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Das sind die Pläne zur Währungsunion

Gemeinsamer Haushalt, ein EU-Finanzminister, ein permanenter Euro-Rettungsschirm: So stellt sich Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Reformen vor.

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© Oliver Berg/dpa

Von Detlef Drewes, SZ-Korrespondent in Brüssel

Mit einem eigenen Etat und einem EU-Finanzminister will Jean-Claude Juncker die Währungsunion ausbauen. Doch ein großer Wurf war das nicht, was der Präsident der EU-Kommission gestern in Brüssel vorlegte. Kritiker halten ihm vor, er wolle lediglich die Macht seiner Behörde ausbauen.

Jean-Claude Juncker ist für seine launigen Bonmots bekannt. „Das Dach sollte man am besten dann reparieren, wenn die Sonne scheint“, meinte der Kommissionspräsident denn auch, als er am Mittwoch seinen Vorschlag für eine runderneuerte Wirtschafts- und Währungsunion präsentierte. Wenige Monate nach seiner Rede „Zur Lage der Union“ und einige Wochen nach dem Vorstoß des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron bemühte sich Juncker, rechtzeitig vor dem Gipfeltreffen der 28 Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche, die Rolle des Vordenkers einzunehmen – zumal die deutsche Kanzlerin nur geschäftsführend und damit gebremst agieren kann. Angela Merkel fällt als ordnende Hand in Europa derzeit aus. Und so enthält der Katalog der Vorschläge denn auch vieles, was Berlin wohl so nicht mitmachen dürfte, ebenso wie zahlreiche andere EU-Staaten.

Junckers Vorstellung ist geprägt von einer Euro-Gemeinschaft, die langfristig nicht mehr nur eine „Zone“ ist, weil ihr alle angehören sollen. Schon bis dahin soll das Gebilde seinen Vorstellungen zufolge über ein eigenes Budget verfügen, das er allerdings als Unterposten im Unions-Haushalt verankern will. Kurzum: Die Kommission dürfte darüber herrschen. Mit diesem Geld, von dem bisher nur Schätzungen von 50 Milliarden Euro aufwärts im Raum stehen, sollen Programme zu Unterstützung der Mitgliedstaaten bezahlt werden. Also ein (weiterer) Topf, um beispielsweise Maßnahmen zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Wer das Vorliegen einer förderungsfähigen Krise bestimmt, ist naheliegend: Junckers Kommission.

Als Backup und Notkasse soll der bisherige Stabilitätsmechanismus ESM in Luxemburg dienen, den die Kommission zu einem echten Europäischen Währungsfonds (EWF) ausbauen will. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in Washington nach dem Griechenland-Abenteuer keine weiteren Engagements in der EU eingehen wird, klingt das konsequent. Gedacht wäre diese Aufwertung des ESM als Instrument gegen – wie die Finanztechniker sagen – „asymmetrische Schocks“, also besondere Belastungen, ob durch eine Naturkatastrophe oder konjunkturelle Schwierigkeiten. Wobei unklar ist, ob der zum EWF geadelte ESM dann auch die Haushalte der Mitgliedstaaten kontrollieren soll. Denn deren Stabilität ist ja die Voraussetzung, um sich auch für schlechte Zeiten zu wappnen.

Als Krönung des Gesamtwerkes bietet Juncker einen EU-Finanzminister an, der beides sein soll: Einerseits könnte er die Leitung der Euro-Gruppe übernehmen. Andererseits soll er als Vizepräsident der Kommission, zuständig für Währungsfragen, dem Führungsgremium der Unionsbehörde angehören – so ähnlich wie Federica Mogherini, die als Kommissions-Vizepräsidentin und EU-Außenbeauftragte zwei Hüte aufhat.

Doch die Kritik gegen das Modell aus Brüssel fiel schon am ersten Tag heftig aus: „Die Kommission muss von der Idee wegkommen, dass eine Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion alleine durch die Schaffung neuer Institutionen gelingen kann“, sagte der Finanzexperte der christdemokratischen EVP-Mehrheitsfraktion im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU). Der SPD-Europa-Politiker Udo Bullmann, Fraktions-Vize der europäischen Sozialdemokraten, zeigte sich enttäuscht. Die Vorschläge hätten „in zentralen Bereichen zu wenig zu bieten.“ Aus den Reihen der Mitgliedstaaten gab es zunächst keine Reaktion. Das ist kein gutes Zeichen, der Widerstand dürfte immens sein. Zum einen führt Junckers Entwurf nämlich zu einer Entmachtung der Finanzminister, also ausgerechnet in einem zentralen Bereich, in dem die Mitgliedstaaten die alleinige Zuständigkeit haben. Zum anderen bedeutet die Einstellung des ESM und seiner Finanzmittel in den Etat der Kommission, dass Gelder der EU-Länder einfach vereinnahmt werden. Noch wichtiger aber scheint ein anderer Kritikpunkt zu sein: Bisher ist eigentlich nicht erkennbar, was diese diversen Maßnahmen eigentlich bringen sollen, zumal es für jeden einzelnen Schritt auch bisher schon Instrumente gibt. Ob das Juncker-Paket überhaupt Chancen hat, wird sich in den kommenden 18 Monaten zeigen. Nach der Beratung auf verschiedenen EU-Gipfeln möchte der Kommissionschef seine Vorschläge im März 2019 in Kraft treten lassen.