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Das Krankenhaus der Zukunft

Warum Logopäden an der Weißeritztalklinik Freital wichtiger Teil eines ganz besonderen Teams sind.

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Ergotherapeutin Juliane Klein
mit einer Patientin beim
täglichen Training in der
Helios-Weißeritztalklinik
in Freital.
Ergotherapeutin Juliane Klein mit einer Patientin beim täglichen Training in der Helios-Weißeritztalklinik in Freital. © Thorsten Eckert

Eigentlich wollen die meisten Patienten ein Krankenhaus so schnell wie möglich wieder verlassen. Auf dieser Station in den Helios Weißeritztalkliniken Freital ist das anders. Und soll auch so sein, sagt Chefarzt Dr. Thomas Nanning. Er leitet die geriatrische Abteilung der Klinik. Hier werden Patienten betreut, die im Durchschnitt 80 Jahre alt sind. Und er hat ein Team aufgebaut, das nicht nur mit Blick auf die einzelnen medizinischen Bereiche breit aufgestellt ist, „sondern sich eben auch ein bisschen mehr Zeit für die Patienten der Abteilung nehmen kann“, beschreibt der Freitaler Arzt. Um die 14 Tage bleiben seine Patienten hier, üblicherweise sind es sonst im Durchschnitt sechs.

Warum sich die Rolle der Kliniken immer mehr wandelt

Hintergrund: Während bei jüngeren Patienten viele Behandlungen, auch mit operativen Eingriffen, längst mehr und mehr ambulant also ohne Klinik-Aufenthalt - erfolgen, „hat sich die Aufgabe der Krankenhäuser stark gewandelt, weil hier zunehmend ältere Patienten mit sehr vielen Vorerkrankungen und damit auch vielen unspezifischen Symptomen behandelt werden müssen“, erläutert der Freitaler Mediziner. Heißt, die Ärzte müssen viel umfangreicher untersuchen, mit welcher dieser Vorerkrankungen die offenkundigen Symptome verbunden sind. Denn auf dieser Station werden Patienten betreut, die unter anderem an Osteoporose leiden, an altersbedingten Wirbelbrüchen, Herzproblemen, an Demenz oder auch einen Schlaganfall erlitten haben. Im Regelfall leiden sie unter mehreren dieser Krankheiten. 

Neben der medizinischen Diagnose spielen unterschiedliche Defizite eine maßgebliche Rolle für Mobilität und Selbständigkeit. Diese zu ergründen, findet sich ein Team aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammen; was dann letztlich auch für die Festlegung weiterer Maßnahmen trifft. Zunächst erfolgt dabei eine Reihe von Untersuchungen, „die feststellen sollen, wie fit der Patient ist“. Denn wichtig sei das biologische Alter, nicht das im Ausweis steht, macht Dr. Nanning deutlich. Mancher 80-Jährige sei mitunter agiler, als Menschen mit 60 ... Emotionstests, Bewegungstests, feinmotorische Übungen sollen dabei beispielsweise zeigen, wie sturzgefährdet Patienten sind, „denn Knochenbrüche sind im hohen Alter immer eine Gefahr, die zu dauerhafter Bettlägerigkeit führen kann“. 

Die Ergebnisse sind Grundlage für den Therapieansatz, den das Team aus Ärzten, Pflege, Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden wählt. „Vor allem müssen wir darauf achten, die Patienten mobil zu halten“, unterstreicht der Chefarzt. Denn: „Wenn junge Patienten zur Ruhe kommen, geht es ihnen anschließend besser für Ältere hingegen ist nichts schwieriger, als nach etwa vierzehn Tagen im Bett wieder in Bewegung zu kommen“, beschreibt er den Spagat, den Krankenhaus-Ärzte meistern müssen. Natürlich sei es beispielsweise einfacher, die Patienten durch Pflegepersonal zu waschen, nicht zuletzt für die Abläufe auf der Station. „Aber wir versuchen hier dennoch, die Patienten zu animieren, möglichst viel selbst zu tun.“ Das wiederum braucht mehr Zeit, als im Krankenhausalltag sonst üblich. Hinzu kommt, dass zum Beispiel demente Patienten krankheitsbedingt sehr viel in Bewegung sind, immer den Drang haben, laufen zu wollen, immer aktiv sind. „Auch darauf haben wir unsere Abteilung ausgerichtet“, macht Dr. Thomas Nanning deutlich. Es ist also tatsächlich eine „andere“ Abteilung, hier im zweiten Obergeschoss des Freitaler Krankenhauses. 

Ein bisschen mehr Platz, zahlreiche Angebote, die es in „normalen“ Abteilungen nicht gibt, wie Basteltreffs, Kochstunden oder Lesenachmittage. „Wir wollen die Patienten möglichst mindestens so fit entlassen, als sie es vor ihrer Aufnahme in unser Haus waren“, bringt es der Freitaler Arzt noch einmal auf den Punkt. 

Logopäden gerade für demente Patienten wichtig

Und hier kommen ganz besonders die Logopäden ins Spiel. Denn gerade für demente Patienten oder nach einem Schlaganfall sind Sprach- und Schlucktraining und die Mobilisierung geistiger Fähigkeiten von immenser Bedeutung, um möglichst lange den Alltag weitgehend selbstständig meistern zu können. Hier ist zudem eine enge Zusammenarbeit mit der Ergotherapie wichtig, unterstreicht Dr. Thomas Nanning. 

Betroffene müssen beispielsweise wieder lernen, mit Besteck zu essen oder eine Zahnbürste zu benutzen. Unterstützung kommt dabei auch von Physiotherapeuten. „Diese Alltagstätigkeiten sind komplexe Dinge, die ein komplexes Herangehen in der Therapie erfordern!“ So zieht das Team um Dr. Nanning in Freital auch Psychologen hinzu. Denn nicht wenige Schlaganfallpatienten und nicht zuletzt Patienten mit beginnender Demenz erleiden häufig eine Depression, „sie müssen darüber reden, müssen die Diagnose verarbeiten“. 

Ein wichtiger Baustein der Arbeit auf dieser besonderen Station der Weißeritztalkliniken ist zudem die Arbeit mit den Angehörigen. Auch sie müssen lernen, mit der Situation umzugehen. Sie müssen die Betroffenen unterstützen. „Und sie stehen vor der Frage: Rückkehr der Patienten in die häusliche Umgebung oder ins Heim“, weiß Dr. Nanning um diese emotionale Notsituation. Dabei steht ihnen der Sozialdienst beratend und organisatorisch zur Seite. Perspektivisch soll die Arbeit von Dr. Thomas Nanning und seinem Team in Freital mehr Platz bekommen. „Denn solche Angebote werden in Zukunft an Bedeutung zunehmen“, ist der Chefarzt überzeugt. (Jens Fritzsche)

Dieser Beitrag erschien in der "Medizin heute" 01/2020.