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Das Verletzungspech der Jenny Elbe

Nach 2017 verpasst sie erneut den Saisonhöhepunkt. Muss sie ihre Karriere sogar beenden?

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© Christian Juppe

Von Alexander Hiller

Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Jenny Elbe muss ihren großen Traum begraben – von der Europameisterschaft im eigenen Land. „Seit Olympia in Rio de Janeiro brennt sie für dieses Ziel“, unterstreicht ihr Trainer und Vater Jörg Elbe. Doch jetzt musste das Tandem aufgeben – Saison beendet. Nach Speerwerfer Lars Hamann ist das der zweite prominente Ausfall beim Dresdner SC kurz vor der deutschen Meisterschaft in Nürnberg.

Jörg Elbe, Trainer und Vater
Jörg Elbe, Trainer und Vater © momentphoto.de/bonss

Nachdem bei der 28-jährigen Dreispringerin Anfang Juni eine Gürtelrose diagnostiziert wurde, hing das Projekt EM im Olympiastadion von Berlin ohnehin am seidenen Faden. Doch auch der ist nun gerissen. Der Stachel der Enttäuschung sitzt bei Jenny Elbe so tief, dass sie über die Zwangspause noch nicht öffentlich reden mag. Dafür spricht ihr Papa. „Es hat sich herausgestellt, dass die Gürtelrose schon längere Zeit in ihr gesteckt hat. Darauf weisen einige Details hin. Wir haben da ohne unser Wissen drauf trainiert. Ihr psychischer Zustand wurde zusehends schlechter“, analysiert Jörg Elbe.

Die Krankheit hat die dreimalige deutsche Freiluftmeisterin offenbar überwunden. „Seit Ende Juni ist das ausgestanden, aber es war in der Zwischenzeit natürlich kein Aufbautraining möglich, sondern nur leistungserhaltende Maßnahmen“, berichtet der ehemalige Dreispringer, der mit im Jahr 1985 erzielten 17,30 Metern immer noch den Sachsenrekord im Freien hält.

Trotz des kleinen Zeitfensters bis zur deutschen Meisterschaft an diesem Wochenende entschloss sich das Duo, den letzten Qualifikationsstrohhalm für die EM zu ergreifen. „Wir wollten noch mal angreifen, sie in puncto Schnelligkeit wieder heranbringen“, erzählt der Trainer. Der Plan ging auch phasenweise auf, aber nur mit Beschwerden. Jenny Elbe leidet an einer hartnäckigen Fersenprellung. „Wir hatten wieder ein besseres Niveau erreicht. Doch es ergibt keinen Sinn, wenn die Athletin dabei ständig Schmerzen hat.“

Das Duo setzte sich eine letzte Frist: das vergangene Wochenende. „Am Montag haben wir drei Stunden trainiert – und Jenny kühlte mit dem Eisspray dauernd ihre Ferse. Also haben wir beschlossen, die Saison zu beenden“, erklärte der Trainervater. Es flossen Tränen – „heftige“, wie Jörg Elbe zugibt. Denn es ist nicht die erste harte Entscheidung dieser Art. Bereits 2017 musste die Olympiastarterin ihre Saison vorzeitig abbrechen und die WM in London am Fernseher verfolgen, wegen Ödemen im Ober- und Unterschenkelknochen.

Möglich oder vielmehr sehr wahrscheinlich ist, dass Jenny Elbe ihren Status als Perspektivkader des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) in der nächsten Saison verliert. „Ich gehe davon aus, dass es so kommen wird, wenngleich wir vom Verband durchaus positive Signale erhalten“, sagt Jörg Elbe. Die dann fehlenden Zuschüsse der Sporthilfe seien aber ohnehin „nicht karriereentscheidend“. Wichtiger sei, dass die halbtags bei der AOK arbeitende deutsche Spitzenathletin bei ihrem „Heimatverein durch eine Förderung aufgefangen wird“, erklärt der Vater und deutet an: „Wenn sie nicht sogar aufhören möchte.“

Auch das Karriereende gehört jetzt zu den Gedankenspielen. „Ihr ist bewusst, dass es nicht leichter wird. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie nicht mehr leistungsfähig wäre.“ Für die Entscheidung will sich das Familien-Team Zeit lassen. Mindestens bis zum Herbst. „Das Trainingslager auf Mallorca ist bereits gebucht. Dort werden wir sehen, ob das Feuer noch in ihr brennt“, sagt er. Bis dahin gilt vor allem eines: Ruhe, viel Ruhe.