Merken

Das Virus war stärker

Nach dem Tod eines Ebola-Patienten im Leipziger St. Georg-Krankenhaus hat die Sicherheit weiter höchste Priorität.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Am Ende haben seine Kraft und alle medizinische Kunst nicht gereicht: Der Ebola-Patient aus dem Sudan, der seit Donnerstag in Leipzig intensiv behandelt wurde, ist tot. Der Mitarbeiter der Vereinten Nationen starb in der Nacht zu gestern im Hochsicherheitstrakt des St. Georg-Krankenhauses. Mohammad A. wurde nur 56 Jahre alt. „Trotz der intensiven medizinischen Betreuung und den höchsten Anstrengungen der Ärzte und Pfleger konnte der Tod nicht verhindert werden“, erklärte Iris Minde, die Geschäftsführerin des Klinikums. „Wir bedauern den Tod sehr und sprechen der Familie und den Freunden des Patienten unser tiefes Mitgefühl aus.“

In der Nacht zu Mittwoch ist die Leiche im Krematorium des Südfriedhofs verbrannt worden – unabhängig vom muslimischen Glauben des Mannes, der eine Einäscherung eigentlich nicht vorsieht. Doch für das Vorgehen in Deutschland gibt das Handbuch „Biologische Gefahren“ des Robert-Koch-Instituts und des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe klare Anweisungen. So soll der Leichnam desinfiziert, in Leichensäcke verpackt und dann verbrannt werden. „Krematorien sind der Erdbestattung vorzuziehen“, heißt es in der Richtlinie. Der Grund liegt auf der Hand: Bei einer normalen Bestattung könnte das Virus auch über Tage und Wochen weiter existieren und infektiös bleiben. Der Schutz der Bevölkerung genieße in diesem besonderen Fall daher klar Vorrang vor dem islamischen Glauben, sagte ein Rathaussprecher. Er gehe davon aus, dass die Urne dann den Angehörigen im Sudan übergeben werden kann, erklärte zudem der Sprecher des sächsischen Gesundheitsministeriums, Ralph Schreiber, auf Anfrage. Die Überführung übernehmen die Vereinten Nationen, heißt es im Rathaus.

Mohammad A. hat fast zehn Jahre für die Uno gearbeitet. Er war für die UN-Friedensmission „Unmil“ im Rang eines Offiziers in Liberia eingesetzt, wo die Ebola-Epidemie am schlimmsten wütet. Dort sind bereits mehr als 4 000 Ebola-Fälle gemeldet worden. Mehr als jeder zweite Erkrankte stirbt. Seit September 2011 war der Sudanese in Liberia technischer Laborleiter. Vermutlich hat er sich dort mit dem Virus angesteckt. Schon zuvor arbeitete Mohammad A. fast sechs Jahre im Sudan im Rahmen einer Uno-Mission als medizinischer Mitarbeiter im Labor. Er hatte als junger Mann an der University of Science & Technology in Khartum studiert und 20 Jahre mit seinem privaten Labor für das Gesundheitsministerium seines Heimatlandes geforscht.

Schlimme Vorahnungen

Seit Donnerstag hatten die Leipziger Ärzte um das Leben des Afrikaners gekämpft. Am frühen Morgen war er mit einem speziellen medizinischen Ambulanz-Jet aus Liberia nach Leipzig geflogen worden. Auf dem Rollfeld, wo er von Fachärzten des Klinikums in Empfang genommen wurde, konnte er noch selbst gehen. Er war zunächst „ansprechbar und kooperativ“, doch sein Zustand war von Beginn an extrem kritisch, wie Oberarzt Thomas Grünwald nach der Ankunft sagte. Die Ärzte rechneten daher auch realistisch mit einer Verschlimmerung seines Zustandes. Zu seiner Behandlung auf der Sonderisolierstation war auch ein experimentelles Medikament eingesetzt worden.

Mohammad A. wurde rund um die Uhr von mindestens sechs Medizinern pro Schicht betreut. Für die Dekontaminierung des Sondermülls, darunter zig Schutzanzüge und Hunderte Handschuhe, komme direkt im Klinikum ein gasdicht verschließbarer Druckbehälter zur Sterilisation zum Einsatz, erklärte die Klinikleitung gestern. In den ersten Tagen war ein solcher sogenannter Autoklav noch nicht vorrätig gewesen. Er traf erst am Montag ein.

Leipzig hat eines von nur neun deutschen Spezialzentren für hochinfektiöse Krankheiten. Die Vereinten Nationen und der Bund hatten es für die Aufnahme des Patienten ausgewählt. In den nächsten Tagen steht nun das Klinikpersonal im Fokus: Schwestern und Ärzte, die einen enormen Aufwand betrieben, um eine Ansteckung zu vermeiden, werden auch nach dem Todesfall „kontinuierlich gesundheitlich überwacht“, hieß es. Mohammad A. war der dritte Ebola-Patient, der in diesem Jahr nach Deutschland gebracht wurde. Und der erste, der hier gestorben ist.