des Geschäftsführenden Gesellschafters Holger Raithel schwarze Zahlen und hat den Umsatz voriges Jahr um ein Prozent gesteigert. „Dieses Jahr wollen wir noch etwas dynamischer wachsen“, sagt Raithel.

Kahla setzt dabei seit Jahren auf Design, was dem Unternehmen etliche Preise eingebracht hat. Auf der Konsumgütermesse „Ambiente“ stellte es seine Kollektion „Café Sommelier“ in neuen Farben vor. Zudem bringt das Unternehmen Lampenschirme aus Porzellan auf den Markt, die mit einer Samtbeschichtung versehen sind und in der Spülmaschine gereinigt werden können. Auch eine Kollektion handgefertigter Stücke legt das Unternehmen auf, die von Designern entworfen wurden: Wandteller mit Street-Art-Dekor sind ebenso dabei wie Früchte aus Porzellan.

„Unsere Kernkompetenz bleibt die Tischkultur“, versichert Raithel. Da im Inland kaum noch Wachstum möglich sei, will das Unternehmen mit eigenen Geschäften im Ausland punkten und so den Exportanteil von etwa 40 auf 50 Prozent steigern. Angedacht seien Geschäfte in der Schweiz, den Niederlanden, Österreich und Italien.

Diesen Weg hat auch der wohl bekannteste deutsche Porzellanhersteller, die Manufaktur in Meißen, beschritten. Das Unternehmen ist nach wie vor im Besitz des Freistaates Sachsen. Nach eigenen Boutiquen und Läden unter anderem in Stuttgart, Berlin und Hamburg baut es nun seine Dependancen im Ausland aus und setzt auch auf Interieur und Schmuck. Auf die „Villa Meissen“ in Mailand und ein Geschäft in Shanghai sollen Niederlassungen in Peking und Beirut folgen.

Nach mehreren Jahren mit roten Zahlen hatte die mehr als 300 Jahre alte Manufaktur 2010 die Trendwende geschafft. Dabei war die Zahl der Arbeitsplätze nach Unternehmensangaben aber von rund 800 auf zuletzt 634 gesunken. Für das vergangene Jahr wurde erneut ein Plus bei Umsatz und Gewinn angepeilt – abschließende Zahlen sollen erst im Frühling genannt werden.

Ein Patentrezept für die gesamte Branche will Porzellan-Experte Graser in den ostdeutschen Beispielen aber nicht sehen. „Es ist nicht gesagt, dass eigene Geschäfte immer zum Erfolg führen.“ Zumal diese Strategie mit hohen Kosten verbunden sei. „Und gerade junge Leute kaufen überall, nur nicht im Fachhandel.“ Auch die Strafzölle der EU sind aus seiner Sicht noch zu gering. „Wenn dies wirklich Wirkung zeigen soll, dann müssten sie mindestens das Dreifache betragen“, sagt Graser. (dpa)