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Das Rätsel des Affenbrotbaums

Botaniker experimentieren mit den Samen. Dabei hoffen sie auch auf die Hilfe der Zoo-Elefanten.

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© André Wirsig

Von Juliane Richter

Bis zu drei Tage braucht die Nahrung normalerweise auf ihrem Weg durch den tonnenschweren Elefantenkörper. Dabei verdauen die Dickhäuter nicht einmal die Hälfte des Gefressenen. Die Überreste werden in bis zu 750 Gramm schweren Haufen wieder ausgeschieden. Für eben jene Hinterlassenschaften interessiert sich nun die Botanikerin Thea Lautenschläger. Denn sie hat den drei Elefanten des Dresdner Zoos ein ganz besonderes Futter gegeben, das einmal ihren Verdauungstrakt durchlaufen soll.

© André Wirsig

Aus dem Norden Angolas hat die 34-Jährige Baobabfrüchte, besser bekannt als die Früchte des Affenbrotbaumes, mitgebracht. Nun will sie mithilfe des Zoos erforschen, wie sich die Bäume vermehren. Denn die Samen aus den großen Früchten einfach einzupflanzen, zeigt kaum Wirkung. „Als wir die Samen mit einer Feile angeritzt haben, haben sie besser Wasser aufgenommen und dadurch auch besser gekeimt.“ Weil sich in der freien Natur aber natürlich niemand die Mühe macht, mit einer Feile zu hantieren, haben die Forscher nach einer anderen Lösung gesucht. Die Idee: Möglicherweise muss erst ein Tier die Samen verdauen. Die Zähne, der Magensaft oder die Darmflora könnten dazu beitragen, die Keimfähigkeit der Samen zu verbessern. Weil die Früchte des Affenbrotbaumes zwar eine leichte, aber sehr feste Schale haben, hat Botanikerin Thea Lautenschläger an Elefanten gedacht.

Ende vergangener Woche hat sie sich samt Früchten im Elefantenhaus vorgestellt. Pfleger Rainer Kraut ist vor dem Test guter Dinge. „Es ist etwas Neues für unsere Elefanten und es schmeckt auch leicht süßlich. Das finden sie bestimmt interessant“, sagt der 54-Jährige. Bevor er die gut 50 Zentimeter großen Früchte seinen drei Elefantendamen gibt, hat er selbst eine Kostprobe der Samen genommen. Das ist laut Thea Lautenschläger unbedenklich – und noch dazu gesund. Denn die Samen sind überaus Vitamin-C-reich.

Nach einer strengen Belehrung über den Umgang mit den Dickhäutern darf die Botanikerin mit auf das Außengelände. Mit ihren drei Früchten in der Hand steht sie vor den Elefantendamen Drumbo, Mogli und Sawu. Der Reihe, und somit der Rangfolge nach, darf sie sie ihnen vor den Rüssel halten. Die Reaktionen der drei Elefanten sind äußerst verschieden. Als Erste sorgt Drumbo für ein lautes Krachen, als sie die Schale mit ihrem Mund aufknackt. Die Einzelteile fallen auf den Boden, finden dort aber zunächst wenig Beachtung. Mogli und Sawu tun sich zunächst schwer, das harte Gehäuse zu öffnen. Als Mogli doch das Gehäuse aufdrückt und von den Samen kostet, tut sie mit lautem Schniefen ihren Unmut kund. „Normalerweise probiert Mogli alle Früchte. Vielleicht ist da irgendein Stoff drin, der sie abschreckt“, grübelt Pfleger Rainer Kraut später. Über Nacht will er den Tieren die Reste noch im Stall liegen lassen – möglicherweise müssen sie sich erst mit dem Geschmack anfreunden.

Doch mehr als Probieren ist nicht drin. Auch in den eigens überwachten Elefantenhaufen finden sich am Wochenende keine Samenreste. Doch ganz ist der Versuch noch nicht gescheitert. Schon vor dem Test hat der zoologische Leiter Wolfgang Ludwig Affen als mögliche Verwerter ins Spiel gebracht. Schließlich heißt das Gewächs ja auch Affenbrotbaum. Die ebenfalls im Elefantenhaus lebenden Mandrills, eine Pavianart, können sich schließlich für einen Teil des Fruchtfleisches begeistern und essen die weiße Masse samt Samen.

Thea Lautenschläger ist überrascht und denkt um. Wenn sie im Mai neue, noch ganze Früchte des Baumes bekommt, will sie einen zweiten Versuch im Zoo starten. Dann eben mit den Mandrills.