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Die Wienerin mit den DDR-Millionen

Wie die Salonkommunistin „Rote Fini“ nach der Wende umgerechnet 130 Millionen Euro verschwinden ließ. Eine Doku rollt die Geschichte neu auf.

Von Bernd Klempnow
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Erfolgreiche Geschäftsfrau oder die größte Wirtschaftskriminelle des vergangenen Jahrhunderts? Rudolfine Steindling (Adele Neuhauser) wird von den Wienern „Rote Fini“ genannt. Für Geschäfte mit der DDR war sie unentbehrlich.
Erfolgreiche Geschäftsfrau oder die größte Wirtschaftskriminelle des vergangenen Jahrhunderts? Rudolfine Steindling (Adele Neuhauser) wird von den Wienern „Rote Fini“ genannt. Für Geschäfte mit der DDR war sie unentbehrlich. © Arte

Sie hatte das Vertrauen von SED-Größen wie Alexander Schalck-Golodkowski und Günther Mittag, obwohl sie eine Erzkapitalistin war: Rudolfine Steindling. Dabei war die Wienerin Kommunistin, trimmte aber Firmen der politisch unwichtigen, aber wirtschaftlich höchst erfolgreichen KPÖ auf Vordermann. Mehr noch, ab den 1970er-Jahren brachte sie mit Charme und Resolutheit den Handel ihres Landes mit der DDR in Schwung.

Interessant waren für die Österreicher Märkte und Rohstoffe hinter dem Eisernen Vorhang, zu denen westliche Firmen normalerweise keinen Zugang hatten. Als einzige Frau in einer reinen Männerwelt arbeitet die „Rote Fini“, wie sie von Wienern genannt wurde, mit allen Mitteln und verdiente dabei, etwa mit der Ostberliner Novum-Handelsgesellschaft, Millionen – die in den Wirren der Wiedervereinigung verschwanden.
Diese, bis heute nicht gänzlich geklärte Geschichte rollt eine Arte-Dokumentation neu auf. In nachgestellten Szenen agiert die großartige Adele Neuhauser, die „Tatort“-Bibi.

Cleveres Umgehen eines Embargos

Es sind verblüffende 50 Minuten, die davon berichten, was da in Österreich und der DDR möglich war. Als Frau eines jüdischen Bankdirektors und Mitglied der KPÖ verwaltete Steindling zunächst deren Firmen. Fini vergrößerte das Firmenimperium der KPÖ, war bald für alle Geschäfte mit der DDR unentbehrlich. Vielleicht erinnert sich jemand: Den Auftrag, ein schlüsselfertiges Stahlwerk für die DDR zu bauen und dabei das Embargo zu umgehen – das war ihr Werk. Ebenso war sie daran beteiligt gewesen, eine gesamte Festplattenfabrik in die DDR zu schmuggeln?

Dass ihre Methoden nicht immer legal waren, sah man ihr in Wien nach, denn die stets exzellent gekleidete Fini unterstützte großzügig Kultur und Sozialprojekte.
Mit dem Mauerfall wurden Finis Vermittlungen unnütz. Doch noch lagen 500 Millionen DM auf ihren Konten. Die Treuhand beanspruchte das SED-Geld, was die Salonkommunistin nicht akzeptieren wollte und undurchsichtige Transaktionen startete. Das Geld blieb auch nach ihrem Tod 2012 verschwunden. Deutschland erstritt einen Teil des Verlustes – aber auch das ist eine abenteuerliche Geschichte.

  • „Die Rote Fini: Die verschwundenen Millionen der DDR“, läuft am 1. Juni ab 20.15 Uhr bei Arte. Und ist hier online verfügbar bis 30. Juni.